Zahlen aus Rheinland-Pfalz
48 Polizisten sind seit 1945 im Dienst gestorben
Ein mit Blumen und Schutzengeln geschmücktes Holzkreuz steht am Tatort, wo am 31. Januar 2022 ein Mann eine 24-jährige Polizeianwärterin und einen 29-jährigen Polizist erschossen hat, als sie bei einer nächtlichen Streife Wilderer stellen.
Harald Tittel. picture alliance/dpa

Jede Tat gegen Polizeibeamte ist eine zu viel. Dennoch bleiben die Gewaltdelikte gegen Polizisten auf hohem Niveau. In Rheinland-Pfalz sind seit 1945 sogar 48 Polizisten im Dienst gestorben. Am 7. März wird ihrer gedacht. Zahlen aus dem Land.

Am 31. Januar 2022 wurden zwei junge Polizisten im Landkreis Kusel durch einen Wilderer gezielt erschossen – die Tat wühlte ganz Deutschland auf und führte drastisch vor Augen: Polizistinnen und Polizisten leben gefährlich, wenn sie für unsere Sicherheit sorgen. Manchmal geht es gar um ihr Leben. Der 7. März ist der internationale Gedenktag für im Dienst getötete Polizistinnen und Polizisten. Was wird getan, um Taten wie jene bei Kusel zu verhindern oder wenigstens zu verarbeiten? Wir haben in Rheinland-Pfalz nachgefragt.

Der Doppelmord von Kusel, der durch Messerstiche getötete Polizist in Mannheim im Mai vergangenen Jahres sowie der gezielt überfahrene Polizist in Lauchhammer (Brandenburg, 7. Januar 2025) sind Taten, die „die besondere Gefahr des Polizeiberufes jeder einzelnen Polizeibeamtin und jedem einzelnen Polizeibeamten nochmals deutlich vor Augen geführt und das Bewusstsein hierfür geschärft haben“, so Matthias Bockius, Pressesprecher des Innenministeriums in Mainz. In Rheinland-Pfalz sind seit 1945 insgesamt 48 Polizeibeamtinnen und -beamte im Dienst ums Leben gekommen, wie Bockius auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt. „In der überwiegenden Anzahl handelt es sich um Unglücksfälle im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen und deren polizeiliche Aufnahme.“

Für die Bewältigung traumatischer oder belastender Ereignisse im Dienst stehen den Polizeibeamten in Rheinland-Pfalz vielschichtige psychosoziale Unterstützungsangebote zur Verfügung, die unter anderem das Ziel haben, die Gefahr posttraumatischer Beschwerden zu verringern sowie die Dienstfähigkeit nach belastenden Ereignissen zu erhalten, wie Bockius auf Nachfrage erläutert.

Blumen und Kerzen stehen an dem Tatort, an dem Ende Januar 2022 bei Kusel zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden.
Sebastian Gollnow. picture alliance/dpa

„Beispielhaft sei hier das Kriseninterventionsteam (KIT) der Polizei erwähnt. Dieses Team setzt sich aus Fachkräften der Bereiche Psychologie, Sozialberatung und Polizeiseelsorge sowie Krisenhelferinnen und -helfern zusammen. Das KIT ist 24 Stunden an sieben Tagen die Woche erreichbar. Für die Begleitung von Gruppen und Teams, die belastende Sachverhalte gemeinsam reflektieren möchten, gibt es unter anderem die Möglichkeit systemische Beratungen wahrzunehmen“, erklärt Bockius

Ebenso wurde eine Kooperationsvereinbarung zur Unterstützung von Polizisten in psychischen Belastungssituationen zwischen dem Ministerium des Innern und der Landespsychotherapeutenkammer unterzeichnet. „Ein Ziel der Kooperation ist es, dass psychisch belastete Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte möglichst zeitnah eine professionelle psychotherapeutische Versorgung erhalten können. Das Angebot wird durch die Beamtinnen und Beamten auch in Anspruch genommen“, berichtet der Pressesprecher des Innenministeriums.

Delikte Widerstand und tätliche Angriffe am häufigsten

Polizeibeamte, die die Bevölkerung schützen, können eben auch selbst zu Opfern von Gewaltdelikten werden. Laut Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik wurden im ersten Halbjahr 2024 in Rheinland-Pfalz 849 Gewaltdelikte gegen Polizeibeamtinnen und -beamte registriert, 2023 waren es insgesamt 1758 Gewaltdelikte, 2022 lag die Zahl bei 1788.

Dabei sind die Delikte Widerstand und tätlicher Angriff am häufigsten: Im ersten Halbjahr 2024 betrug die Zahl der tätlichen Angriffe 350, Widerstand 373 Delikte. 2023 waren es 668 tätliche Angriffe gegen Polizisten, 2022 sogar 706. Beim Delikt Widerstand wurden 2023 insgesamt 823 Taten in Rheinland-Pfalz registriert, 2022 waren es 814. Gefährliche und und schwere Körperverletzungen bleiben eher die Ausnahme: Im ersten Halbjahr 2024 wurden 12 Delikte dieser Art festgestellt, 2023 betrug die Zahl 33 Delikte und 2022 insgesamt 32.

In mehreren Bereichen bezeichnet sich Rheinland-Pfalz bundesweit als Vorreiter, so zum Beispiel bei dem Einsatz des Distanzelektroimpulsgerätes oder der Bodycam, wie es seitens des rheinland-pfälzischen Innenministeriums heißt.
Arne Dedert. picture alliance/dpa

Mit Blick auf die Zahlen der Polizeistatistik in Rheinland-Pfalz sind die Vorfälle leicht gesunken. „Dennoch befinden sie sich auf einem hohen Niveau. Jede Tat ist eine zu viel“, so Bockius. Gleichwohl ist sich jede polizeiliche Einsatzkraft grundsätzlich des Risikos bewusst, welches mit der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols einhergehen kann.

Das sichere Agieren in gefahrenträchtigen Situationen ist Kernbestandteil polizeilicher Arbeit, weshalb diesbezügliche Schulungsangebote wesentlicher Bestandteil der polizeilichen Aus- und Fortbildung sind. Wie Bockius weiter berichtet, habe die Hochschule der Polizei (HdP) neue Schwerpunkte in der Ausbildung gesetzt und die Vermittlung spezifischer Inhalte intensiviert.

„Rheinland-pfälzische Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind sehr gut ausgebildet und verfügen über eine hochmoderne Ausstattung. In mehreren Bereichen war und ist Rheinland-Pfalz bundesweit Vorreiter, so zum Beispiel bei dem Einsatz des Distanzelektroimpulsgerätes oder der Bodycam.“
Matthias Bockius, Pressesprecher des Innenministeriums Rheinland-Pfalz

So setzt die HdP bei der berufspraktischen Ausbildung verstärkt Schwerpunkte in den Bereichen Einsatz- und Funkkommunikation, Stressmanagement, Resilienz sowie bei Personen- und Fahrzeugkontrollen unter ungünstigen Lichtverhältnissen und unklarer Ausgangslage. Kontrollen zur Nachtzeit sind ebenfalls ein Schwerpunkt in der Ausbildung. Ziel ist die theoretische Erörterung der Grundsätze der Eigensicherung.

„Die vermittelten Inhalte und thematischen Schwerpunktsetzungen unterliegen einer fortwährenden Überprüfung und Anpassung, sodass zum Beispiel relevante Erkenntnisse aus aktuellen Geschehnissen und besonderen Einsatzlagen regelmäßig aufgegriffen und in die Aus- und Fortbildung integriert werden“, berichtet der Pressesprecher des Innenministeriums. „Rheinland-pfälzische Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind sehr gut ausgebildet und verfügen über eine hochmoderne Ausstattung. In mehreren Bereichen war und ist Rheinland-Pfalz bundesweit Vorreiter, so zum Beispiel bei dem Einsatz des Distanzelektroimpulsgerätes oder der Bodycam“, führt Pressesprecher Bockius aus.

Weitere Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik

In der polizeilichen Kriminalstatistik zu Gewaltdelikten gegen Polizeibeamtinnen und -beamte in Rheinland-Pfalz wurden im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 102 Bedrohungen festgestellt, 2023 waren es 203, 2022 waren es 213. Zahlen zum Delikt „Nötigung“: 12 (erstes Halbjahr 2024), 30 (2023), 21 (2022). Jeweils ein Raubdelikt gegen Polizeibeamte ereignete sich im Jahr 2023 und 2022. Aus den „brutalen Morden von Kusel“ sei eine Vielzahl von Erkenntnissen in die Aus- und Fortbildung der Polizei eingeflossen, wie Matthias Bockius, Pressesprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums, erläutert „Schwerpunktmäßig führte dies zu Anpassungen beziehungsweise neuen Schwerpunktsetzungen im Bereich des Schieß- und Einsatztrainings, zum Beispiel bei der Eigensicherung im Kontext von Fahrzeugkontrollen oder dem Agieren bei ungünstigen Lichtverhältnissen.“ ann

Top-News aus der Region

Weitere regionale Nachrichten