Rheinland-Pfalz
Analyse: Wie hoch pokert Bernie Ecclestone?

Bernie Ecclestone.

dpa

Rheinland-Pfalz/London – Plötzlich war der mächtigste Mann im internationalen Motorsport am Telefon. Auf dem Display des Mobiltelefons leuchtete "anonymer Anruf" auf. Dann hieß es: "Here is Bernie Ecclestone." Keine große Grußformel, keine Anrede. Wenn der Formel-1-Matador sich meldet, ist das Ehre genug.

Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Spricht man mit Ecclestone, klingt ein hochkomplexes Milliardengeschäft ganz simpel. Das Problem mit Hockenheim? Na klar respektieren wir die Verträge, schallt es da von London nach Mainz. „Die Rennen sind, Moment mal, 2016 und 2018“, meint Ecclestone. Und die werden natürlich gefahren. Hat es da jemals ein Problem gegeben?

Ebenso der Vertrag mit dem Nürburgring. Der Promoter betont mehrfach, dass er mit dem künftigen Eigentümer des Eifelkurses ins Geschäft kommen will. Er hofft auf einen langfristigen Vertrag. Nur die Einnahmen müssen natürlich stimmen, meint der Milliardär. Das Einmaleins des Kaufmanns.

Unerschütterliche Freundlichkeit

Ecclestone ist im Gespräch höflich, fast schon geduldig. Hat man ihn an der Strippe, beantwortet er alle Fragen. Das Problem ist nur, den viel beschäftigten Manager überhaupt erst einmal zu erreichen. Die Mitarbeiter seines Londoner Büros scheinen unerschütterlich in ihrer gelassenen Freundlichkeit. Sie haben schon genug erlebt.

In der Welt des Bernie Ecclestone wird manches zur Miniatur, was andere groß und wichtig finden. Er ist es gewohnt, mit Millionen, Konzernen, Rennteams und den Medien zu jonglieren. Er hat ein gewinnendes Wesen, die konservativen Tugenden eines 83-Jährigen. Er ist gerissen und ausgebufft. Und er gilt als Sphinx – ein undurchschaubares Wesen.

Wie hoch pokert er in der Formel 1? Der Korruptionsprozess in München setzt Ecclestone enorm unter Druck. Auch wenn eine Reihe von Topanwälten einen Schutzwall um den Milliardär errichten, seine Reputation steht auf dem Spiel. Und die braucht er etwa, um hoch dotierte Verträge mit der Automobilindustrie abzuschließen.

Die Frage ist, ob Ecclestone den Nürburgring und den Hockenheimring gegeneinander ausspielt, um bessere Konditionen herauszuhandeln. In Asien, im Nahen und Mittleren Osten wird ihm für die Austragung eines Grand Prix ohnehin weitaus mehr geboten als in Europa. Von Summen von um die 80 Millionen Euro ist die Rede. Aber Ecclestone weiß natürlich, dass eine Formel 1 ohne die europäischen Traditionsstrecken einem alkoholfreien Oktoberfest gleicht. Daher braucht er den Nürburgring mit seiner geradezu legendären Geschichte letztlich mehr als den Hockenheimring.

Es ist durchaus denkbar, dass Ecclestone glaubt, mit dem neuen Ring-Besitzer Capricorn einen langfristigen strategischen Partner gefunden zu haben. Wenn das Geschäftsmodell stimmt, dürfte er am Ende keine Skrupel haben, sich von Hockenheim zu lösen. Die Aufregung in Nordbaden wirkte nicht gespielt. Hockenheim-Geschäftsführer Georg Seiler weiß, was die Uhr möglicherweise geschlagen hat.

Denn zwei Formel-1-Rennen auf deutschem Boden dürfte es nur geben, wenn Porsche sich durchringt, in die Königsklasse einzusteigen. Davon gehen jedenfalls die meisten Formel-1-Experten aus. Für Ecclestone entscheidet am Ende, ob er genug einnimmt – in welchem Modus auch immer. Rückt er von der Fahrerfeldgebühr ab, dürfte er auf eine garantierte Mindesteinnahme drängen. Sonst ist sein Risiko zu hoch.

Capricorn-Geschäftsführer und Ring-Eigentümer Robertino Wild hat sich mehrfach mit Ecclestone getroffen. Er scheint sich seiner Sache sicher. Mit der Ankündigung eines Fünf-Jahres-Vertrags geht er ein Risiko ein. Komplett platzen darf der Deal nicht, sonst steht er in kurzen Hosen da. Den Verführungskünsten Ecclestones sind schließlich schon andere erlegen.

Auf der anderen Seite hat Wild bereits öfters unternehmerischen Mut bewiesen und dabei Erfolg gehabt: etwa mit dem Aufbau des Hightech-Zulieferers Capricorn aus dem Nichts oder dem Kauf des Nürburgrings. Wer hätte einer Firma dieser Größenordnung einen solchen Deal zugetraut?

Lieberberg als Zeichen

Und mit der Trennung von dem langjährigen Rock-am-Ring-Veranstalter Marek Lieberberg zeigte Wild, dass er auch vor großen Namen nicht zurückschreckt, wenn hart verhandelt werden muss. Nun muss das Nachfolgefestival „Grüne Hölle“ nur noch erfolgreich sein. Capricorn und die Deutsche Entertainment AG (Deag) werden alles tun, um große Namen in die Eifel zu bringen. Sie wissen: Der erste Aufschlag prägt die Marke.

Sollte es Wild und seinem Ring-Geschäftsführer Carsten Schumacher gelingen, gewichtige Sponsoren in der Autoindustrie für die Formel 1 aufzutreiben, könnte die Königsklasse zur Initialzündung für den Eifelkurs werden. Ein Ausbau des Testbetriebs auf der Nordschleife wäre eine mögliche Folge – oder Ansiedlungen im angedachten Technologiepark. Je mehr strategische Partnerschaften Capricorn und der Ring eingehen, desto stabiler wird das Geschäft.

Das ist Zukunftsmusik, davor steht die Kärrnerarbeit – Schritt für Schritt. Ein Fünf-Jahres-Plus-Vertrag für die Formel 1 wäre ein solider Grundstein. Mehr als das.

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