Ministerium reißt Zeitplan
Bahnstrecken-Reaktivierungen im deutlichen Verzug
Bereits bei der Auswahl weiterer Reaktivierungsstrecken in Rheinland-Pfalz kommt es zu deutlichen Verzögerungen.
Harald Tittel/dpa

Das rheinland-pfälzische Mobilitätsministerium will möglichst viele alte Bahnstrecken für Personenzüge im Land wieder zum Leben erwecken. Zwölf potenzielle Linien hat das Ministerium im Blick. Doch der Prozess stockt. Was die Gründe dafür sind.

Vor ein paar Tagen feierte sich die rheinland-pfälzische Landesregierung für die Reaktivierung der Trierer Weststrecke. Kosten: rund 150 Millionen Euro. Es war die erste Reaktivierung einer Eisenbahnstrecke in Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2015. Ein Termin, an dem Landesmobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) sichtlich Freude hatte. Diese positive Stimmung dürfte sich allerdings schnell eintrüben. Denn die Pläne für weitere mögliche Reaktivierungen alter Zugstrecken im Land dauern viel länger als ursprünglich geplant. Das Mobilitätsministerium kann seinen selbst gesteckten Zeitplan nicht einhalten.

Bereits im Januar vergangenen Jahres hatte Eder angekündigt, insgesamt zwölf Strecken für die Reaktivierung zu prüfen. Bis etwa zur Mitte des Jahres 2024 sollte eine Rangliste entstehen, in welcher Reihenfolge die Kandidaten wiederhergestellt werden sollen. Ein halbes Jahr später hätte der Landtag darüber abstimmen sollen. Aus den Terminen wurde nichts. Nun heißt es auf Anfrage unserer Zeitung im grün geführten Ministerium, dass das Ergebnis des Rankings bis zur diesjährigen Sommerpause, spätestens bis zum Ende der Sommerpause, vorgelegt werden soll. Also über ein Jahr später.

Bei den zwölf im Gespräch stehenden Streckenabschnitten geht es etwa um die Aartalbahn zwischen Diez und Wiesbaden beziehungsweise Mainz, die Hunsrückquerbahn zwischen Langenlonsheim, Simmern und Büchenbeuren sowie die Strecke zwischen Koblenz-Lützel und Bassenheim. Auch die Eifelquerbahn zwischen Gerolstein und Kaisersesch gehört zu den Reaktivierungskandidaten im nördlichen Rheinland-Pfalz.

Bei den teuren Inbetriebsetzungen ist das Land auf Fördergelder des Bundes angewiesen. Dafür braucht es eine sogenannte Nutzen-Kosten-Untersuchung. Diese wird von externen Fachbüros erstellt. Eine Ministeriumssprecherin begründet die nun weiteren Verzögerungen damit, dass der Vergabeprozess und die Bearbeitung der Aufträge für die Ingenieurbüro-Leistungen länger als gedacht gedauert habe – auch aufgrund der bundesweit vielen Aufträge für Reaktivierungsuntersuchungen. In Einzelfällen hätten sich auch Abstimmungen mit Partnern außerhalb von Rheinland-Pfalz hingezogen. Nach Angaben des Ministeriums sind inzwischen für alle Bahnstrecken Ingenieurbüros gefunden und beauftragt worden.

Aus einer Tabelle, die unserer Zeitung vorliegt, geht hervor, dass an fünf verschiedene Ingenieurbüros Aufträge vergeben wurden – für die Eifelquerbahn nach Ministeriumsangaben bereits im Frühjahr 2021. Für die Aartalbahn zwischen Diez und Wiesbaden hat das entsprechende Fachbüro allerdings erst Ende Oktober 2024 den Zuschlag erhalten.

Die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) würde am liebsten alle zwölf Reaktivierungsprojekte im Land angehen. Doch das dürfte am fehlenden Geld scheitern.
Harald Tittel/dpa

Fest steht: Die finale Umsetzung von weiteren Reaktivierungen bis zur nächsten Landtagswahl im März 2026 wird nichts mehr, konnte auch gar nicht klappen. Denn die Umsetzung von Reaktivierungen bis zur Inbetriebnahme dauere oft viele Jahre. Für die fest vereinbarte Inbetriebsetzung der Bahnstrecke Homburg – Zweibrücken in der Pfalz „sind die Planungen weit fortgeschritten und Baurecht liegt seit über einem Jahr vor. Trotzdem ist eine Betriebsaufnahme erst Ende 2028 geplant“, so die Sprecherin. Bei der Mehrzahl der Reaktivierungskandidaten sei ebenfalls mit längeren Planungs- und Realisierungszeiträumen zu rechnen.

Gefahrenschilder sind an einem Mast in der neuen Bahnhaltestelle Hafenstrasse Trier angebracht. Die finale Umsetzung von weiteren Reaktivierungen bis zur nächsten Landtagswahl im März 2026 wird nichts mehr.
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Das Mobilitätsministerium will aber nicht abwarten, bis der Landtag über die Reihenfolge der Reaktivierungsprojekte abstimmt. Parallel zu den parlamentarischen Prozessen sollen nach Auskunft der Sprecherin für die erfolgversprechendsten Reaktivierungskandidaten die ersten Planungsschritte unternommen werden, um so auf dem Weg keine weitere Zeit zu verlieren. Für diese einzelnen Projekte wäre dann ein erster Meilenstein gesetzt.

Mobilitätsministerin Eder hatte im vergangenen Jahr erklärt: „Wenn wir dann vor der nächsten Landtagswahl bei einigen Projekten einen Stein ins Wasser werfen, dann haben wir viel erreicht.“ Eder würde am liebsten alle Projekte angehen – das dürfte allerdings am fehlenden Geld scheitern.

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