Der Bundesrat entscheidet am Freitag über eine Verordnung zu Gefahrstoffen und Arbeitsschutz, die es für 600.000 Besitzer älterer Häuser allein in Rheinland-Pfalz richtig in sich hat. Sie treffe eine äußerst teure „Asbest-Keule“, wettert jedenfalls der Eigentümerverband Haus & Grund.
Alle vor dem Stichtag 31. Oktober 1993, also dem Verbot von Asbest, errichteten Gebäude würden unter Generalverdacht gestellt, heißt es beim Landesverband. Die Eigentümer müssten Sanierungsvorhaben auch ohne Verdacht oder Hinweis auf den früher erlaubten Baustoff prinzipiell prüfen lassen. Dabei geht selbst der Staat davon aus, dass für die Bürger „durch die Einführung besonderer Mitwirkungs- und Informationspflichten ein Erfüllungsaufwand von 11.135 Stunden pro Jahr“ anfällt.
Der Verband rechnet zudem die zusätzlichen Kosten auf, um möglichem Asbest in Stichproben auf die Spur zu kommen. „Da es sich bei den Eigentümern in der Regel um Laien handelt, die mit dem Auffinden von Gefahrstoffen unterschiedlicher Kategorien überfordert sein dürften“, so Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz, „wird die geforderte Erkundungspflicht nicht nur viel Zeit in Anspruch nehmen, sondern auch teuer. Schon eine Einzelprobe kostet laut TÜV Süd um die 214 Euro. Wer also zum Beispiel Dämmplatten, Bodenbelag und Kleber prüfen lässt, muss dafür gleich 642 Euro hinlegen. Je nach Anzahl der Räume und Stockwerke ist das ein Fass ohne Boden.“
Appell an die Landesregierung
Und was ist, wenn im akuten Schadensfall sofort gehandelt werden muss? „Wochenlange Erkundungen können zur Ausweitung eines Schadens führen“, warnt der Verband. Zudem sei völlig unklar, ob es überhaupt ausreichend viele Labore für die Prüfungen gibt. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass Arbeiten auch ohne Freisetzung von Asbest möglich sind, wenn etwa Fliesen bei einer Badsanierung überklebt werden. Die Vorlage für den Bundesrat „ist nicht praxisgerecht und muss verhindert werden“, appelliert Haus-&-Grund-Landesvorsitzender Christoph Schöll an die Landesregierung. Sie müsse sich wie bei der Bauministerkonferenz weiter gegen die „Asbest-Keule“ für Hunderttausende von Hausbesitzern aussprechen. Damit müsste sie dem Kanzler Kontra geben, der den Vorgang im Bundesrat eingebracht hat.
Aus dem Mainzer Umweltministerium, das eine entsprechende Anfrage unserer Zeitung nach Klärung von Zuständigkeiten schließlich beantwortet hat, heißt es mit Blick auf die Bundesratssitzung: “Es wird erhofft, dass es zu der dringend erforderlichen Verabschiedung der Gefahrstoffverordnung kommt.„ Ob der Antrag die Länderkammer aber passiert, kann das Haus von Katrin Eder (Grüne) im Vorfeld nicht absehen, da zahlreiche Anträge gestellt wurden und auch “Verkündungshindernisse„ bestehen, wie ein Sprecher erklärt. “Das Ergebnis des Bundesrates muss abgewartet werden.„
Umweltministerium verweist auf die Gefahren von Asbest
Wie es beim Bundesrat heißt, beschließen die Länder am Freitag über sogenannte Maßgaben. Ist die Bundesregierung mit bestimmten Voraussetzungen, die die Länderkammer an die Änderung der Verordnung knüpft, einverstanden, tritt die Verordnung mit den Änderungen in Kraft. Ansonsten aber eben nicht. Ob und welche Auflagen der Bundesrat aus den Ausschüssen übernimmt, entscheide sich am Freitag.
Der rheinland-pfälzische Landesverband von Haus & Grund ist um knackige Formulierungen selten verlegen, wenn es um politische Forderungen geht. "Der nächste Hammer der Ampelregierung droht", heißt es nun in einer aktuellen Pressemitteilung des Eigentümerverbands.„Asbest-Keule“ aus Berlin: Haus & Grund befürchtet Kostensteigerungen bei Gebäudesanierungen im Land
“Die Regelungen im Entwurf der Bundesregierung zur Änderung der Gefahrstoffverordnung stellen aus unserer Sicht eine gute Balance zwischen einem effektiven Gesundheitsschutz für Baubeteiligte und Gebäudenutzer auf der einen Seite und praktikablen Lösungen für Gewerke auf der anderen Seite dar„, erklärt das Mainzer Umweltministerium weiter und verweist auf die Fallzahlen von asbestbedingten Berufskrankheiten, die seit Jahren gleichbleibend auf hohem Niveau verblieben. In Deutschland sterben den Angaben zufolge derzeit täglich durchschnittlich vier Personen aufgrund einer anerkannten Asbest-Berufskrankheit – circa 1500 pro Jahr. Im Kern, heißt es aus dem Mainzer Ministerium, sollen die nun zur Entscheidung anstehenden Regelungen Menschen besser vor Asbest schützen.
Allerdings erklärt der Sprecher auch: “Die nun im Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen einiger Länder, auf die Haus & Grund sich bezieht, lehnt auch die Landesregierung mit Blick auf die Abstimmung ab." Dazu gehöre beispielsweise der Vorschlag, eine neue Stichtagsregelung mit erweiterten Erkundungspflichten einzuführen. Diese würde den Veranlasser, also in der Regel den Eigentümer, dazu verpflichten, vor Aufnahme von Bautätigkeiten in Objekten, die vor dem 31. Oktober 1993 gebaut wurden, generell zu erkunden, ob Asbest vorhanden oder zu vermuten ist.