Die rheinland-pfälzischen Freien Wähler dürfen eine eigene parlamentarische Gruppe bilden – und das zum ersten Mal in der Historie des Parlaments. Das entschied der Ältestenrat des Landtags einstimmig bei einer Sitzung am Dienstag, wie Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) informierte.
Im Parlament üblich sind eigentlich Fraktionen. Sie bestehen aus mindestens fünf Abgeordneten. Anfang Oktober hatte sich die zuvor sechsköpfige Fraktion der Freien Wähler (FW) nach internem Machtgerangel und Zerwürfnissen aufgelöst.
Der Ältestenrat hat damit dem von den Freien Wählern gestellten Antrag, eine parlamentarische Gruppe bilden zu können, stattgegeben. Ihr gehören Helge Schwab, Lisa-Marie Jeckel, Patrick Kunz und Stephan Wefelscheid an. Nun muss der Landtag in seiner Sitzung am 13. November mit einfacher Mehrheit final entscheiden.
Wie Landtagspräsident Hering informierte, soll die neue FW-Gruppe für ihre Arbeit 40 Prozent des Grundbetrags der Mittel erhalten, die normalerweise Fraktionen zustehen. Sie würde demnach monatlich rund 42.000 Euro kriegen. Außerdem bekommt sie Räumlichkeiten. Die Gruppe soll viermal im Jahr eine Aktuelle Debatte beantragen können und zwei Große Anfragen stellen dürfen. Sie soll zudem Mitglieder in vier Fachausschüsse schicken dürfen, sie haben dort ein Rede- und Antragsrecht, aber kein Stimmrecht.
Freie Wähler wollten sogar 65 Prozent
Informationen unserer Zeitung, wonach die Freien Wähler 65 Prozent plus Steigerungsbeträge sowie einen Dienstwagen für den Gruppenvorsitzenden beantragt hatten, bestätigte Hering indirekt. Die Gruppe habe „deutlich mehr“ beantragt. Die FW-Gruppe nannte die Forderungen später selbst. Den Dienstwagen bekommen die Freien vom Landtag nicht.
Zu Beginn des Jahres hatte der Ältestenrat noch anders entscheiden: Einen Antrag von drei Ex-AfD-Landtagsabgeordneten, sie als parlamentarische Gruppe „Drei Farben“ anzuerkennen, wurde damals mit Verweis auf Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts abgelehnt. Hering erläuterte am Dienstag erneut: Bei einer Gruppe müsse es sich um ein politisch homogenes Abgeordnetenbündnis handeln. Außerdem müsse sie über eine bestimmte erforderliche Größe verfügen. Beides war nach Ansicht des Ältestenrates seinerzeit nicht gegeben. Hering betonte, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handele.
Helge Schwab begrüßte die Entscheidung. Man habe so die Möglichkeit, den politischen Willen der rheinland-pfälzischen Freien Wähler im Landesparlament zu platzieren. Nun würden die ersten Gespräche mit Mitarbeitern geführt, um nach der Zulassung durch den Landtag „einen möglichst reibungslosen Neustart zu gewährleisten“, erklärte der Gruppenvorsitzende.
Bei den FW herrscht seit Monaten großer Streit. Anfang Oktober hatte sich die Fraktion durch die Austritte der Abgeordneten Bernhard Alscher und Herbert Drumm aufgelöst. Anschließend kündigten Parteichef Wefelscheid und weitere Vorstandsmitglieder ihren Rückzug von der Spitze der Landespartei an. Die Fraktion befindet sich seither in der Auflösung.