Das neue Bundeskabinett wird so rheinland-pfälzisch geprägt sein wie nur wenige vor ihm. Dafür hat bereits die CDU gesorgt, und noch mehr will jetzt die SPD dazu beitragen. Prinzipiell ist das gut so, wobei die direkten Abstrahleffekte aus Berlin ins Land am ehesten noch in der Wunschzettelsammlung des neuen Verkehrsministers landen dürften. Im Bauwesen und erst recht in der Justiz dürfte derlei deutlich überschaubarer ausfallen.
In der Bildung hat Hubig nicht geglänzt
Vor diesem Hintergrund ist die Personalie Stefanie Hubig mindestens ebenso mit Berliner wie mit Mainzer Brille zu betrachten. Dass die erfahrene Juristin vor allen Dingen dem neuen Innenminister Dobrindt auf die Finger schauen soll, wie jetzt an der Spree bereits orakelt wird – geschenkt. Vor allem die CSU wird das einzupreisen wissen. Viel spannender ist das, was Hubig am Rhein zurücklässt und wie es dort weitergeht: das für unsere Zukunft so wichtige Themenfeld der Bildung, auf dem sie, vorsichtig formuliert, nicht geglänzt hat.
Von Lehrern und Eltern nicht wirklich geschätzt
Diesen Befund kann man sowohl über die Pisa-Studie herleiten, die im Ländervergleich für Rheinland-Pfalz nochmals deutlich schlechter ausfiel als das sowieso schon desaströse deutsche Gesamtergebnis, als auch über die wie selten einigen Eindrücke von Eltern und Lehrern. Hubigs Fanklub in beiden Gruppen war und ist überschaubar.
Will man fair bleiben, muss man konstatieren, dass die Ministerin für manche Großthemen nichts konnte – Corona zuvorderst. Für andere schon: Personalschlüssel, fehlende Digitalisierung, ein ebenso feiges wie borniertes Wegducken bei Medienkompetenz und Smartphone-Nutzung – manchmal ist es Empathie, die Erfolge zwar nicht garantiert, aber dramatisch leichter möglich macht. Kinder und Jugendliche sind nicht nur Objekte von Bürokratie, Gesetz und Wissenschaft. Sie sind Menschen, die man verstehen wollen muss.
Schließt Schweitzer jetzt eine offene Flanke?
Auch deshalb ist Bildungspolitik noch nie ein Thema gewesen, mit dem man Wahlen gewinnen kann. Im besten Fall trifft man die Erwartungen. Gelingt das nicht, kann man mit ihm insbesondere Landtagswahlen ziemlich schnell verlieren. Hier zeigt sich nun die strategische Handschrift Alexander Schweitzers. Durch die Neubesetzung eröffnet sich ihm – ungewöhnlich knapp vor der Wahl – die Chance, eine offene Flanke zu schließen, an der sich die CDU-Opposition erkennbar schon positioniert. Und trägt in Berlin nebenbei seinen Teil zur Lösung der SPD-internen Geschlechtergerechtigkeit bei, für die insbesondere Lars Klingbeil in den nächsten Jahren den Kopf wird hinhalten müssen.
Die Älteren tragen für die Jüngeren eine besondere Verantwortung
Da scheinen sich also in Mainz und Berlin zwei gefunden zu haben. Und vielleicht findet darüber ja auch Hubig jetzt eine Verwendung, die sie mag. Zu wünschen wäre es ihr – und erst recht ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin. Nicht im Sinne von Wahlerfolgen, sondern im Sinne derer, die noch gar nicht wählen dürfen und für die wir deshalb alle Verantwortung tragen. Bildung schafft Zukunft, mehr als fast alles andere. Und deshalb hat auf diesem Politikfeld nur Erfolg, wer jungen Menschen Erfolge möglich macht.

Rheinland-Pfalz in Bundesregierung «ungewöhnlich stark»
CDU und SPD aus Rheinland-Pfalz sind im Berliner Kabinett deutlich vertreten. Was heißt das für die Landtagswahl in knapp einem Jahr? Die SPD will wieder stärkste Partei werden, die CDU aber auch.