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Dernbach

Nach ViaSalus-Insolvenz: „In vielen Kliniken brennt es gerade“

Hoffen, dass sich der Aufschwung im Herz-Jesu-Krankenhaus fortsetzt, der wesentlich mit dem Herzkatheterlabor verbunden ist: der Ärztliche Direktor Dr. Christoph Lerchen (links) und Chefkardiologe Dr. Markus Reinartz.
Hoffen, dass sich der Aufschwung im Herz-Jesu-Krankenhaus fortsetzt, der wesentlich mit dem Herzkatheterlabor verbunden ist: der Ärztliche Direktor Dr. Christoph Lerchen (links) und Chefkardiologe Dr. Markus Reinartz. Foto: Sascha Ditscher

Wenn Dr. Markus Reinartz über seinen Start als Chefarzt für Kardiologie im Herz-Jesu-Krankenhaus in Dernbach spricht, dann sieht er Brachland. „Es gab kaum noch Mitarbeiter, nur noch vier Ärzte und eine Katheterschwester. Meinen Vorgänger habe ich nie kennengelernt. Ich habe bei null angefangen.“ Es ist nicht so, betont der Herzmediziner in der Klinik der insolventen ViaSalus, dass sein Vorgänger Dr. Hartwig Haase das Brachland allein zu verantworten hat. Der habe nach der Eröffnung des Herzkatheterlabors im Jahr 2004 mehr als zehn Jahre dazu beigetragen, dass sich die Herzmedizin in Dernbach erfolgreich entwickelt habe. Als Reinartz im November 2015 nach Dernbach kam, lag die Herzmedizin brach, weil sein Vorgänger Haase sechs Monate vorher gegangen war – und mit ihm weitere Ärzte und Pflegekräfte. „Er wollte sich verändern“, erklärt Dr. Christoph Lerchen, Ärztlicher Direktor der Dernbacher Klinik, knapp.

Lesezeit: 4 Minuten
Einen harten Schlag versetzt Die Trennung von Haase hat der Dernbacher Klinik einen harten Schlag versetzt. Für dieses Haus und vier weitere ViaSalus-Kliniken sucht Sanierer Dr. Reinhard Wichels gerade einen Investor, der entweder kaufen oder als finanzkräftiger Partner einsteigen soll. Der Ärztliche Direktor Lerchen lässt durchblicken, dass der Weggang des Chefkardiologen ...
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Wettstreit um Herzpatienten

Eist eine Konkurrenz, oftmals auf engstem Raum. „Blutigste Konkurrenz“ nennt ein Chefarzt aus der Region den Wettstreit der Katheterlabore um Patienten wie im Westerwald, Neuwied oder in Koblenz, wo es für 100.000 Einwohner vier Labore gibt. Ein Chefarztkollege kritisiert: „Die große Zahl von solchen Laboren hat nichts mehr mit der Patientenversorgung zu tun. Es geht vielen nur noch um Geld und den guten Ruf.“

Das Mainzer Gesundheitsministerium betont: „Dem Land ist es wichtig, keine finanziellen Fehlanreize zu setzen. Daher werden auch nur noch Wiederbeschaffungskosten, keine Anschaffungskosten der Geräte gefördert. Das heißt: Nach Anschaffung des Linksherzkathetermessplatzes, Antragstellung und Herstellung des Einvernehmens mit dem Ministerium erhalten die entsprechenden Krankenhäuser einen jährlichen pauschalen Betrag. Diesen können sie ansparen, um nach Abnutzung damit ein neues Großgerät anzuschaffen.“ Wiederbeschaffungskosten für vollständig stationär genutzte Linksherzkathetermessplätze werden laut Gesundheitsministerium mit einem jährlichen Betrag in Höhe von 82.000 Euro aus pauschalen Fördermitteln gefördert.

Und selbst bei den Wiederanschaffungen können sich Land und Kliniken manchmal nicht auf eine Förderung einigen. So wurden die Messplätze in Dernbach und Montabaur nicht gefördert, weil es kein Einvernehmen gab, der in Hachenburg aber sehr wohl, berichtet das Ministerium. Zwischen 2016 und 2018 sind so landesweit 5,7 Millionen Euro an pauschalen Fördermitteln für insgesamt 24 Geräte geflossen. Laut Herzbericht gab es 2016 in Rheinland-Pfalz 44 Linksherzkathetermessplätze, an denen 32.322 Untersuchungen erfolgten. Demnach kommen 92.109 Einwohner auf einen Herzkathetermessplatz, der Bundesschnitt liegt bei nur 84.543 Einwohnern. Doch Fakt ist auch, dass das Land den Bau der eigentlichen Labore, also der Interventionsräume, sehr wohl fördert.

Und das Land konnte nicht verhindern, dass es im Westerwald erst vor wenigen Jahren zu einer Ballung von Laboren gekommen ist, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. Einer der Chefärzte, die beide ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten, sagt: „Die Kliniken versuchen halt, ihren Kopf über Wasser zu halten. Doch der eigentliche Schlüssel zum Erfolg ist die Bildung von Zentren und eine Zusammenarbeit über Trägergrenzen hinaus. Das ist auch besser für die Patienten, weil nur so die Qualität gesichert werden kann.“ Die Kassen würden zwar mit immer strengeren Personalvorgaben versuchen, dem Wildwuchs bei den Laboren Herr zu werden, doch wie hilflos sie sind, zeigt die Antwort der früheren Chefin der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland, Dr. Irmgard Stippler, auf die Frage unserer Zeitung im September 2016, ob elf Herzkatheterlabore in der Region Koblenz nicht zu viele sind: „Die Labore sind vorhanden und werden auf irgendeine Weise wirtschaftlich betrieben. Doch dies sollte uns eine Lehre sein: Diese Doppelstrukturen zeigen doch, dass mit Mitteln der Versicherten in eine Infrastruktur investiert wurde, die die Qualität der Versorgung nicht verbessert.“

Letztlich, sagt einer der Chefärzte, würde es nur helfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss Mindestmengen und schärfere Qualitätsstandards für Herzkatheterlabore definiert. Dies dürfe aber nicht die flächendeckende Notfallversorgung gefährden. Und die Frage bleibt, ob dies kleine Kliniken auf dem Land nicht in eine neue Notlage bringen würde.

Zweistellige Millionenbeträge sind nach Dernbach geflossen

Die insolvente ViaSalus GmbH und das Land dürften allein deshalb großes Interesse an einem Fortbestand des Mutterhauses des Betreibers von fünf Krankenhäusern haben, weil sie in den vergangenen Jahren zweistellige Millionenbeträge für das Herz-Jesu-Krankenhaus ausgegeben haben. Laut einem Sprecher hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren rund 20 Millionen Euro in Dernbach investiert. Und das Land hat das Krankenhaus laut Mainzer Gesundheitsministeriums seit 2000 mit Fördermitteln in Höhe von 21 Millionen Euro bezuschusst.

ViaSalus hat jetzt auch erstmals eine Bilanz der Neuausrichtung der vergangenen vier Jahre genannt: Demnach stieg die Zahl der adjustierten Fälle in dem Dernbacher Krankenhaus von 8900 im Jahr 2015, über 9500 im Jahr 2016 und 9800 im Jahr 2017 auf 10.600 im Jahr 2018.

ViaSalus ist insolvent: Was heißt das?
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