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Rheinland-Pfalz

Staatsanwaltschaft wertet Ahr-Gutachten aus: Entlastet oder belastet die Bewertung jetzt Verantwortliche?

Von Ursula Samary
An Brücken im Ahrtal hatte sich in der Flutnacht im Juli 2021 viel Treibgut verfangen und die Wassermassen zusätzlich gestaut – mit verheerenden Folgen, wie das jetzt vorliegende hydrologische Gutachten erläutert. Es liegt der Staatsanwaltschaft Koblenz nun vor.  Foto: Boris Rößler/dpa
An Brücken im Ahrtal hatte sich in der Flutnacht im Juli 2021 viel Treibgut verfangen und die Wassermassen zusätzlich gestaut – mit verheerenden Folgen, wie das jetzt vorliegende hydrologische Gutachten erläutert. Es liegt der Staatsanwaltschaft Koblenz nun vor. Foto: Boris Rößler/dpa

Wann war die für 134 Menschen tödliche Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 für wen an der Ahr abzusehen? Hätten frühere Warnungen viele Leben retten können? Die Fragen treiben den U-Ausschuss des Landtags um, aber auch die Koblenzer Staatsanwaltschaft.

Lesezeit: 3 Minuten
Sie ermittelt seit August 2021 gegen den Ahrweiler Ex-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und ein weiteres Mitglied des Krisenstabs wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassung. Verschafft ihr jetzt ein neues hydrologisches Gutachten mehr Klarheit? Das lässt sie noch offen, ebenso die Frage, ob es Verantwortliche entlaste. Den ...
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Was wusste Innenminister Lewentz wann in der Flutnacht? Zeuge sagte erneut im U-Ausschuss aus

Nein, er wolle seine Aussage aus der ersten Befragung im Flutuntersuchungsausschuss nicht korrigieren. „Es gibt auch keinen Grund dazu“, sagt Journalist Markus „Willi“ (Künstlername) Willig – schwarzes Sakko und Hemd, robuste Statur, Glatze, eine schillernde Figur – bei seiner zweiten Vernehmung am Donnerstag im Mainzer Landtag. Damit sorgte der 53-Jährige für eine Überraschung.

Viele im und rund um den Untersuchungsausschuss waren davon ausgegangen, dass der Journalist, der am Abend des 14. Juli 2021 im Ahrtal unterwegs war und von dort in Livevideos berichtete, seine Aussagen korrigieren möchte. Doch dazu kam es nicht.

Rückblick: Willig hatte Mitte Juli erklärt, dass er am 14. Juli vergangenen Jahres gegen 19.45 Uhr mit dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (SPD) telefonierte. Die beiden kennten und duzten sich. Willig sitzt als Parteiloser für die SPD im Ortsgemeinderat Fachbach im Rhein-Lahn-Kreis, in dem auch der Innenminister zu Hause ist. Der 53-Jährige ist außerdem der Marktmeister des Bartholomäusmarkts in Bad Ems. Lewentz sei am 14. Juli 2021 nach seinem Besuch in der Technischen Einsatzleitung (gegen 19.20 Uhr) in Bad Neuenahr-Ahrweiler auf dem Rückweg gewesen. Im Telefonat mit ihm habe Lewentz von Zuständen, „die katastrophal und wirklich schlimm sind“ gesprochen, hatte der Selbstständige erklärt. Lewentz habe ihm berichtet, dass in Schuld ein Haus eingestürzt sein soll.

Der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD) hatte nach Willigs Befragung mitgeteilt, dass sich der Zeuge an das Innenministerium gewandt habe und informiert habe, seine Aussage sei von der Presse „missverstanden worden“. Das Gremium beschloss daher einstimmig, den Zeugen noch einmal zu vernehmen.

Die Aussagen von Willig waren durchaus von Brisanz. Denn letztlich geht es um die Frage, wann der Innenminister von der Situation in der Ortschaft Schuld erfuhr. Sollte Lewentz früher am Abend Kenntnis gehabt haben – so wie es sich nach Willigs Aussage zum Telefonat darstellt und wofür es nach gut unterrichten Kreisen Indizien gebe – wäre seine Erklärungen zweifelhaft, bis spät nachts von einem „starken Hochwasser“ und nicht von einer Katastrophe ausgegangen zu sein. Das würde zur Frage führen, was der SPD-Politiker genau veranlasst hat, um Menschenleben zu retten.

Spannend: Nach Willigs erster Befragung hatte sich Philipp Staudinger, Leiter des Ministerbüros von Roger Lewentz, beim Journalisten telefonisch gemeldet – nachdem Willig Lewentz eine „private E-Mail“ geschickt habe. Anschließend schrieb Staudinger Willig eine E-Mail. In der hieß es: „In meiner Eigenschaft als Büroleiter habe ich mich bei Ihnen telefonisch zur Klärung Ihres Anliegens gemeldet. In diesem Telefonat teilten Sie mir mit, dass Sie sich in der öffentlichen Berichterstattung missverstanden wiedergegeben fühlen, da Sie lediglich von einem ,beschädigten Haus' und nicht von einem ,eingestürzten Haus' in der Gemeinde Schuld berichtet hätten.“

Doch Willi Willig blieb nun zunächst dabei. Er wolle seine Aussage nicht korrigieren. Die Frage, ob es denn zutreffe, dass er gegenüber Staudinger die Formulierung klargestellt habe, verneinte der Journalist. Er sagte: „Ich bleibe dabei – es ging um ein eingestürztes Haus – so war es.“ Willig erklärte, es habe nach seiner ersten Befragung Medienberichte gegeben, „in denen die Frage um ein eingestürztes Haus potenziert wurde“. Klarstellen wolle er, dass weder die Rede von fünf Häusern noch von Todesopfern gewesen sei. Welche Medien dies so berichteten, teilte er nicht mit.

Welche Formulierung genau gefallen war, daran könne er sich nicht mehr erinnern: „Mir war sie auch nicht wichtig. Wir haben über ein eingestürztes, beschädigtes, weggespültes Haus gesprochen.“ Später sagte er, man habe definitiv über ein „kaputtes“ Haus gesprochen, an mehr beziehungsweise den genauen Wortlaut könne er sich nicht mehr erinnern. Bastian Hauck

Flutkatastrophe im Ahrtal
Rheinland-Pfalz
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