Neustadt/Weinstraße
An der Ahr jubeln sie über die Krone der Deutschen Weinprinzessin – Deutsche Weinkönigin wird eine Badenerin
Sina Erdrich ist neue Deutsche Weinkönigin
Sina Erdrich ist neue Deutsche Weinkönigin. Foto: Uwe Anspach/dpa
Uwe Anspach/dpa. dpa

Es ist 22.25 Uhr, als die Spannung ihren Höhepunkt erreicht: Drei junge Damen stehen auf der Bühne, halten sich an den Händen, fiebern der Entscheidung entgegen. Dann fallen die entscheidenden Worte: Die neue Deutsche Weinkönigin heißt – Sina Erdrich. Die 24 Jahre alte Bildungsmanagement-Studentin aus Durbach bei Freiburg setzt sich am Ende durch, doch von Trauer bei Linda Trarbach keine Spur: "Völlig egal", sagte die Dernauerin von der Ahr: "Ich bin ganz, ganz stolz eine Krone für den deutschen Wein tragen zu dürfen - für die Ahr bedeutet das alles."

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Sina Erdrich ist neue Deutsche Weinkönigin
Sina Erdrich ist neue Deutsche Weinkönigin. Foto: Uwe Anspach/dpa
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Die Ahr hat nach der 72. Deutschen Weinkönigin nun eine Deutsche Weinprinzessin, und unter den mitgereisten Fans herrschte Seligkeit: „Sie war für mich die Königin der Herzen“, sagte ein überglücklicher Dernauer Bürgermeister Alfred Sebastian: „Gerade in der jetzigen Situation bedeutet das für die Ahr sehr viel.“ Es habe dem von der Flutkatastrophe so schwer getroffenen Ahrtal „richtig gut getan, dass sie gesagt hat: ich bin für den Aufschwung, ich gehe mit euch nach vorne, dass wir in zehn Jahren schöner sind als vorher – und da trägt sie zu bei.“

Tatsächlich spielte die Flutkatastrophe in dem kleinen Weinanbaugebiet den ganzen Abend hindurch eine wichtige Rolle. „Die Ahr hat eine ungeheure Solidarität in den letzten Wochen erfahren, und wir können alle nur noch Danken“, sagte die scheidende Deutsche Weinkönigin Eva Lanzerath, und beschrieb, wie sie selbst das erfuhr: „Es gab einen Moment, wo ich selbst nicht mehr konnte, und ein Fremder kam und sagte: setz dich hin, ich trag den Eimer. Helfer sind zu Freunden geworden“ – und Hilfe sei weiter nötig.

Immer wieder spielte die große SolidAHRität gegenüber der Ahr eine Rolle, es wurde berichtet von der „Aktion Flutwein“, und im Gegensatz zum Vorentscheid wurden dieses Mal auch Bilder der ungeheuren Zerstörung und der großen Hilfswelle gezeigt. „Die Ahr steht auf“, betonte Eva Lanzerath denn auch: „Wir bauen das Ahrtal wieder auf“, unterstrich sie.

Alle sechs Finalistinnen hatten zudem für das Finale eine Solidaraktion ins Leben gerufen und präsentierten Fotos aus ihren Heimatorten, mancherorts gar von riesigen Herzen aus Menschen. „Wir haben ein Herz für die Ahr“, sagte die Pfälzerin Saskia Teucke, und Sina Erdrich aus Baden berichtete, es habe sich spontan eine Helfergruppe zusammengefunden. „Mein Job ist es an dieser Stelle, Danke zu sagen“, sagte Linda Trarbach, „die Hilfe, die bei uns ankommt, das gibt uns so viel Kraft, die Ahr wieder zu dem zu machen, was sie mal war.“

Gespielt und gerätselt wurde an dem Abend auch: Sechs Kandidatinnen hatten sich vergangenen Samstag in der Vorentscheidung für das Finale qualifiziert, am Freitagabend mussten sie vor einem Millionenpublikum an den Bildschirmen und vor rund 350 Personen im Saalbau Auftreten, Können und vor allem viel Schlagfertigkeit beweisen. Da galt es, bei einer Blindverkostung die richtige Rebsorte zu erraten, oder als „rasende Reporterin“ den ersten Vinomat auf der Zugspitze oder eine Rebe zum Abschied bei Angela Merkel zu kommentieren.

Mit dem Improvisationstheater „Springmaus“ aus Bonn mussten die Kandidatinnen gar regelrechtes Schauspieltalent unter Beweis stellen, ob das als Weinkönigin wirklich nötig ist, blieb fraglich. Saskia Teucke und Linda Trarbach zeigten als fiktives Schwesternpaar aber schon dabei, wie gut sie miteinander harmonierten. Es war aber vor allem Sina Erdrich, die mit viel Schwung und Charme die Mehrheit der Jury von sich bezauberte – der Lohn war am Ende die höchste deutsche Weinkrone. Zu Deutschen Weinprinzessinnen wurden Saskia Teucke aus der Pfalz und eben Linda Trarbach gekrönt, alle drei repräsentieren nun ein Jahr lang den deutschen Wein im In- und Ausland.

Zu den Gratulantinnen gehörte auch Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP): „Ich freue mich als Weinbauministerin sehr, dass die beiden neuen deutschen Weinprinzessinnen aus Rheinland-Pfalz kommen“, sagte Schmitt. Rheinland-Pfalz, und speziell Ahr und Pfalz seien ohne den Weinbau nicht vorstellbar, die beiden Weinprinzessinnen seien nun als hervorragende Repräsentantinnen des deutschen Weins und der rheinland-pfälzischen Lebensart und Lebensfreude in der ganzen Welt unterwegs.

Und die neuen Weinmajestätinnen hoffen auf ein Jahr, in dem das auch möglich ist: ihre Vorgängerinnen hatten stark unter dem monatelangen Corona-Lockdown gelitten. Weinprinzessin Annamaria Löffler legte gar im August vorzeitig ihre Krone nieder und war bei der Gala am Freitag nicht einmal mehr präsent – sogar die Abschiedsrede der scheidenden Weinmajestäten endete mit einem Misston. „Sie drei wurden ein Stück weit durch Corona um ihr Amtsjahr betrogen“, sagte die Chefin des Deutschen Weininstituts, Monika Reule, und dankte: „Sie haben das Beste aus dem gemacht, was möglich war, Sie waren ganz wunderbare Botschafterinnen des deutschen Weins.“

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