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Koblenz

Wenn das Herz schwach wird: Prof. Feyrer und die Todesangst der Herzpatienten

Von Christian Kunst
Hat es bei seinen Patienten mit Todesängsten zu tun: Herzchirurg Prof. Dr. Richard Feyrer ist seit November 2017 Chefarzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz. Davor war er jahrelang Leitender Oberarzt für Herzchirurgie und stellvertretender Direktor an der Uniklinik Erlangen.  Foto: Thomas Frey
Hat es bei seinen Patienten mit Todesängsten zu tun: Herzchirurg Prof. Dr. Richard Feyrer ist seit November 2017 Chefarzt am Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz. Davor war er jahrelang Leitender Oberarzt für Herzchirurgie und stellvertretender Direktor an der Uniklinik Erlangen. Foto: Thomas Frey

Mehr als 6500 Rheinland-Pfälzer sind 2016 an einer Herzerkrankung gestorben, fast 2500 allein an einem Herzinfarkt. Herzleiden sind seit Jahren die häufigste Todesursache. Fast 32.500 Menschen in Rheinland-Pfalz erkranken jedes Jahr am Herzen und werden in einem Krankenhaus behandelt, mehr als 11.500 allein wegen eines Herzinfarkts. Diese nackten Zahlen finden sich im aktuellen Herzbericht der Deutschen Herzstiftung. Hinter jeder Zahl steckt ein oft dramatisches Patientenschicksal. Prof. Dr. Richard Feyrer, Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz, hat jedes Jahr mit diesen Patienten zu tun. Im Interview mit unserer Zeitung berichtet der 57-Jährige von ihrer Todesangst und darüber, wie er damit umgeht:

Lesezeit: 6 Minuten
Sie haben sich mit anderen rheinland-pfälzischen Herzchirurgen getroffen. Worum ging es dabei? Wir Herzchirurgen sind einerseits Konkurrenten, andererseits aber auch eine relativ kleine Gruppe im Vergleich zu der immer größer werdenden Zahl an Kardiologen. Es ergibt keinen Sinn, gegeneinander zu arbeiten. Wir müssen alle kooperieren. Denn nicht jeder kann und sollte ...
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Der steinige Weg zu einem Koblenzer Herzzentrum

Rheinland-Pfalz. Als Prof. Dr. Richard Feyrer im November 2017 als Chefarzt ans Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz (BWZK) kam, hat er mit seinem Chef, dem ärztlichen Direktor Dr. Norbert Weller, sehr schnell die Idee entwickelt, in Koblenz ein Zentrum für Herzmedizin zu schaffen. Zentraler Ankerpunkt sollte das BWZK werden. Um die Versorgung der Herzpatienten im nördlichen Rheinland-Pfalz mit kurzen Wegen und klaren Anlaufstellen zu optimieren, ist Feyrers Team aber auf die umliegenden Kliniken angewiesen. Doch dort gibt es seit Jahren Zweifel an der Herzchirurgie am BWZK, weil immer wieder Notfallpatienten abgewiesen worden sind und weil zu wenig Patienten operiert wurden.

Und Feyrer musste im ersten Jahr seiner Tätigkeit feststellen, wie schwer es ist, gegen diesen Ruf anzukämpfen. „Wir sind noch nicht so weit, wie ich es mir vorgestellt hätte“, gibt er unumwunden zu. Doch er betont: „Wir haben es bis auf ganz wenige Ausnahmen geschafft, alle Notfallpatienten anzunehmen. Der Ruf des BWZK hat sich dank vieler vertrauensbildender Maßnahmen deutlich verbessert. Und dennoch wird der Vorwurf von einigen Kliniken immer noch erhoben. Fakt ist, dass wir 2018 im Vergleich zum Vorjahr 25 Prozent mehr Eingriffe mit Herz-Lungen-Maschinen hatten. Das waren mehr als 500. Mein Ziel sind in fünf Jahren um die 700.“ Feyrer könnte schon jetzt deutlich mehr Herzpatienten operieren, sagt er, „wenn uns die umliegenden Kliniken nicht nur die Notfallpatienten schicken würden, sondern auch Patienten mit geplanten Herz-OPs. Hier findet aus meiner Sicht ein nicht mehr notwendiger Patiententourismus in andere Herzzentren, teils sogar in anderen Bundesländern, statt“.

Allerdings, berichtet er, läuft die digitale Vernetzung der Herzmedizin in der Region – auch das hat er sich auf die Fahnen geschrieben –, deutlich besser: „Die Herzkatheterfilme von Patienten werden überwiegend nicht mehr per CD herumgeschickt, sondern können online zwischen den Kliniken ausgetauscht werden. Das ist sehr hilfreich, weil wir dann nicht mehr jeden Patienten sehen müssen und schneller entscheiden können.“

Wie groß die Konkurrenz zwischen den Herzmedizinern und Kliniken in der Region ist, zeigt sich laut Feyrer am Beispiel der strukturellen Herzerkrankungen wie Aortenklappen. Bestes Beispiel ist die Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (Tavi), also der Ersatz der Aortenklappe über einen Katheter, der in der Leiste eingeführt wird. Die Operation wird mittlerweile sehr häufig von Kardiologen gemacht, aber nur dort, wo es eine Herzchirurgie gibt. Das ist Pflicht. Viele kardiologische Kliniken wie etwa das Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein würden diese Eingriffe gern anbieten. Das sei auch legitim. Dabei gebe es aber Probleme: „Entweder die Kardiologen fahren in eine Klinik wie das BWZK, wo es eine Herzchirurgie gibt, und operieren dort. Das ist aber aus abrechnungstechnischen und haftungsrechtlichen Gründen schwierig. Oder ein Herzchirurg kommt zu den Kardiologen. Auch das ist schwer zu verhandeln. Hinzu kommt, dass im Gemeinschaftsklinikum immer die Idee bestand, mit uns zusammen eine herzchirurgische Zweigstelle des BWZK aufzubauen, was ich persönlich nicht für sinnvoll halte, weil das erhebliche, nicht notwendige Zusatzkosten verursachen würde.“

Von unserem Redakteur Christian Kunst
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