Machtkampf bei der RLP-FDP
Ehemann von Daniela Schmitt sieht kein Fehlverhalten
In der rheinland-pfälzischen FDP tobt seit Längerem ein Machtkampf, der in den vergangenen Tagen publik geworden ist. Als Hauptkontrahenten stehen sich Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (Foto) und Fraktionschef Philipp Fernis gegenüber.
Sascha Ditscher

Mit einem offenen Brief fordern mehr als 40 Liberale einen anderen Stil und Fairness – und damit ein Ende des Machtspiels innerhalb der FDP. Außerdem äußert sich der Ehemann der Wirtschaftsministerin. Schmitt bekommt zudem Unterstützung aus Koblenz.

Mehr als 40 Freie Demokraten haben sich am Dienstag in einem offenen Brief, überschrieben mit „Für unsere FDP Rheinland-Pfalz“, für einen anderen Stil und einen anderen Umgang in der rheinland-pfälzischen FDP ausgesprochen. Ein glasklares Bekenntnis zur seit Tagen in der Kritik stehenden Wirtschaftsministerin und FDP-Landesvizechefin Daniela Schmitt vermeiden die Unterzeichner – wenngleich sie ihre Unterstützung für Schmitt andeuten. Die Liberalen sprechen in dem Schreiben von „unserer anerkannten und geschätzten“ Wirtschaftsministerin.

Zu den Verfassern des Briefes gehören unter anderem die Vorsitzende des FDP-Bezirksverbands Koblenz, Sandra Weeser, die Vorsitzenden beziehungsweise Vorsitzende der Kreisverbände Altenkirchen, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Koblenz, Mayen-Koblenz sowie Neuwied, außerdem einige ehrenamtliche Mandatsträger. Der Landtagsabgeordnete Marco Weber hat den Brief ebenfalls signiert. Der Eifeler ist aus der Landtagsfraktion allerdings der einzige. Damit ist klar: Auch durch die sechsköpfige FDP-Landtagsfraktion geht ein tiefer Riss. Wenig verwunderlich: Die drei prominenten Liberalen, die zu den Schmitt-Gegnern zählen, also Landtagsfraktionschef Philipp Fernis, Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht sowie die zweite Vize-Landeschefin, Carina Konrad, haben nicht signiert.

In dem Brief heißt es weiter, dass man beim Landesparteitag am 5. April über die Frage der Parteiführung beraten und entscheiden wolle. Man wolle dies „offen, transparent und im Diskurs tun“. Und weiter: „Absprachen in Hinterzimmern, Ratschläge von außerhalb oder Äußerungen, welche sich unangemessen gegen einzelne Personen richten, benötigen wir Liberale nicht“, um einen neuen Landeschef oder eine neue Landeschefin zu wählen.

Alle Parteimitglieder seien eingeladen, beim Delegiertentreffen ihre Positionen vorzustellen und zu kandidieren. Damit erteilen die mehr als 40 Freien Demokraten den aus dem Hinterhalt vorgetragenen Angriffen gegen Schmitt eine klare Absage. Bisher hat lediglich die 52-Jährige ihre Kandidatur für den Landesvorsitz offiziell bekannt gegeben.

In der rheinland-pfälzischen FDP tobt ein Machtkampf: Auf der einen Seite steht Wirtschaftsministerin Schmitt, auf der anderen stehen Fraktionschef Philipp Fernis (Foto) und Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht.
Helmut Fricke/dpa

In der rheinland-pfälzischen FDP tobt seit Längerem ein Machtkampf, der in den vergangenen Tagen publik geworden ist. Als Hauptkontrahenten stehen sich Wirtschaftsministerin Schmitt und Fraktionschef Fernis gegenüber. Unterstützt wird Fernis von Schmitts Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Andy Becht. Zwischen beiden gebe es, so war dieser Tage zu hören, eine offene Kampfansage, ganz nach dem Motto „Du oder Ich“. Wobei Fernis dies am Freitag gegenüber unserer Zeitung verneinte.

Das Gefecht zwischen den zwei Lagern wird mitunter mit harten Bandagen ausgetragen. Gegenüber der Wirtschaftsministerin wurden „Filz-Vorwürfe“ laut. Im Mittelpunkt steht ein mehrere Jahre alter Kredit sowie eine Beteiligung der landeseigenen Förderbank, der Investitions- und Strukturbank (ISB) Rheinland-Pfalz, an Firmen von Schmitts Ehemann. Der Unternehmer begleitete die Ministerin außerdem auf vier Wirtschaftsreisen ins Ausland.

Der Ehemann der Wirtschaftsministerin, Dominik Langosch, sieht in den Förderungen für seine Unternehmen sowie der Teilnahme an den Reisen kein Fehlverhalten. Das teilt der Geschäftsführer auf Anfrage unserer Zeitung mit. Seine beiden Firmen, die Enterprisemind GmbH sowie die Enterprisemindfactory GmbH, hätten aus der persönlichen Verbindung zur Ministerin und damaligen Staatssekretärin „zu keinem Zeitpunkt Vorteile gezogen“, sagt Langosch. Sie seien „wie jedes andere Unternehmen aus Rheinland-Pfalz behandelt“ worden. Man habe sämtliche Voraussetzungen für die Partizipation an den Reisen erfüllt. Keine andere Firma sei wegen der Teilnahme ausgeschlossen oder benachteiligt worden, erklärt der Unternehmer.

„Ich kann kein Fehlverhalten erkennen. Meine Unternehmen hatten aus dem Umstand, dass meine Frau Ministerin ist, zu keinem Zeitpunkt Vorteile gezogen und wurden wie jedes andere Unternehmen aus Rheinland-Pfalz behandelt.“
Das sagt Daniela Schmitts Ehemann.

Und dennoch beantwortet Schmitts Ehemann die Frage, inwieweit er Konsequenzen aus dem Fall zieht, mit folgender Antwort: Derzeit sei nicht geplant, „in absehbarer Zeit Angebote des Landes Rheinland-Pfalz in Anspruch zu nehmen“. Was damit genau gemeint ist, bleibt offen.

Zu seinen beiden Unternehmen macht er folgende Angaben: Die Enterprisemind GmbH, das IT-Beratungsunternehmen, machte laut Langosch im vergangenen Jahr einen Umsatz von circa einer Million Euro – bei einem positiven Ergebnis. Das Unternehmen habe sieben Mitarbeiter, davon drei freiberuflich Beschäftigte. Die Höhe des erhaltenen Innovationskredits lag nach Auskunft des Geschäftsführers bei 330.000 Euro. Die letzte Rate sei Ende Dezember 2024 zurückgezahlt worden. Der Kredit sei damals für den Umzug in neue Büroräume im noblen Mainzer Zollhafen sowie für die Geschäftsentwicklung benötigt worden, wird mitgeteilt.

Das zweite Unternehmen, die Enterprisemindfactory GmbH, ein KI-Beratungsunternehmen, das Clouds, also Datenwolken, entwickelt, machte laut Langosch im vergangenen Jahr einen Umsatz von circa 15.000 Euro – bei einem Verlust, der gemäß Wirtschaftsplan vorgesehen war. Der Betrieb habe sechs Mitarbeiter, davon zwei Werkstudenten. An ihm ist die ISB über einen sogenannten Venture-Capital-Fonds, also Wagniskapital, beteiligt. Die Frage, welche wirtschaftlichen Erfolge aus den Reisen resultierten, beantwortet der Geschäftsmann so: „ Wir verfolgen weiterhin unsere strategischen Ziele und sind mit den entsprechenden Unternehmen in Kontakt.“

Eine Expertin für Compliance-Fragen, also die Regelkonformität, hatte im Interview mit unserer Zeitung kundgetan, dass sie im vorliegenden Fall keine relevanten Compliance-Verstöße feststellen könne. Katharina Dierlamm von der renommierten Kanzlei Dierlamm in Wiesbaden wies auch „Filz-Vorwürfe“ zurück – wenngleich sie sagte, dass „die Ministerin die zwei dargelegten Punkte in Compliance-Hinsicht noch besser hätte machen können“.

Dierlamm erklärte, dass es besser gewesen wäre, wenn Schmitt bei der damaligen Abstimmung zum Innovationskredit im ISB-Verwaltungsrat nicht dabei gewesen wäre. Außerdem wäre es aus Sicht der Expertin „sicher sinnvoll gewesen“, das In-Kenntnis-Setzen des damaligen Ministers Volker Wissing schriftlich zu dokumentieren. Wissing bestritt zuletzt, über den Vorgang informiert worden zu sein.

Unterdessen springt mit dem Koblenzer Landtagsabgeordneten Stephan Wefelscheid (Freie Wähler) ein Landtagskollege aus einer anderen Partei Schmitt zur Seite. Wefelscheid zieht zwischen den Machtkämpfen innerhalb der FDP und früheren Machtspielchen und Rangeleien in anderen Parteien Parallelen. Wefelscheid hatte im vergangenen Jahr einen Machtkampf innerhalb der Freien Wähler verloren – und sich vom Parteivorsitz zurückgezogen.

Der Koblenzer sagt: „Erst Christian Baldauf (Ex-CDU-Landes- und Fraktionschef, Anm. d. Red.), dann ich, jetzt Daniela Schmitt. Es folgt immer dem gleichen Muster: Aus dem Verborgenen werden Gerüchte gestreut und anonym über die Presse vermeintliches Fehlverhalten in den Raum gestellt, in der Hoffnung, dass man abdankt.“ Er habe „eine solche Treibjagd“ im vergangenen Jahr am eigenen Leib erlebt und könne nachempfinden, wie es Schmitt nun gehen müsse.

Wefelscheid nimmt darüber hinaus auch die CDU-Opposition ins Visier. Bei der Auslandsreise nach Indien sei auch Christian Baldauf mit weiteren Landtagsabgeordneten dabei gewesen. Der Koblenzer kritisiert: Im Anschluss habe es keinerlei Kleine Anfragen, Berichtsanträge oder Anträge der CDU im Parlament dazu gegeben. Niemand habe sich am Sachverhalt gestört – bis nun, also knapp zwei Wochen vor dem FDP-Landesparteitag.

Die CDU-Fraktion hat für Donnerstag eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses des Landtags beantragt, den Antrag unterschrieben hat auch Christian Baldauf. Wefelscheid erklärt weiter: „An Zufälle glaube ich schon lange nicht mehr.“ Man solle der viel spannenderen Frage nachgehen, wem eine mögliche Demontage von Daniela Schmitt nütze.

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