Ein Monat nach Dreifachmord
„Es kann auch sein, dass er tot ist“
Weitefeld, kurz nach der Tat: Mit Flatterband hat die Polizei eine Straße abgesperrt. Ein Monat ist vergangen, seit in dem Westerwalddorf drei Menschen ermordet wurden. Weiterhin sind viele Fragen offen.
Thomas Frey. Thomas Frey/dpa

Als die Polizei am Morgen des 6. April eine Mitteilung veröffentlichte und von einem „Kapitaldelikt“ in Weitefeld berichtete, konnte niemand ahnen, was diese Neuigkeit für die Region bedeuten würde. Ein Monat ist seitdem vergangen. Ein Rückblick.

Vor genau einem Monat kam das Grauen über Weitefeld: Am frühen Sonntagmorgen, 6. April, wurde die Polizei per Notruf zu einem Tatort gerufen, an dem ein abscheuliches Verbrechen stattgefunden hatte: Drei Menschen wurden ermordet. Seitdem wird ein Mann gejagt: Alexander Meisner.

Noch immer fehlt von ihm jede Spur, noch immer wird auf Hochtouren ermittelt. „Was den Verbleib des Tatverdächtigen anbelangt, können wir derzeit nichts ausschließen“, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler auf erneute Anfrage unserer Zeitung. „Es gibt seit der Tat überhaupt kein wirklich belastbares Lebenszeichen von ihm. Wir wissen, dass der Tatverdächtige verletzt und blutend geflohen ist. Wie weit er gekommen ist, wissen wir nicht. Vor diesem Hintergrund ziehen wir es auch in Betracht, dass er überhaupt nicht mehr am Leben ist.“

Über die Tat und ihre Folgen wurde viel gesprochen und viel berichtet. Wir zeichnen nach, was seit dem 6. April passiert ist – in Zitaten aus Mitteilungen und Zeitungsartikeln sowie Ausschnitten aus Interviews.

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„In den frühen Morgenstunden des Sonntags, 6. April 2025, kam es nach jetzigem Erkenntnisstand in einem Wohnanwesen in Weitefeld (Kreis Altenkirchen) zu einem Kapitaldelikt. Die Hintergründe zur Tat sind Gegenstand intensiver Ermittlungen. Das Polizeipräsidium Koblenz befindet sich mit starken Kräften vor Ort. Die Polizei bittet darum, in diesem Bereich keine Anhalter mitzunehmen.“

Aus der ersten Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Koblenz vom 6. April, 7.20 Uhr.

Weitefeld am 6. April: "Das Polizeipräsidium Koblenz befindet sich mit starken Kräften vor Ort."
Thomas Frey. Thomas Frey/dpa

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„Zum derzeitigen Stand ist davon auszugehen, dass drei Bewohner eines Wohnhauses Opfer eines Gewaltverbrechens wurden.“

Polizei-Pressemitteilung vom 6. April. 12.55 Uhr.

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„In Bezug auf die bisher veröffentlichten Informationen teilt die Polizei ergänzend mit, dass es sich bei den Opfern um eine dreiköpfige Familie handelt. Bei den männlichen Opfern handelt es sich um einen 47-jährigen Mann, einen 16-jährigen Jugendlichen sowie eine 44-jährige Frau. Derzeit kursierende Gerüchte, insbesondere was mutmaßliche Täter-Opfer-Beziehungen oder Tatwerkzeuge betrifft, werden von der Polizei nicht bestätigt.“

Weitere Polizei-Mitteilung vom 6. April, 18.48 Uhr.

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„Die mit Hochdruck geführten Ermittlungen, insbesondere die Analyse der forensischen Spurenlage am Tatort, haben mittlerweile zu einem dringenden Tatverdacht gegen einen 61-jährigen Mann aus einem Nachbarort geführt. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen einen Haftbefehl wegen des Verdachts des dreifachen Mordes gegen den Mann erwirkt. Der Verdächtige befindet sich weiterhin auf der Flucht. Umfangreiche Fahndungsmaßnahmen laufen.“

Gemeinsame Presseerklärung von Staatsanwaltschaft und Kriminaldirektion Koblenz vom 7. April.

Mit diesem Passbild wird nach Alexander Meisner gefahndet
Polizei Rheinland-Pfalz/Fahndung

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„Uns ist bewusst, dass diese erschütternde Tat die Gemeinschaft getroffen hat. Wenngleich wir als Polizei den Bürgerinnen und Bürgern die Ängste nicht gänzlich nehmen können, sind wir weiterhin mit Präsenz und Unterstützung an Ihrer Seite.“

Polizei-Mitteilung vom 8. April.

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„Das Entsetzen in so einer kleinen Ortschaft ist groß, und auch die Verunsicherung ist groß. Die Situation wird vermutlich so lange andauern, solange der mutmaßliche Täter noch auf freiem Fuß ist.“

Ulrich Wagner, Professor im Ruhestand für Sozialpsychologie, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (erschienen am 8. April).

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„Ich wünsche mir, dass die Menschen Hoffnung mitnehmen konnten. Das Gemeinsame hilft. Das ist ein Geschenk.“

Dagmar Köhring, Pastorin der evangelisch-methodistischen Kirche Weitefeld, am 10. April nach einer Gedenkveranstaltung.

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„Die Hintergründe der Tat oder ein etwaiges Motiv sind nach wie vor unklar. Unklar ist auch, in welchem psychischen Zustand er sich befunden hat oder jetzt befindet beziehungsweise welche Gewalt-, Sucht- oder möglicherweise sexuell motivierten Neigungen ihn treiben. Die Polizei nimmt die Ängste der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst.“

Polizei-Mitteilung vom 11. April.

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„Alle, die mit dieser Ermittlung befasst sind, nimmt das mit. Auch mich. Wir sind alle nur Menschen. Man trainiert sich zwar Professionalität auch in solchen Lagen an, aber das geht nicht spurlos an einem vorüber. Und dass der Täter flüchtig ist, ist natürlich für alle unerträglich, aber auch ein Ansporn, ihn zu finden.“

Der Leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler in einem am 11. April veröffentlichten Interview mit unserer Zeitung.

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„Viele belastet der Gedanke: Da draußen läuft der Mörder möglicherweise noch frei herum. Das sorgt die Menschen, diese Unsicherheit macht etwas mit ihnen.“

Polizei-Pressesprecher Jürgen Fachinger gegenüber unserer Zeitung in einem am 15. April erschienenen Artikel.

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„Er ist brandgefährlich.“

ZDF-Moderator Rudi Cerne in der Fahndungssendung „Aktenzeichen XY“ am 16. April über Alexander Meisner.

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„Trotz umfangreichster – auch internationaler – Fahndungsmaßnahmen ist es bislang leider nicht gelungen, den Aufenthaltsort des Tatverdächtigen zu ermitteln und ihn festzunehmen. Die vielfältigen und intensiven Maßnahmen zur Ergreifung des Täters dauern unvermindert an.“

Mitteilung der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 16. April – darin wird auch über die Belohnung in Höhe von 10.000 Euro informiert.

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„Die Hoffnung, die heutigen Maßnahmen mit der Ergreifung des Tatverdächtigen erfolgreich abzuschließen, insbesondere um der Bevölkerung die Gewissheit zu geben, die sie benötigt, um in die Normalität zurückzukehren, konnte leider nicht erfüllt werden. Die getroffenen Feststellungen werden analysiert, die Ermittlungsbehörden lassen auch in den nächsten Tagen nichts unversucht, um das Ziel – die Ergreifung des Täters – zu erreichen.“

Gemeinsame Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft nach dem Großeinsatz an Gründonnerstag, 17. April.

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„Wir sind einsatzbereit. Alle stehen auf Stand-by.“

Polizeisprecher Jürgen Fachinger an Karfreitag, 18. April, gegenüber unserer Zeitung.

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„Die Polizei zeigt weiterhin verstärkt Präsenz in und um Weitefeld. Parallel haben viele Beamtinnen und Beamte die Ostertage im Präsidium verbracht, um Hinweise aufzunehmen und zu bewerten.“

Polizei-Pressesprecher Oliver Jutz an Ostermontag, 21. April, gegenüber unserer Zeitung.

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„Etwas ist geschehen, das keiner so recht erklären kann. Es gibt eine schreckliche Tat und einen Verdächtigen, nach dem fieberhaft gesucht wird. Man weiß nicht, wo er sich aufhält. Wo also soll man sich selbst hinbegeben? Wie bedrohlich ist das für meine Familie und so weiter? Hinweise, die zur Aufklärung des Falls beitragen können, werden erbeten. Man soll also mit kontrollierter Offenheit eine Ermittlung, deren Vorgehensweise aus guten Gründen nicht öffentlich gemacht wird, unterstützen und akzeptieren, dass dies der einzig vernünftige Weg ist. Die Verantwortlichen in Polizei und Justiz erleben erneut einen Drahtseilakt zwischen Schweigen und Reden. Sie müssen einen guten Weg finden, ihre Routinen mit dem Einmaligen der jeweiligen Krisenlage zu vereinen.“

Der Trierer Soziologe Michael Jäckel in einem am 23. April erschienenen Gastbeitrag für unsere Zeitung.

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„Die Auswertung der Spuren am Tatort lässt den Schluss zu, dass der Tatverdächtige verletzt sein dürfte. Wie schwer diese Verletzung ist und ob der Tatverdächtige hierdurch in seinen Fluchtbemühungen nachhaltig eingeschränkt ist, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. (…) Wir wissen nicht, wie lange diese Ungewissheit noch anhält. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es wichtig, trotz dieser Unklarheit ein Stück weit zurück zur Normalität zu finden. Dabei wird die Polizei sie unterstützen.“

Mitteilung der Polizei vom 24. April.

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„Die Erfahrung, die ich in dieser schweren Zeit gemacht habe mit der Polizei Koblenz und der Polizei Betzdorf: Da ist nichts Arrogantes, nichts Abweisendes, die sind freundlich – und vor allem vor Ort. Das hilft ungemein. Und ich kenne heimische Beamte, die gehen mittlerweile auch auf dem Zahnfleisch. Tag und Nacht im Einsatz – Hut ab. Das ist gar nicht so bekannt, was die alles machen. Gerade die, die hier aus der Nähe kommen, die legen noch einmal eins drauf.“

Weitefelds Ortsbürgermeister Karl-Heinz Keßler (parteilos) in einem am 29. April erschienenen Interview mit unserer Zeitung.

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„Wir schließen nicht aus, dass es ein zufälliges Zutreffen war, das außer Kontrolle geriet. Es fehlt seit der Tat jedes belastbare Lebenszeichen des Täters. Wir können derzeit keine Option ausschließen.“

Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler gegenüber der dpa am 29. April.

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„Wir haben natürlich Hypothesen. Die eine ist wahrscheinlicher als die andere. Aber wir können keine ausschließen. Wir wissen nicht, wo der Flüchtige ist und in welchem Zustand er ist. Es kann auch sein, dass er tot ist. Das macht es so schwierig für uns. Hinzu kommt, dass es keine belastbaren Erkenntnisse zu einer Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer gibt. Es gibt nur Gerüchte. Das bedeutet, dass von dem Gesuchten immer noch eine Gefahr ausgehen könnte.“

Jörn Mengen, stellvertretender Leiter der Koblenzer Mordkommission, in einem am 2. Mai erschienenen Interview mit unserer Zeitung.

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„Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen gibt es keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine wie auch immer geartete Täter-Opfer-Beziehung oder ein konkretes Motiv. Dazu, warum der Täter möglicherweise nachts unterwegs war und was ihn angetrieben haben könnte, kann ich derzeit noch keine Angaben machen. Wir bewegen uns insoweit noch im Rahmen von internen Einschätzungen und Vermutungen. Es lässt sich jedenfalls nicht ausschließen, dass es zu einem zufälligen Zusammentreffen zwischen dem Täter und einem der Opfer gekommen ist, das dann eskaliert und außer Kontrolle geraten ist und in dieser schrecklichen Tat mündete.“

Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler am 5. Mai gegenüber unserer Zeitung.

10.000 Euro Belohnung ausgesetzt: Wo ist Alexander Meisner?

Seit Montag, 7. April, wird per Öffentlichkeitsfahndung nach Alexander Meisner gesucht. Der Mann mit kasachischem Hintergrund lebte zuletzt in Elkenroth, wenige Kilometer von Weitefeld (beides Kreis Altenkirchen) entfernt. Der 61-Jährige gilt als gewalttätig, hat eine einschlägige Vorgeschichte, saß auch schon jahrelang im Gefängnis. Laut Fahndungsaufruf ist er 1,74 Meter groß, wiegt 74 Kilogramm, hat braune Haare und blau-graue Augen. Besondere Merkmale sind Narben am rechten Oberarm, am linken Unterarm sowie an der Augenbraue. Auf dem linken Handrücken trägt er ein Tattoo, das „Katja“ in russischer Schreibweise zeigt. Die Staatsanwaltschaft hat für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro ausgesetzt. Hinweise an die Polizei unter Telefon 0261/10350399. red

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