Kampagne leidet unter der Pandemie - Einnahmen für Aktion Tagwerk sinken im zweiten Jahr in Folge um rund 1 Million Euro
Corona trifft auch „Dein Tag für Afrika“: So enorm sind die Einbußen
Das zweite Jahr in Folge hat der bundesweite Aktionstag von Schulen für das Recht auf Bildung in afrikanischen Ländern nur eingeschränkt stattfinden können. Die Kampagne „Dein Tag für Afrika“ muss sich deswegen neu aufstellen. Foto: dpa
dpa

Rheinland-Pfalz. Endlich wieder Schule. Seit Montag dürfen alle Schüler in Rheinland-Pfalz wieder mit ihren Klassenkameraden lernen, auf dem Schulhof spielen, auf dem Heimweg Unsinn treiben. Die Corona-Pandemie machte das Selbstverständliche zur Ausnahme und nun zu etwas Besonderem. In Ruanda ist Schule immer etwas Besonderes. Etwas Wertvolles. Etwas, das nicht selbstverständlich ist. 28 Schulen betreibt die Aktion Tagwerk im afrikanischen Partnerland von Rheinland-Pfalz. Eine der Haupteinnahmequelle der Tagwerker ist die Kampagne „Dein Tag für Afrika“. Zum zweiten Mal musste sie nun in ihrer üblichen Form ausfallen. Die Einbußen sind enorm. Schirmherrin Malu Dreyer (SPD) bedankte sich deshalb bei den Ehrenamtlern: „Ich finde es toll, wie weitsichtig hier geplant wurde“, sagte die Ministerpräsidentin.

Lesezeit 2 Minuten

Diese weitsichtige Planung begann mit einem ehrlichen Kassensturz. Und Ewald Dietrich, dem Vorsitzenden des Stiftungsrats, ist die schwierige Lage auch mehr als ein Jahr nach Beginn der Pandemie noch deutlich anzuhören. Er sucht nach Worten. Bei einem Typen, der sonst nie um einen Spruch verlegen ist und der ein Händchen für Inszenierung hat, fällt das sofort auf. „Wir haben verschiedene Kalkulationen gemacht“, erzählt er. „Eine davon, um zu sehen, wie wir mit unseren Rücklagen bis in den Sommer 2022 kommen. Die Hoffnung war, dass sie nie Realität wird. Sie ist Realität.“ Die Tagwerk-Büros in Berlin und Bonn sind geschlossen. Alle bundesweiten Kampagnen werden nun von Mainz aus geplant.

Zentral für die Projekte in Ruanda und dem Nachbarland Uganda ist „Dein Tag für Afrika“. Das Prinzip: Kinder und Jugendliche suchen sich für einen Tag eine Stelle in einem Unternehmen und arbeiten für das Spendengeld. 2019, im Jahr eins vor Corona, taten das 170.000 Schüler aus 600 Schulen. Sie verdienten 1,3 Millionen Euro. 2020, im Jahr null der Pandemie, schrumpfte der Erlös auf 228.000 Euro. „Mit einem ähnlichen Ergebnis rechnen wir auch in diesem Jahr“, sagte Dietrich, der auf weitere strukturelle Veränderungen hinweist: „Aktion Tagwerk und die Kinderhilfsorganisation ,Human Help Network' werden zu einem Verein zusammenrücken, um alle Synergien zu nutzen.“

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig wies auf die Situation in Deutschland hin. Sie habe noch „nie so viele glückliche Gesichter gesehen, weil die Schule wieder startet“: „Wenn es etwas Gutes an dieser Pandemie gab, dann, dass der Wert von Schule, auch als Ort des Miteinanders, deutlicher geworden ist.“ Es sei eine der Stärken der Aktion Tagwerk, dass Schüler erkennen, was sie selbst mit ihrer Arbeit bewegen können: „In diesem Jahr wird den Kindern auch klar, wie wichtig es ist, überhaupt in eine Schule gehen zu können.“

Das Wort „gehen“ spielt an dieser Stelle eine entscheidende Rolle. Denn Ruanda ist hinsichtlich Bildung keineswegs eines der Schlusslichter in Afrika. Das autoritäre Regime von Paul Kagame legt großen Wert auf Schulbildung. Kinder, die heute geboren werden, besuchen im Schnitt 10,8 Jahre lang eine Schule – die kann aber durchaus weit entfernt sein. Wer durch Ruanda fährt, wird den ganzen Tag über Kinder mit Rucksäcken an den Straßenrändern laufen sehen. Sie gehen teils mehr als zehn Kilometer zur Schule. Im Land der 1000 Hügel. Bei hoher Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen. Die 28 Schulen der Aktion Tagwerk sind deshalb ein Beitrag zu einem Stichwort der rheinland-pfälzischen Bildungspolitik: „Kurze Beine, kurze Wege“. „Wir haben Schulen bewusst auf Hügel gebaut, die nicht erschlossen waren“, sagt Dietrich. „So ersparen wir Erst- oder Zweitklässlern lange Strecken.“

Ein gewisser Weg ist es auch für die Aktion Tagwerk zurück zur Normalität. Rheinland-Pfalz ist dabei die Basis. Das zeigen zwei Zahlen: In diesem Jahr beteiligten sich 58 Landesschulen, vor allem Gymnasien, Förderschulen und Grundschulen, an der Kampagne. Im wesentlich bevölkerungsreicheren Nordrhein-Westfalen waren es gerade einmal vier Schulen mehr.

Von unserem landespolitischen Korrespondenten Carsten Zillmann

Top-News aus der Region

Weitere regionale Nachrichten