Rheinland-Pfalz
Tourismusbranche zwischen Hoffen und Bangen: Kommen Betriebe durch die Corona-Zeit?
Symbolbild
dpa

Vor einem Vierteljahr gab es die ersten Lockerungen für das Hotel- und Gastgewerbe in Rheinland-Pfalz. Jetzt sind die Sommerferien zu Ende. Zeit für eine erste Bestandsaufnahme.

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„Kirn statt Kreta.“ „Koblenz statt Korfu“. „Toskana? Nö. Rheinland-Pfalz“: Mit solchen Sprüchen werben Vlexx und die Deutsche Bahn für den Urlaub vor der eigenen Haustür. Besser als diese Slogans der beiden Verkehrsunternehmen könnte es auch die arg gebeutelte rheinland-pfälzische Tourismusbranche kaum auf den Punkt bringen: Urlaub in der Heimat ist in der Corona-Krise eine prima Idee, erspart Reiserückkehrern aus dem Ausland Ärger mit Virentests und bringt Hotels, Pensionen und anderen Unterkünften Geld in die Kassen.

Doch der Zulauf ist längst nicht so groß wie erhofft und reicht nicht aus, um die Branche wieder auf die Beine zu bringen, wie der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Rheinland-Pfalz, Gereon Haumann, betont. „Es ist schlimmer als befürchtet“, die Situation sei „höchst prekär“. So sei im ersten Halbjahr der Umsatz im Gastgewerbe um rund zwei Milliarden Euro und damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa die Hälfte abgesackt, sagte Haumann. Der Verband fordere deshalb die Bundes- und Landesregierung zu weiteren Finanzhilfen für das Gastgewerbe auf, um coronabedingte Insolvenzen zu vermeiden.

Er hätte sich zudem von der Bundesregierung einen „flammenden Appell“ an die Bürger gewünscht, dieses Jahr in Deutschland Urlaub zu machen – „und zwar nicht nur an der See und in den Alpen, sondern auch in der Mitte der Republik“. In Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen stünden jede Menge Kapazitäten leer.

Der Verband sprach sich für eine „umfassende und unbefristete“ Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung für alle Leistungen des Gastgewerbes aus und schloss dabei ausdrücklich auch die Abgabe von Speisen und Getränken ein. Die jetzige Regelung laufe im Winter und damit in einer Zeit aus, in der ohnehin Flaute im Gastgewerbe herrsche, kritisiert Haumann. Den Servicekräften in Außenbereichen von Restaurants und Kneipen solle es zudem endlich erlaubt werden, auf die Gesichtsmasken zu verzichten, wie das ja auch bei den Gästen schon der Fall sei.

Doch auch in düsteren Zeiten gibt es Lichtblicke. Nach Angaben Haumanns kommen beispielsweise Wellness- und Wohlfühlhotels, die meist auf dem Land liegen, über entsprechend große Anlagen verfügen und als Ausgangspunkt für Fahrradtouren und Wanderungen dienen, ganz gut durch die Corona-Krise. Ähnliches gelte für Gastronomiebetriebe mit großen Außenflächen.

Umgekehrt gebe es Probleme in Betrieben mit wenigen Quadratmetern pro Gast, sagte der Dehoga-Präsident. „Wenn heute immer noch teilweise Betriebe – ob Bars, Clubs, Diskotheken oder auch manche Eckkneipen – geschlossen sind, dann müssen wir uns Sorgen machen und Hygienekonzepte entwickeln, die eine Öffnung zulassen“, sagte Haumann. „Umsatz ist immer noch die beste Wirtschaftsförderung.“

Beim Städtetourismus sei die Lage alarmierend, berichtet der geschäftsführende Direktor des Städtetags Rheinland-Pfalz, Michael Mätzig. „Im März, April und Mai ging gar nichts“. Über den Sommer sei nun festzustellen, dass individuelle Reisen inzwischen gut liefen und die Städte voll seien. „Aber bei Gruppen-, Bus- und Schiffsreisen tut sich nach wie vor viel zu wenig. Und aus den für uns wichtigen Märkten USA und Asien kommen so gut wie keine Gäste“, sagt Mätzig.

Nach seinen Angaben geben Tagestouristen laut Studien im Schnitt 35 Euro pro Tag und Person aus, Übernachtungsgäste dagegen 120 Euro. „Dieses Geld, diese Differenz, fehlt, und das ist beträchtlich“.

Nach Angaben der Landesregierung sollen für die Jahre 2020 bis 2022 krisenbedingt zusätzlich 50 Millionen Euro zur Stärkung des Tourismus im Land zur Verfügung gestellt werden. Die Mittel sollen beispielsweise ins Marketing und die öffentliche Tourismusinfrastruktur fließen.

Die aktuelle Buchungslage ist laut Wirtschaftsministerium über alle Regionen hinweg gut. Sie variiere je nach Art der Unterkunft – insbesondere Ferienwohnungen, Ferienhäuser und Campingplätze seien beliebt. Neben den traditionell starken Zahlen im Bereich Tagestourismus und Kurzurlaub wurden nach Einschätzung des Verkehrsministeriums in diesen Ferien auch vermehrt längere Aufenthalte von 7 bis 14 Tagen gebucht.

Viele Familien hätten ihren Urlaub erstmals und auch gleichzeitig länger in Rheinland-Pfalz verbracht. Es gebe viele Anfragen und Buchungen von „Erstbesuchern“ – sowohl aus Rheinland-Pfalz als auch deutschlandweit, was darauf schließen lasse, dass bewusst Urlaub im eigenen Land gewünscht worden sei. „Die statistischen Zahlen liegen zwar noch nicht vor und es ist sicherlich auch mit regionalen Unterschieden zu rechnen, aber die Lage beschreibt den allgemeinen Tenor aus allen Regionen“, sagte Sprecherin Nicola Diehl zur aktuellen Lage.

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