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Rheinland-Pfalz
Fall Podzun: Hat sich Ex-IHK-Chef kräftig selbst bedient?

Punkt 4 - Podzun soll Wein aus seinem privaten Keller an die IHK verkauft haben: "Darüber hinaus stellten die Wirtschaftsprüfer fest, dass der 61-jährige Beschuldigte in seinem Eigentum stehenden Wein an die Deutsche Weinschule, eine Einrichtung des GBZ, verkauft hat. Zu der Angemessenheit der vom GBZ hierfür gezahlten Preise konnte bisher keine Aussage getroffen werden."

Jens Weber

Rheinland-Pfalz. Hat sich Ex-IHK-Chef Podzun kräftig selbst bedient? Und wusste sein Stellvertreter und heutiger kommissarischer Leiter Edelbert Dold dies auch? Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt jetzt gegen beide wegen des Verdachts der Untreue und nennt Einzelheiten.

Rheinland-Pfalz. Hat sich der bisherige Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz, Hans-Jürgen Podzun (61), kräftig selbst bedient? Und wusste sein Stellvertreter und heutiger kommissarischer Leiter Edelbert Dold dies auch?

Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt jetzt jedenfalls gegen beide wegen des Verdachts der Untreue und nennt Einzelheiten zu den Ungereimtheiten. Auf die waren Wirtschaftsprüfer gestoßen. IHK-Präsident Manfred Sattler reagierte zunächst überrascht darauf, dass der Fall weitere Kreise zieht. Ihm war bislang unbekannt, dass auch Dold im Fokus der Staatsanwälte steht.

Die Mitteilung der Koblenzer Staatsanwaltschaft im Wortlaut

Grundlage für die Staatsanwaltschaft ist die Strafanzeige, die das Präsidium der IHK vor Weihnachten erstattet hat. Zu diesem Schritt hatten nach Informationen unserer Zeitung auch die eingeschalteten Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte dringend geraten. Eng eingebunden war darüber hinaus die Rechtsaufsicht im Mainzer Wirtschaftsministerium. Denn Prüfer sind auf teure Reisen, unklare Honorare und private Fahrten gestoßen.

Klassiker aus nur mäßig kontrollierten Vorstandsetagen

Die schweren Vorwürfe riechen nach einem Klassiker aus nur mäßig kontrollierten Vorstandsetagen. Aber nun muss die Staatsanwaltschaft Koblenz die Vorgänge erst überprüfen. Für den Leitenden Oberstaatsanwalt Horst Hund ist der Ausgang des Verfahrens noch völlig offen. Er berichtet von einer ganzen Latte von Vorwürfen aus der Strafanzeige. Danach hat Podzun offenbar bei Auftragsvergaben „entgegen interner Richtlinien“ darauf verzichtet, Vergleichsangebote einzuholen. Ein möglicher Schaden wird nicht beziffert.

Dienstwagen samt Fahrer auch privat eingesetzt

Der Bericht der Wirtschaftsprüfer stellt auch fest, dass Podzun seinen Dienstwagen sowie bei der IHK angestellte Fahrer entgegen der vertraglichen Regelungen oder ohne eine entsprechende Berechtigung „pflichtwidrig“ privat eingesetzt hat. Dem Vernehmen nach wurden auch Familienangehörige chauffiert.

Damit nicht genug: Nach dem Prüfbericht hat Podzun als Vize-Vorsitzender des Gastronomischen Bildungszentrums (GBZ), das offiziell als Verein firmiert, Beratungsleistungen abgerechnet, obwohl es mit der rechtlich selbstständigen Organisation gar keinen Beratervertrag gab. Zum GBZ gehört ein Netz von Schulen und Akademien, auch die Deutsche Weinund Sommelierschule. Vermutlich höchst erstaunt sind die Prüfer dabei auch darauf gestoßen, dass Podzun eigenen Wein an jene Weinschule verkauft hat. Ob der Preis angemessen war, den das GBZ dafür zahlte, ist noch unklar, so die Staatsanwaltschaft. Einen Überblick müsste aber Podzuns Stellvertreter Dold gehabt haben, der auch als GBZ-Geschäftsführer agiert.

Erst als die Lupe der Wirtschaftsprüfer drohte, wurde nachgezahlt

Für Podzun, der sich als Weinliebhaber gern in Szene setzt, war das GBZ auch die richtige Kulisse für seinen 60. Geburtstag im Februar 2009. Der Verein hat ihm zwar auch schnell eine Rechnung über 1500 Euro geschickt. Aber bezahlt hat sie der ehemalige Kammerchef erst, als – so das Gutachten – die Sonderprüfung drohte, die Präsident Manfred Sattler nach dem Beschluss der Vollversammlung im November 2010 veranlasst hatte. Podzuns Vize Dold, der die GBZ-Geschäfte führt, „hat ausweislich der Feststellungen der Wirtschaftsprüfer die Begleichung dieser Rechnung in der Zwischenzeit nicht ernsthaft eingefordert“, so die Staatsanwaltschaft.

Zudem entnehmen die Ermittler dem Bericht der Wirtschaftsprüfer, dass das GBZ auch Fernreisen bezahlte, bei denen sich Podzun von seiner Ehefrau begleiten ließ – vor allem im Auftrag der Deutschen Wein- und Sommelierschule. Wie schon bei der Geburtstagsrechnung: Erst als die Lupe der Wirtschaftsprüfer drohte, „wurde ein Teil“ der Reisekosten vom Ehepaar Podzun erstattet.

Investitionszuschüsse – aber wofür?

Das Gastronomische Bildungszentrum steht im Zentrum weiterer brenzliger Vorwürfe: Es soll jährlich Investitionszuschüsse der IHK erhalten haben. Nachweise über Verwendungszwecke sollen aber „erst in jüngster Zeit“ gefordert worden sein. Deshalb gehen die Prüfer auch davon aus, dass Podzun vermutlich nicht so genau hinschaute, wo das Geld gelandet ist.

Podzun, der mehr als 200 000 Euro im Jahr bezogen haben soll, hatte nach 17 Jahren seinen Vertrag auf Lebenszeit aufgegeben. Er ist noch Präsident der Deutschen Wein- und Sommelierschule, die eng mit der IHK zusammenarbeitet, aber offiziell als selbstständig gilt. Während andere Kammern Gesellschaften gründeten, hatte die IHK Koblenz schon vor der Podzun-Ära, so heißt es, Vereine mit Spezialaufgaben betraut.

IHK-Präsident Sattler erklärte, dass Dold zunächst als kommissarischer Leiter der Kammer im Amt bleibt und im Präsidium das weitere Vorgehen noch geklärt werden muss. Bevor die Vorwürfe publik wurden, hatte Podzun gelassen auf die Anzeige reagiert: „Ich habe die Kammer nicht geschädigt.“

Von unserer Redakteurin Ursula Samary

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