Klimaschutzgesetz im Landtag
Eder: „Kinder wollen auch noch gut auf Planet leben“
In Griechenland wüteten im vergangenen Jahr heftige Waldbrände. Im rheinland-pfälzischen Landtag ging es am Donnerstag um das neue Landesklimaschutzgesetz.
Achilleas Chiras/AP/dpa

Ehrgeiziges Ziel oder politische Mogelpackung? Rheinland-Pfalz will bis 2040 klimaneutral sein und zeigt mit dem Landesklimaschutzgesetz mehr Ehrgeiz als der Bund – nicht ohne Widerstand.

Während der Gesetzentwurf der einen Seite viel zu weit geht, ist er der anderen viel zu ambitionslos: Das auch innerhalb der rheinland-pfälzischen Ampelkoalition (SPD, Grüne und FDP) umstrittene Landesklimaschutzgesetz hat mit seiner ersten Beratung am Donnerstag den Landtag erreicht und ist dort kontrovers diskutiert worden. Regierung und CDU-Opposition waren sich zwar einig, dass Klimaschutz notwendig sei und angepackt werden müsse. Bei dem „Wie“ aber herrschte Uneinigkeit.

Rheinland-Pfalz will bis 2040 – und damit fünf Jahre früher als der Bund – klima- beziehungsweise treibhausgasneutral werden. In sieben Sektoren wie Verkehr, Gebäude und Industrie soll der CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 in den nächsten 15 Jahren schrittweise in Richtung null sinken. 2040 sollen dann nicht mehr Treibhausgase durch Autos, Heizungen und Kraftwerke ausgestoßen werden, als etwa der Wald und Moore aufnehmen können. Bis dahin soll genauer überprüft werden, wie es um die Zielerreichung steht.

Bei der Vorstellung des Gesetzentwurfes hatte Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) im November betont, dass sich für Unternehmen keine Regulierung ableite. Nur das Land und die Landesverwaltung verpflichteten sich selbst. Klagen seien ebenfalls ausgeschlossen, wenn Ziele verfehlt würden. Mit dem Entwurf war die Mainzer Ampel von zuvor ehrgeizigeren Zielen abgerückt. Wirtschaftsverbände übten dennoch heftig Kritik.

Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) hatte im November bei der Vorstellung des Entwurfes des Klimaschutzgesetzes betont, dass sich für Unternehmen und Bürger keine Regulierung aus dem Gesetz ableite.
Sarah Knorr/dpa

Zurück in den Landtag: Dort kritisierte der CDU-Vize-Fraktionsvorsitzende Markus Wolf die Landesregierung dafür, dass sie ihrer Vorbildfunktion beim Schutz des Klimas nicht gerecht werde. Wolf fragte, wo denn auf den landeseigenen Gebäuden die Fotovoltaik-Anlagen seien, wo denn das Land bei der Sanierung der Landesliegenschaften vorangehe. Wolf sagte: „Es ist wie so oft bei der Ampel: Es gibt sehr viele Analysen, sehr viele Konzepte, sehr viele Planungen – und dann wird kaum etwas umgesetzt. Ich sehe die tatsächliche Sanierungstätigkeit nicht.“

„Es ist wie so oft bei der Ampel: Es gibt sehr viele Analysen, sehr viele Konzepte, sehr viele Planungen – und dann wird kaum etwas umgesetzt. Ich sehe die tatsächliche Sanierungstätigkeit nicht.“
CDU-Vize-Fraktionsvorsitzender Markus Wolf

Der CDU-Abgeordnete beanstandete außerdem die Datengrundlage für den Gesetzentwurf. Beispielhaft seien die aus seiner Sicht fehlerhaften Daten, die den Wald noch als CO2-Senke ansähen. Das sei der Forst aber gar nicht mehr, die Datenbasis würde deshalb gar nicht stimmen, monierte Wolf.

Ist der rheinland-pfälzische Wald noch eine CO2-Senke oder nicht?
Jörg Halisch/dpa

FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Weber verwies darauf, dass die Rahmenbedingungen für den Klimaschutz auf anderen Ebenen, der europäischen sowie der Bundesebene, getroffen würden. Rheinland-Pfalz könne jedenfalls das Klima nicht allein retten, meinte der Eifeler. Die FDP – immerhin regierungstragende Fraktion – begrüße daher, dass das Gesetz ausschließlich die Landesregierung und die Landesverwaltung in die Pflicht nehme.

Klimaschutz- und Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) betonte zwar ebenfalls noch einmal, dass das Gesetz nur die Mainzer Ampel bei ihrer Verantwortung packe. Ansonsten hielt die Ministerin aber dagegen. Man brauche zwingend Klima- und Umweltschutz, die Erderhitzung schreite voran. Eder appellierte: „Ich bitte ganz, ganz dringend alle, die Kinder haben, seien Sie doch nicht so unsolidarisch, die Kinder wollen doch auch noch gut auf unserem Planeten leben.“

Klimaschutz- und Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) verteidigte den Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz.
Sebastian Gollnow/dpa

Der Entwurf enthalte wichtige Ziele und Instrumente, Verantwortlichkeit, Verbindlichkeit und Transparenz. Mit dem Gesetz lege man konkrete Handlungsfelder und Zuständigkeiten innerhalb der Landesregierung fest, sagte Eder. So werde Klimaschutz zu einer Querschnittsaufgabe. Neue Berichtspflichten und damit auch mehr Bürokratie für die Wirtschaft bringe das Gesetz definitiv nicht. Die Grünen-Politikerin räumte ein, dass der Wald in Rheinland-Pfalz Probleme habe. Dennoch werde durch den Wald weiter CO2 gebunden.

Der Grünen-Parlamentarier Fabian Ehmann forderte angesichts der beschlossenen Milliarden-Finanzpakete auf Bundesebene einen Innovations-, Klima-, und Transformationsfonds für Rheinland-Pfalz. Mit welchem Betrag dieser ausgestattet werden soll, sagte Ehmann nicht. Die klimaschutzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Tamara Müller, erklärte, es müsse im Hinblick auf die Klimakrise der Anspruch sein, bis 2040 klimaneutral zu werden.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Schönborn sah das anders. Was die Mainzer Ampel mit dem Gesetz plane, sei „in vorauseilendem Gehorsam ein unerreichbares Ziel gesetzlich zu verankern“. Andreas Hartenfels (Bündnis Sahra Wagenknecht, zuvor Grüne) warf der Koalition Ambitionslosigkeit vor und sprach von einem Betrug am Land sowie den Wählern. Stephan Wefelscheid (Freie Wähler) kritisierte den aus seiner Sicht falschen Zeitpunkt, dieses Gesetz einzubringen – einen Tag, nachdem US-Präsident Donald Trump einen Handelskrieg losgetreten habe. „Lassen Sie das Gesetz sein“, sagte der Koblenzer.

„Unsere Befürchtung: Das Land setzt sich ambitionierte Ziele, die es allein nicht erreichen kann – und nimmt dafür dann nachträglich Bürger und Wirtschaft in die Pflicht. In einer Zeit, in der wir um jeden Arbeitsplatz und die Zukunftsfähigkeit des Standorts Rheinland-Pfalz kämpfen, ist ein solches Gesetz ein falsches Signal.“
Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz

Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, erklärte, dass die Kammern das Gesetz ablehnen. Sie befürchteten, dass das Land sich ambitionierte Ziele setze, die es allein nicht erreichen könne – „und das Land nimmt dafür dann nachträglich Bürger und Wirtschaft in die Pflicht“. In einer Zeit, in der man um jeden Arbeitsplatz und die Zukunftsfähigkeit des Standortes Rheinland-Pfalz kämpfe, sei ein solches Gesetz „ein falsches Signal“, so Rössel.

Der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) Rheinland-Pfalz, Karsten Tacke, warnte vor einem „massiven Schaden für unseren Wirtschaftsstandort“ sowie vor einer Deindustrialisierung. Tacke appellierte, sich vom Ziel der Klimaneutralität 2040 zu verabschieden. Man brauche realistische Ziele, die man gemeinsam erreichen könne – „und keine Placebos mit brandgefährlicher Nebenwirkung“.

Der Gesetzentwurf wurde in drei Fachausschüsse – Klima, Wirtschaft sowie den Rechtsausschuss – verwiesen und wird nun dort weiter beraten. Auch dort dürfte es kontrovers weitergehen.

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