„Vereinte Patrioten“-Prozess
Die ersten „letzten Worte“ im Reichsbürger-Prozess
Michael H. wird in den Gerichtssaal des Koblenzer Oberlandesgerichts geführt. Er wünscht sich, die Geburt seines Enkels miterleben zu dürfen.
Thomas Frey

Fast zwei Jahre läuft in Koblenz bereits das Verfahren gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“, die geplant haben soll, Karl Lauterbach zu entführen. Nun sind die ersten „letzten Worte“ gehalten worden.

Im Prozess gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Vereinte Patrioten“ sind am Koblenzer Oberlandesgericht (OLG) nun zum zweiten Mal sämtliche Plädoyers gehalten worden. Und auch die ersten sogenannten letzten Worte der Angeklagten sind nun erfolgt.

Die Beweisaufnahme war bereits Anfang Dezember 2024 das erste Mal geschlossen worden. Während seines Plädoyers behauptete Comedian Michael H. (45) dann aber plötzlich, dass er an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leide. In Folge war die Beweisaufnahme wieder eröffnet worden, ein Gutachter stufte den Comedian schließlich als schuldfähig ein. Michael H. habe zwar narzisstische Persönlichkeitszüge, eine Persönlichkeitsstörung stellten sie aber nicht dar, hieß es. Im zweiten Plädoyer forderte die Bundesanwaltschaft für H. dann eine noch etwas höhere Haftstrafe als im ersten Plädoyer: Die Forderung wurde von acht Jahren und drei Monaten auf acht Jahre und sechs Monate erhöht.

Die Anklagevorwürfe

Neben Michael H. sitzen in Koblenz Thomas O. (57), Sven B. (56), Thomas K. (52) und Elisabeth R. (77) auf der Anklagebank. Ihnen wird vorgeworfen, geplant zu haben, Karl Lauterbach (SPD) zu entführen, Deutschland den Strom abzudrehen und einen Putsch im Sinne der „Reichsbürger“-Ideologie umzusetzen.

Am jüngsten Verhandlungstag plädierten im OLG zunächst die Anwälte von Elisabeth R. zum zweiten Mal. Ralph Querbach verwies auf sein bereits gehaltenes erstes Plädoyer, in dem er Freispruch, die Aufhebung des Haftbefehls und eine Entschädigung für R.s erlittene Zeit in U-Haft gefordert hatte. Verteidiger Bernd Fiessler ergänzte sein erstes Plädoyer um einige Punkte. Man wisse bis heute nicht, wann sich die Gruppe „Vereinte Patrioten“ denn gegründet haben soll – und somit auch nicht, wann seine Mandantin angeblich hinzugestoßen sein soll, hieß es. R. sei von ihren Mitangeklagten auch nie über Waffen aufgeklärt worden: „Mit ihr wurde keine Rücksprache gehalten“, sagte Fiessler.

Elisabeth R. verliest 24 Seiten

Auch gegen den im Verfahren eingesetzten psychiatrischen Sachverständigen stichelte Fiessler. Dieser habe mehr durch Abwesenheit geglänzt und sei im Verfahren auch nicht so vorgegangen, wie man es sonst aus Prozessen kenne, hieß es sinngemäß. Seine Mandantin sei freizusprechen und der Haftbefehl aufzuheben, resümierte Fiessler.

24 Seiten lang waren Elisabeth R.s jüngste Ausführungen im OLG. Darin sprach sie von einem „satanischen“ Verfahren voller „Falschbeschuldigungen“ gegen sie. Dieses sei Ausdruck einer „okkulten Justizpolitik“. Eine „Kaiserreichs-Gruppe“ mit ihr habe es nie gegeben, behauptete die 77-Jährige.

Die ersten „letzten Worte“

Otmar Schaffarczyk, einer der Verteidiger von Comedian Michael H., sagte in seinem zweiten Plädoyer, dass sein Mandant sich mit „kruden Gedanken“ in einer Gruppe bewegt habe. H.s Grundtendenz sei aber „Gewaltlosigkeit“ gewesen. Schaffarczyk forderte Freispruch, die Aufhebung des Haftbefehls und eine Entschädigung für die U-Haft. Ralf Dalla Fini, der zweite Verteidiger des Comedians, schloss sich den Forderungen von Schaffarczyk an und sagte, H. neige dazu, zu übertreiben und sich in den Mittelpunkt zu stellen. Diese Persönlichkeitsmerkmale müssten bei der Schuldfrage berücksichtigt werden, so der Verteidiger sinngemäß.

Michael H. sagte im OLG, er sei einzig „Tastaturheld“ gewesen. In seinem letzten Wort wünschte der Comedian sich, die Geburt seines Enkels als freier Mann miterleben zu dürfen. Thomas O. sagte seinerseits im letzten Wort, er habe einen „fatalen Fehler“ begangen, sich mit den „falschen Leuten“ eingelassen, gegen Strafgesetze und moralische Grundsätze verstoßen, durch seine Taten Angst und Schrecken verbreitet, sich und seiner Familie geschadet, wofür er sich entschuldigen wolle. Er übernehme dafür die volle Verantwortung, er bereue es, hieß es. Sven B. verlas in abschließenden Äußerungen einen kleinen Aufsatz, Thomas K. dankte den Justizmitarbeitern für einen stets respektvollen Umgang mit ihm. Elisabeth R. s letzte Worte stehen noch aus. Mit einem Urteil ist zeitnah zu rechnen.

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