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Tausende Pendler stecken täglich fest: Wut auf die Brückenplaner wächst

Von Michael Stoll, Dirk Eberz
Fast 50.000 Menschen pendeln täglich nach Koblenz, um dort zu arbeiten, raus aus der Stadt wollen mehr als 16.000. Ihnen allen droht jetzt der GAU. Denn alle drei Rheinbrücken – darunter auch die Südbrücke (Foto) – werden beinahe zeitgleich repariert. Ein Planungsfehler? Nein, sagen die Verantwortlichen: Baustellen und Einschränkungen seien alternativlos.
Fast 50.000 Menschen pendeln täglich nach Koblenz, um dort zu arbeiten, raus aus der Stadt wollen mehr als 16.000. Ihnen allen droht jetzt der GAU. Denn alle drei Rheinbrücken – darunter auch die Südbrücke (Foto) – werden beinahe zeitgleich repariert. Ein Planungsfehler? Nein, sagen die Verantwortlichen: Baustellen und Einschränkungen seien alternativlos. Foto: Sascha Ditscher

Patrik Sonnenberg verbringt neuerdings einen Großteil seiner Freizeit im Stau. So wie die meisten der rund 65.000 Pendler auch, die jeden Tag nach Koblenz rein oder aus Koblenz raus müssen. Sonnenbergs persönlicher Rekord: 1,5 Stunden von Neuhäusel (Westerwaldkreis) bis zu seinem Arbeitsplatz in Mülheim-Kärlich. Eine Strecke, die er bei freier Fahrt auch schon mal in 17 Minuten geschafft hat. Aber wann gibt es das schon. „Ab 7 Uhr kann man es auf der Südbrücke vergessen“, sagt er. Baustelle eins. Dann über die B 9 durch Koblenz. „Die Europabrücke ist ja praktisch auch immer dicht“, ärgert er sich. Auch ganz ohne Baustelle. Danach geht's dann halbwegs.

Lesezeit: 4 Minuten
Bisher konnte er wenigstens noch über die A 48 fahren. Vorbei. Baustelle zwei. Bendorfer Brücke. Auch hier hat er die Gewissheit: Dauerstau im Berufsverkehr. Deshalb nutzt er die Gleitzeit seiner Firma und fährt etwas früher los. Meist gegen kurz nach 6 Uhr. „Früher war man da zusammen mit zwei, drei anderen ...
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Der Koblenzer Dreierschlag bei der Brückensanierung erntet bei Facebook Hohn und Spott

Sven Schaller: Es kann nicht sein, dass drei der Hauptverkehrsstraßen von und nach Koblenz gleichzeitig beeinträchtigt werden. A 48, Südbrücke und jetzt noch die Pfaffendorfer. Wer hat denn da die Planung zu verantworten? Jeden Tag Staus und Verkehrsbehinderungen in einer Stadt wie Koblenz mit null Aussicht auf Verbesserung in den nächsten Jahren ist eine katastrophale Prognose.

Lucas Faust: Ich sehe das positiv und werde den „Staufreunde Koblenz“ gründen. Für einen kleinen Mitgliedsbeitrag liefern wir dann Trinken, Essen, Live-Musik und Schwimmwesten für unsere Mitglieder. Den Anfang macht dann die Südbrücke, gefolgt von der Pfaffendorfer Brücke. Ein Bombengeschäftsmodell für die kommenden drei Jahre.

Brigitte Zerfass: Viel Spaß auf der Bendorfer und auch Südbrücke. Ich frage mich, warum alle Brücken fast zur gleichen Zeit instand gesetzt werden müssen. Natürlich geht Sicherheit vor – aber alles kann vernünftig geplant werden.

Thomas Kohl: Eine Luftbrücke sorgt dann für die Verpflegung der Koblenzer Bürger.

Thomas Glomb: Die Chaosplaner von Koblenz bauen sich selbst zu.

Salome Thomas Knopp: Das Beste ist die Pfaffendorfer Brücke. Wenn alles gut geht, ist die neue Brücke in vier Jahren fertig. Die können doch nicht ganz knusprig sein. In der Zeit bauen die Saudis doch eine ganze Stadt.

Herbert Kaufmann: Was bin ich froh, dass ich seit dem 1. April pensioniert bin.

Andreas Lucas: Ihr spinnt! Drei eingeschränkte Brücken durch und über Koblenz bei dem ganzen Verkehr. Und dann redet man von Ökologie, Umweltschutz, Luftverschmutzung und so weiter.

René Güls: Die Stadt wird bei ihren Aprilscherzen auch immer kreativer.

Andrea Jonas: Ich stelle mir ein Bett ins Büro.

WA TI: Ist ja wunderbar! Da haben sich wirklich viele studierte Menschen ihre Gedanken gemacht und entschieden: Wir machen die Südbrücke und die Pfaffendorfer Brücke zur gleichen Zeit! Es ist echt zum Mäusemelken, so was ist unsere Politik, unser Staat!

Wissing: Von Pfaffendorfer Brücke „aus der Presse“ erfahren

Koblenz/Mainz. Das Mainzer Verkehrsministerium will mit der chaotischen Lage in Koblenz nichts zu tun haben. Im Haus von Minister Volker Wissing (FDP) ging man bis vor Kurzem nur von einer Sanierung der Bendorfer Rheinbrücke und der Südbrücke aus. Dass nun auch die Pfaffendorfer Brücke derart marode ist, dass die Arbeiten sofort beginnen müssen, erfuhr man „aus der Presse“. Der Schwarze Peter landet also bei der Stadt.

Die saß laut Ministerium mit am Tisch, als im April 2018 über die Baumaßnahmen an Autobahn und Bundesstraße gesprochen wurde. Zuständig sind der Landesbetrieb Mobilität des Autobahnamtes Montabaur und der LBM Cochem-Koblenz. Damals haben die drei Parteien „keine nennenswerte Beeinträchtigung gesehen, welche eine gleichzeitige Abwicklung dieser beiden Bauprojekte ausschließt“.

Man bezog sich dabei auf Erfahrungen mit Tagesbaustellen auf der Südbrücke. Als diese den Verkehr kurzzeitig beeinträchtigten, seien riesige Staus außerhalb der Stoßzeiten auch bei einem einspurigen Verkehr ausgeblieben. Will heißen: Die Experten gingen davon aus, dass es auch im Falle der nun laufenden Sanierungen nicht zu elend langen Wartezeiten kommen würde.

Allerdings heißt es in der Antwort des Ministeriums auch: „Es wurde jedoch immer darauf hingewiesen, dass die grundhafte Instandsetzung der Südtangente während der Stoßzeiten Rückstaus und Beeinträchtigungen erzeugen wird.“ Die Pfaffendorfer Brücke war demnach nie als Ausweichtrasse vorgesehen. Das aktuelle Szenario, bei dem gleich drei tragende Säulen des Koblenzer Verkehrs einbrechen, wurde nicht einmal als Notfall durchgespielt.

Dass allerdings auch an der städtischen Brücke eine Sanierung kommen muss, war durchaus einkalkuliert – für einen späteren Zeitpunkt: „erst nach Umsetzung der Maßnahmen des LBM“. Im Mainzer Ministerium erklärt man sich die fehlende Kommunikation seitens der Stadt nun so: „Wir gehen davon aus, dass die Schadensfeststellung und Entscheidung sehr kurzfristig erforderlich war. Bis heute liegt uns keine offizielle Information seitens der Stadt vor.“

Eine Entlastung ist derweil nicht in Sicht. Wäre es nicht denkbar, die Südbrücke als zweite Rheinüberquerung aufrechtzuerhalten – und zunächst nur die Zubringer zu sanieren? Der LBM unterscheidet hier zwischen zwei verschiedenen Maßnahmen. Zum einen wird die Vorlandbrücke Oberwerth gemeinsam mit der Laubachbrücke instand gesetzt. Außerdem finden Arbeiten an den Rampen statt, die den Pendelverkehr – beispielsweise aus dem Hunsrück – zuführen. Ein Baustopp an Oberwerth- und Laubachbrücke kommt allerdings aus finanziellen Gründen nicht infrage: „Die Instandsetzung der Vorlandbrücke Oberwerth ist an eine Baufirma vergeben. Eine Unterbrechung der Arbeiten ist nicht Gegenstand des Vertrags und wäre mit einem erheblichen Kostenaufwand verbunden“, schreibt das Ministerium. Carsten Zillmann

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