Mainz
„Den Kindern nichts verschweigen“: Wie „logo!“ Nachrichten für das junge Publikum aufbereitet
Tim Schreder, Jennifer Sieglar, Linda Joe Fuhrich und Sherif Rizkallah (von links) bilden das Moderationsteam von „logo!“, der ZDF-Kindernachrichtensendung. Sie erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Deutschen Fernsehpreis. Foto: ZDF/Jana Kay/Barbara Melzer/BDA
ZDF und [F] Jana Kay, Barbara Me

Mainz. Jeden Abend erklärt die Nachrichtensendung „logo!“ ihren jungen Zuschauerinnen und Zuschauern auf dem Kindersender KiKA, was in der Welt passiert. Wie schafft es das „logo!“-Team, diese Nachrichten kindgerecht zu vermitteln – und das junge Publikum nicht ohne Hoffnung zurückzulassen?

Lesezeit 4 Minuten

Tim Schreder, Jennifer Sieglar, Linda Joe Fuhrich und Sherif Rizkallah (von links) bilden das Moderationsteam von „logo!“, der ZDF-Kindernachrichtensendung. Sie erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Deutschen Fernsehpreis. Foto: ZDF/Jana Kay/Barbara Melzer/BDA
ZDF und [F] Jana Kay, Barbara Me

Von Medikamentenmangel, Krieg in der Ukraine, Umweltschutz, Vulkanausbrüchen bis hin zur Korruption in der Europäischen Union. Die vom ZDF produzierte Sendung richtet sich an Kinder von 8 bis 12 Jahren. Wie schafft es das „logo!“-Team, diese Nachrichten kindgerecht zu vermitteln – und das junge Publikum nicht ohne Hoffnung zurückzulassen? Darüber haben wir mit „logo!“-Redaktionsleiterin Constanze Knöchel gesprochen. Das Interview im Wortlaut:

Frau Knöchel, ist es schwieriger, eine Nachrichtensendung für Kinder zu machen als eine für Erwachsene?

Ich würde sagen, es gibt andere Herausforderungen. Wir haben striktere Regeln bei der Bildauswahl und zeigen keine verstörenden, Angst machenden Bilder wie etwa von Toten oder Schwerverletzten. Bei der Sprache müssen wir darauf achten, dass Kinder die Worte verstehen. Grundsätzlich versuchen wir, keine Fremdwörter oder Kindern unbekannte Wörter zu verwenden. Falls wir es doch tun, werden sie erklärt. Im Gegensatz zu Erwachsenennachrichten setzen wir außerdem kein Vorwissen voraus. Wir versuchen, schwierige Sachen von Beginn an zu erklären. In einem Beitrag beantworten wir immer nur eine Frage, nicht mehrere auf einmal. Und eine Herausforderung mit Blick auf das Gesamtpaket ist natürlich, dass wir unsere 10:30 Minuten nicht nur mit negativen Nachrichten füllen.

Es sind also auch immer lockere Themen mit dabei?

Wir haben einen klassischen Aufbau der Sendung: Wir steigen mit harten Nachrichtenthemen ein. „Hart“ ist hier in Anführungszeichen zu setzen, da es manchmal auch typische Schul- oder Kinderthemen sind. Am Ende ist es definitiv immer so, dass wir eine Meldung haben, die die Kinder gut in den Abend hineinbegleitet. Die Sendung schließt mit dem Wetter und einem Tier, das einen Witz erzählt. „Logo!“ läuft um kurz vor 20 Uhr. Da ist es wichtig, dass die Kinder am Ende unserer Sendung noch einmal abgelenkt werden von den schwereren Themen – und mit einem guten Gefühl ins Bett gehen können.

Constanze Knöchel
ZDF und Torsten Silz

Gibt es Themen, die in der Kindernachrichtensendung tabu sind?

Eine Regel ist: Wir wollen den Kindern nichts verschweigen. Kein Thema ist von vornherein tabu. Aber wir reden natürlich in unseren Sitzungen darüber, was die Kinder wissen müssen oder was sie nicht so sehr tangiert. Über Social Media bekommen sie heutzutage jedenfalls viel mehr mit. Nachrichten nicht zu erwähnen, bringt aus unserer Erfahrung heraus nichts: Wenn Kinder Dinge einordnen können, werden sie emotional sicherer, als wenn sie mit Fragezeichen zurückbleiben. Wir sprechen Dinge an. Dabei versuchen wir, auch bei schweren und schlimmen Nachrichten irgendwie einen konstruktiven Ansatz zu finden: zum Beispiel, wie den Menschen geholfen wird. Zum Ukraine-Krieg haben wir einige Beiträge gemacht, die zeigen, wie Kinder in Deutschland selbst helfen können – etwa mit Schulaktionen. Einen konstruktiven Ansatz in einer schlimmen Nachricht zu finden, ist nicht immer möglich, aber wir versuchen es. Das ist bei uns wahrscheinlich mehr im Kopf als bei den Machern von Nachrichtensendungen für Erwachsene.

Kann man Kindern beim Verständnis von Nachrichten mehr zutrauen, als viele Erwachsene das vielleicht glauben?

In erster Linie sind wir Nachrichtenjournalisten und keine Psychologen. Die langjährige „logo!“-Erfahrung hilft uns natürlich, die Relevanz von Themen für Kinder besser einschätzen zu können. Außerdem gehen wir oft an Schulen und sind mit Kindern im Gespräch. Wenn wir uns bei Themen nicht sicher waren, ob wir sie hätten ansprechen sollen oder ob die Kinder sie verstanden haben, kann es passieren, dass die Kinder selbst sagen: Das haben wir total gut verstanden. Ich glaube schon, dass man Kindern einiges zutrauen kann – und trotzdem muss man die Nachrichten richtig dosieren und sie auf die richtige Art und Weise vermitteln. Letztlich muss es aber jedes Elternteil zu Hause wissen, ob das eigene Kind so weit ist, um die „logo!“-Nachrichten zu gucken. Denn jedes Kind ist anders. Bei jüngeren Kindern ist es gut, wenn die Eltern mitschauen, um gegebenenfalls Nachfragen aufzugreifen. Beim Ukraine-Krieg gab es eine mediale Diskussion: Müssen die Kinder über diesen Krieg etwas wissen? Wir sind der Meinung: auf jeden Fall. Ängstliches Verschweigen hilft hier nicht weiter. Kinder hatten und haben zu dem Krieg in der Ukraine viele Fragen. In den ersten Kriegstagen haben wir einige Zuschriften von Eltern bekommen, die sich bei uns bedankt und gesagt haben: Wir waren heute sprachlos und hätten nicht gewusst, wie wir das ansprechen und einordnen sollen – und ihr von „logo!“ habt das super geschafft. Das ist dann eine Bestätigung unserer Arbeit.

Das Gespräch führte Cordula Sailer

Kinderreporter im Einsatz

Deutschlands erste regelmäßige Nachrichtensendung für Kinder präsentiert Themen mit aktuellem Bezug und Hintergrundinfos. „logo!“ widmet sich auch ganz alltagsnahen Themen, zum Beispiel der Frage, wie man Streit an Weihnachten vermeidet. Die Sendung wurde im Januar 1989 zum ersten Mal ausgestrahlt. „logo!“ wird samstags bis donnerstags um 19.50 Uhr und freitags um 19.25 Uhr bei KiKA live gesendet. Seit 2002 sind auch Kinderreporter im Einsatz. Hierbei fungieren sie unter Anleitung eines Redakteurs als Reporter zu unterschiedlichen Themen, die sie interessieren. „logo!“ legt Wert darauf, dass die Kinder größtenteils selbst mitentscheiden dürfen, wie sie sich den Beitrag vorstellen, indem sie zum Beispiel die Fragen selbst vorbereiten. Seit 2009 gibt es zudem die Rubrik „Die Großen der Welt“. In dieser Reihe interviewen die Kinderreporter Prominente. red

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