Rheinland-Pfalz – Nürburgring und kein Ende: Jetzt sorgen die Verträge zum Formel-1-Zirkus für Wirbel. Ein Reporterteam der „Wirtschaftswoche“, das die Ringaffäre auf sechs Seiten nachzeichnet, spricht von „traumhaften Konditionen“ für die private Betreibergesellschaft „Nürburgring Automotive GmbH“ (NAG).
Gesellschafter: Jörg Lindner und Kai Richter. Der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsvize Alexander Licht prangert gar „eine Subvention der Automotive“ an, die er für absolut ungerechtfertigt hält. „Die ganzen Verträge sind zudem vollkommen intransparent und für keinen Außenstehenden mehr nachvollziehbar“, so der Christdemokrat, der als wirtschaftspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion amtiert.
Würde die harte Kritik zutreffen, hätte die nahezu landeseigene Nürburgring GmbH in sträflicher Weise auf Einnahmen verzichtet – aus welchem Motiv auch immer. Und das, obwohl der Formel-1-Zirkus vom 22. bis 24. Juli aufgrund der millionenschweren Fahrerfeldgebühr aus Sicht des Steuerzahlers ohnehin chronisch defizitär ist. Die geheime Summe (man spricht von 20 Millionen Euro) kassiert Formel-1-Macher Bernie Ecclestone, damit der Eifelkurs überhaupt den Zuschlag für das Rennen erhält. Die programmierten Verluste (13,5 Millionen Euro sind im Landeshaushalt eingeplant) laufen bei der nahezu landeseigenen Nürburgring GmbH auf – und nicht bei der privaten Automotive. Die Landesregierung wertet das – seit Jahren – als Strukturhilfe.
Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium widerspricht der Darstellung von „Wirtschaftswoche“ und CDU-Opposition vehement, der Automotive die Formel-1-Konzession zu Vorzugsbedingungen überlassen zu haben. Die Verträge sind nach Überzeugung von Pressesprecher Joachim Winkler für die private Betreibergesellschaft keineswegs großzügig. Mehrfach hat Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) gegenüber unserer Zeitung bereits darauf hingewiesen, dass mit der Automotive im März und auch im Dezember (als es um die Formel-1-Konzession ging) hart verhandelt wurde. Doch wo profitiert die private Betreibergesellschaft angeblich unangemessen und was sagt das Wirtschaftsministerium dazu?
- Kritikpunkt 1: Die Automotive kann 9000 Formel-1-Tickets auf eigene Rechnung verkaufen. Damit kassiert sie drei Millionen Euro.
Dazu das Wirtschaftsministerium: Diese Einnahmen stehen der NAG zu, weil sie ja auch einen Mindestbetrag von drei Millionen für die Konzession zahlen muss. Außerdem sind die 9000 Karten (die beispielsweise an Werbekunden vergeben werden) nur 1,35 Millionen Euro wert. Durchschnittswert pro Karte: 150 Euro.
- Kritikpunkt 2: Die Automotive darf zusätzlich zum Erlös aus den 9000 Karten 3,3 Millionen Euro von den Resterlösen behalten.
Dazu das Wirtschaftsministerium: Das stimmt, aber die Automotive muss das Rennen organisieren, Personal bezahlen und die Logistik bereitstellen – bis hin zu den Toilettenanlagen.
- Kritikpunkt 3: Die Automotive erhält 500 000 Euro als Konzession für „entgangene Einnahmen“. Die „Wirtschaftswoche“ spricht von „leistungslosen Gewinnen“.
Dazu das Wirtschaftsministerium: 500 000 Euro werden gezahlt, weil Ecclestone einige Tage rund um das Formel-1-Rennen eigene Werbung am Ring platziert. Die Automotive muss ihre Bandenwerbung entfernen und darf die Strecke für nichts anderes nutzen.
Behauptungen, die Automotive könnte 3,8 Millionen Euro für die Streckenvorbereitung geltend machen, sind laut Wirtschaftsministerium falsch. Die Betreiber erhalten nur 35 Prozent des Erlöses, wenn mehr als 65 000 Karten verkauft werden. Alle übrigen Einnahmen gehen an die Nürburgring GmbH.
Werden 55 000 Karten abgesetzt (Stand voriges Rennen), bringen die Kartenverkäufe übrigens 8,25 Millionen Euro am Ring ein.