2018 ist die Mosel von einem schmierigen Teppich überzogen. Schleimig und potenziell auch gefährlich. Blaualgen.
In der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz haben sie die Bakterien untersucht. „Sie haben nicht viel Gift produziert“, sagt der Biologe Dr. Helmut Fischer, „können es theoretisch aber.“ Trübe Aussichten auch im Rhein. „Es ist zu einer starken Algenblüte gekommen“, sagt der Spezialist für Gewässerökologie. Ein Grund: „Die Muscheln, die sie sonst aus dem Wasser filtern, haben dicht gemacht“, erklärt Fischer. Den Schalentieren ist es zu heiß geworden. Zu einem Massensterben wie 2003 bei den Körbchenmuscheln kam es zwar nicht. Doch wenn Rhein und Mosel sich durch den Klimawandel künftig immer öfter auf tropische Temperaturen erwärmen, müssen sich die Rheinland-Pfälzer wohl an den Anblick gewöhnen. „Das ist theoretisch auch in der Lahn möglich“, betont Fischer. Dabei gilt die Faustregel: Je höher die Temperaturen, desto mehr Algen. Und dann steigt auch die Gefahr, dass toxische Arten auftreten. Nicht in schnell fließenden Strömen wie dem Rhein, wohl aber in den stauregulierten Nebenflüssen. Fische hingegen mögen es lieber kühl. Bis 20 Grad sind sie voll in ihrem Element. „Die kritische Marke liegt bei 25 Grad“, sagt Helmut Fischer. „Die Temperatur sollte nicht lange überschritten werden.“ Sonst droht ein Massensterben. Denn Hitze bedeutet für Fische puren Stress. Bei einer Zunahme um 10 Grad verdoppelt bis verdreifacht sich der Stoffwechsel der Tiere. Das Energiedefizit können sie dann nicht mehr durch zusätzliches Fressen ausgleichen. Experten sprechen dann von Hungerstoffwechsel. Bisher kann Fischer da Entwarnung geben: Im Durchschnitt wird die 25-Grad-Marke pro Jahr nur fünfmal überschritten. Das stecken die heimischen Fische in der Regel gut weg. „Fische und Muscheln sind an große Schwankungen im Rhein gut angepasst“, sagt Fischer. Der Lieblingsfisch der meisten Angler etwa ist resistent gegenüber höheren Temperaturen. „Zander sind sehr robust“, erklärt Fischer. Gleiches gelte für Welse, die ursprünglich ohnehin in wärmeren Gewässern zu Hause sind. „Die juckt das nicht sonderlich.“ Die Familie der Lachsfische ist da schon weitaus empfindlicher. Wenn sich etwa mal wieder einer der früher so zahlreichen Salme in den Rhein verirrt, ist es zwar meist kalt. „Die wandern in der Regel im Winter den Fluss rauf“, erklärt Fischer. „Manche halten sich aber vorher schon einige Monate im Fluss auf und wären dann von hohen Temperaturen in ihrem Energiestoffwechsel betroffen.“ Und künftig dürfte sich die Zahl der kritischen Tage mit mehr als 25 Grad kräftig erhöhen. Bei der Bundesanstalt für Gewässerkunde hat man berechnet, dass sich die Bandbreite bis Ende des Jahrhunderts auf bis zu 30 Tage versechsfachen könnte. Dann wird es für einige Arten kritisch bis tödlich. Mit einem Massensterben rechnet Fischer aber nicht. „Denn zu diesem Zeitpunkt werden wir am Rhein eine ganz andere Fauna haben“, sagt der Biologe voraus. Anders ausgedrückt: Wärme liebende Fische wandern zu, Kälte liebende ab. Aber kann es sein, dass der Rhein mal wärmer als 30 Grad wird? „Sehr unwahrscheinlich“, sagt Fischer. „Denn dann steigt auch die Verdunstung an.“