Loreley
Abbau gefordert: Bremst die Unesco die Sommerrodelbahn aus?

Die Sommerrodelbahn auf dem Loreley-Plateau ist Landschafts- und Denkmalschützern ein Dorn im Auge. In dieser Woche will die Unesco in Kambodscha entscheiden, ob die Bahn ins Welterbe Oberes Mittelrheintal passt oder nicht. 

Frey-Pressebild

Loreley - Die Sommerrodelbahn auf dem Loreley-Plateau hat Rainer Knecht schon viele schlaflose Nächte bereitet. Erst verfügte das Oberverwaltungsgericht Koblenz Ende 2012 einen 60 Tage währenden Baustopp, der den Betreiber der Freizeitanlage viel Geld und Nerven gekostet hat.

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Von unserem Redakteur Michael Stoll

Jetzt droht die Unesco damit, die in der Abfahrt 700 Meter lange Rodelbahn auf die rote Liste zu setzen. Das Welterbe-Zentrum in Paris und der Internationale Denkmalpflegebeirat Icomos fordern deren Abbau. Wie bei der Koblenzer Seilbahn hieße es dann womöglich: Rodelbahn oder Welterbe-Status. Darüber muss nun das Welterbe-Komitee entscheiden, das von heute an in Kambodscha tagt.

Knecht gibt sich angesichts der dunklen Wolken über seiner Rodelbahn kämpferisch: „Was die in Kambodscha entscheiden, das interessiert mich nicht. Ich habe eine rechtsgültige Baugenehmigung, und insofern ist dies erst einmal Sache der Behörden, die das Ganze genehmigt haben.“ Und er erhält zunehmend Unterstützung aus der Region: Sollte sich die Unesco gegen die Anlage aussprechen, so rufen Bürger aus der benachbarten Ortsgemeinde Bornich jetzt schon für Samstag, 29. Juni, zu einer Demonstration auf dem Loreley-Plateau auf. Bereits am morgigen Dienstag werden die im Rat der Verbandsgemeinde Loreley vertretenen Fraktionen eine gemeinsame Erklärung zum Erhalt der Sommerrodelbahn vor Ort auf der Loreley übergeben.

Mehr als 30.000 Fahrten

Rund 850 000 Euro sind laut Rainer Knecht bislang in die Rodelbahn investiert worden. Seit der Eröffnung am Ostersamstag zählte der Betreiber bereits mehr als 30 000 Fahrten – trotz schlechter Witterung und Hochwasser. Angesichts dieser Zahlen warten viele an der Loreley zurzeit mit Spannung darauf, ob die Unesco tatsächlich den Abbau der Bahn verlangt oder nur eine entsprechende Empfehlung ausspricht. Ist das Aus aber verpflichtend, dann muss eine Menge Fragen geklärt werden: Wird noch Zeit und Gelegenheit sein, um über eine solche Entscheidung zu diskutieren? Wer ordnet den Abbau an, und in welchem Zeitraum muss dieser erfolgen? Und: An welche Adresse werden Regressforderungen des Betreibers gestellt?

Günter Kern, Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, ist optimistisch und hofft, dass die Rodelbahn nicht auf die rote Liste saust. Wenn doch, „dann müssen wir uns das Ganze neu anschauen und den weiteren Prozess diskutieren.“ Kern sagt, er sei dem Projekt gegenüber zunächst skeptisch gewesen. „Dank der Begrünung wird die Rodelbahn heute aber kaum noch als störend empfunden. Auch von den Höhen auf der anderen Rheinseite lässt sich mit bloßem Auge kein großer Einschnitt in die Landschaft erkennen. Allerdings war der Unesco-Vertreter zu einem Zeitpunkt auf der Loreley, als noch gebaut wurde und insofern auch wenig Grün vorhanden war.“ Nicht die Rodelbahn ist für Kern das Problem, vielmehr sind es die bereits errichteten und noch geplanten Windräder. „Hier droht eine viel größere Verschandelung der Landschaft und die Beeinträchtigung des Welterbes.“

Frage einer Klage noch offen

Welterbe und Landschaftsschutz führt auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als Argument und Begründung für seinen Widerstand gegen die Sommerrodelbahn ins Feld. Nachdem die Umweltschützer mit ihrem Eilantrag gegen die Baugenehmigung Anfang des Jahres bereits vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz abgeblitzt sind, lehnte vor wenigen Tagen auch der Rechtsausschuss des Rhein-Lahn-Kreises einen Widerspruch des BUND ab. Der Lahnsteiner Matthias Boller, Mitglied im BUND-Landesvorstand, will erst einmal „abwarten, wie sich die Unesco zu dem Thema verhält. Meines Erachtens wäre es logisch, wenn das Welterbe-Komitee einen Abbau der Rodelbahn verlangen würde.“

Wie aber verhält sich der BUND, wenn in Kambodscha alles ganz anders kommt? Wird der Verband endgültig Klage gegen die Rodelbahn einreichen? Eine Frage, die Boller zurzeit nicht beantworten will und kann. Was er dann aber sagt, klingt nachdenklich: „Wir werden uns auf jeden Fall zusammensetzen und beraten. Wobei ich mich schon frage, ob eine Klage sinnvoll ist. Es sind Fakten geschaffen worden. Die Rodelbahn steht jetzt da, und wir müssen schauen, wie wir das Ganze heilen können. Wir werden die Bahn nicht akzeptieren, wir können sie nur tolerieren. Wichtiger ist aber meines Erachtens, dass wir mit den Entscheidungsträgern über das weitere Vorgehen diskutieren. Es geht doch um die Bedeutung des Welterbes und darum, was dieses Welterbe am Ende noch wert ist, wenn man sich nicht an die damit verbundenen Regeln hält.“

Nicht eine Rodelbahn, sondern das Welterbe und damit die Natur und die Kulturgeschichte müssen nach Ansicht des BUND-Vertreters vermarktet werden. „Da gibt es bereits gute Ansätze wie etwa den Rheinsteig, aber wir möchten mit den Verantwortlichen zusammen weitere gute Ideen für den Tourismus besprechen.“ Während sich begeisterte Rodler auf der Loreley mit bis zu 50 km/h ins Vergnügen stürzen, könnte es also eine langsame Annäherung geben. „Über die Rodelbahn kann im wahren Wortsinn Gras wachsen“, meint Boller. „Wir wollen aber gehört werden und hoffen auf ein Umdenken, was die weitere Entwicklung des Welterbes angeht.“

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