Rheinland-Pfalz
Freie Wähler wollen schnellen Wechsel: Sonderparteitag soll die Machtfrage klären
Parteitag Freie Wähler Rheinland-Pfalz
Parteichef Stephan Wefelscheid hat seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt
Harald Tittel. dpa

Ein Sonderparteitag im November soll die Freien Wähler aus der Krise führen. Dazu bahnt sich erstmals eine Doppelspitze an. Noch-Parteichef Stephan Wefelscheid lässt seine Zukunft offen.

Als Stephan Wefelscheid vor drei Wochen vor die Presse trat, ließ er sich noch ein Hintertürchen offen. Der Parteivorsitzende der rheinland-pfälzischen Freien Wähler hatte kurz zuvor seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt. Eine erneute Kandidatur wollte er dann aber nicht ganz ausschließen. Die Basis solle entscheiden, wer die Freien Wähler in die Zukunft führe, sagte der Koblenzer. Als Grund für seinen Rückzug nannte er eine Metamorphose, die die Partei in zwei Lager spalte – ein liberales und ein sehr konservatives.

Nun ist klar, dass sich Wefelscheids Hintertürchen erst mal geschlossen haben dürfte. Den Machtkampf in der Partei hat er verloren. Seinen Widersachern ging der Rückzug zum Jahresende nicht schnell genug. Bereits kurz nach dem Landesparteitag im September sprach der Generalsekretär Christian Zöpfchen aus Kordel (Kreis Trier-Saarburg) von einem Sonderparteitag, der womöglich benötigt würde, um den Vorstand neu zu wählen. Da war Wefelscheid noch gar nicht zurückgetreten.

Wird ein Zöpfchen der neue starke Mann?

Zöpfchen blieb bei seiner Forderung – und setzte sich nun durch. Die Freien Wähler wählen nicht Anfang des kommenden Jahres eine neue Parteispitze, sondern bereits am 30. November in Kaiserslautern. Das hat der Parteivorstand am Dienstagabend beschlossen. Fünf zu drei soll die Abstimmung nach Informationen unserer Zeitung ausgegangen sein. Wefelscheid, dem noch aktuellen Landesvorsitzenden, fehlte im Vorstand also die Mehrheit.

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Die Wege der beiden FW-Macher Stephan Wefelscheid (links) und Joachim Streit werden sich wohl bald trennen.
Harald Tittel. dpa

Zöpfchen selbst steht nun als sein Nachfolger in den Startlöchern. Der Europaparlamentarier der Freien Wähler, Joachim Streit, hatte ihn vor zwei Wochen im Interview mit unserer Zeitung als Kandidaten ins Spiel gebracht – als Teil einer Doppelspitze. Den anderen Part soll nach Streits Vorstellung die ehemalige parlamentarische Geschäftsführerin der Landtagsfraktion, Lisa-Marie Jeckel aus dem Rhein-Lahn-Kreis, übernehmen.

„Wir sind ja nicht bei den Grünen“

Die Chancen für die beiden stehen wohl gut, öffentlich sind bislang keine Gegenkandidaten bekannt. Noch-Parteichef Wefelscheid wird wohl nicht mehr kandidieren. „Meine Lust hält sich in Grenzen“, sagte der Koblenzer unserer Zeitung. Ob er jemandem aus seinem Lager ins Rennen schickt, ließ er allerdings noch offen. Von einer Doppelspitze hält Wefelscheid nichts. „Wir sind ja nicht bei den Grünen“, sagte er. Und Zöpfchen als Kandidat? „Das ist der Generalsekretär, der mir in den Rücken gefallen ist.“

Beim Parteitag im September in Kordel hatte es ein verstecktes Misstrauensvotum gegen Wefelscheid gegeben. Zu Beginn war er bei der eigentlich formalen Abstimmung nicht zum Sitzungsleiter gewählt worden. Wenige Tage später erklärten zwei Landtagsabgeordnete ihren Austritt aus der Freie-Wähler-Fraktion und stürzten die Partei damit endgültig in die Krise. Herbert Drumm und Bernhard Alscher sollen nun aus der Partei ausgeschlossen werden. Der stellvertretende Landesvorsitzende Drumm soll deshalb auch nicht mehr an der Sitzung des Parteivorstands am Dienstagabend teilgenommen haben.

„Marionetten“ aus der Eifel

Für die Krise machen Wefelscheids Anhänger den Eifeler Joachim Streit verantwortlich. Er habe in Kordel „die Strippen gezogen und die Marionetten dirigiert“, schrieb der Koblenzer FW-Kommunalpolitiker Christian Altmaier kürzlich auf Facebook. Wefelscheid wollte den Parteitag, auf dem der Nachfolger gewählt werden soll, deshalb zu einem Mitgliederparteitag machen und nicht nur von den Kreisverbänden entsandte Delegierte einladen. Die Masse der Delegierten komme aus Streits Territorium in Trier-Saarburg und der Eifel, so Wefelscheid. Der Koblenzer versprach sich von der Basis wohl ein anderes Stimmungsbild. Nun hat der Parteivorstand anders – und damit gegen ihn – entschieden. Beim Parteitag in Kaiserslautern werden nur Delegierte abstimmen.

Aus Sicht von Joachim Streit steht die Basis aber ohnehin zu über 90 Prozent zusammen, wie er kürzlich im Interview sagte. Wefelscheid habe versucht, die Partei in zwei Lager zu spalten, um sich als Retter zu inszenieren. „Das ist gründlich schiefgegangen.“

„Dann sollen sie glücklich werden“, sagt Wefelscheid jetzt. Für ihn bleibt ab Dezember dann die Koblenzer Kommunalpolitik – und sein Landtagsmandat. Verlassen wird er die Freien Wähler nicht. Ein Comeback wie zu Zeiten von Joachim Streit aber ist unwahrscheinlich.

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