Flughafen Hahn

Showdown um Airport Hahn? Lokalpolitiker spricht von „D-Day” im Hunsrück

Von Jens Albes
Der erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde Kirchberg, Wolfgang Wagner (CDU), spricht in Bezug auf die Hahn-Entscheidung von „D-Day” - ein Begriff, der mit dem Zweiten Weltkrieg und der Befreiung Europas von Hitler-Deutschland verknüpft ist.
Der erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde Kirchberg, Wolfgang Wagner (CDU), spricht in Bezug auf die Hahn-Entscheidung von „D-Day” - ein Begriff, der mit dem Zweiten Weltkrieg und der Befreiung Europas von Hitler-Deutschland verknüpft ist. Foto: picture alliance/dpa | Thomas Frey

Im Bieterwettbewerb um den insolventen Hunsrück-Airport könnte es diese Woche zur Entscheidung kommen – ein Politiker spricht gar von einem „D-Day“. Zurzeit gibt es gleich zwei unterschriebene Kaufverträge. Der Hunsrück ist in der Geopolitik angekommen.

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Besucher betrachten im Hangar des Flugzeug-Wartungsunternehmens Hangar 901 Flugzeuge. Wem der Airport Hahn demnächst gehört, ist weiter offen.
Besucher betrachten im Hangar des Flugzeug-Wartungsunternehmens Hangar 901 Flugzeuge. Wem der Airport Hahn demnächst gehört, ist weiter offen.
Foto: picture alliance/dpa | Thomas Frey

Im internationalen Verkaufspoker um den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn könnte es am Donnerstag zum Showdown kommen. Der 30. März könnte „der spannendste Tag der letzten Jahrzehnte für die Verbandsgemeinde Kirchberg werden“, sagt ihr Erster Beigeordneter Wolfgang Wagner (CDU). Er spricht von einem „D-Day“ im Hunsrück.

In Flughafenkreisen heißt es aber auch, womöglich könnte es dann im Bieterwettbewerb unter anderem mit einem russischen Investor und einem türkischen Interessenten lediglich eine Vorentscheidung der Gläubiger geben. Oder eine Abstimmung wird verschoben.

Rückblick
Im Februar 2023 hat Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner angekündigt, er wolle bis Ende März zu einer Lösung kommen. Am 30. März sind nun am Insolvenzgericht Bad Kreuznach Gläubigerversammlungen von vier Schwestergesellschaften des Airports Hahn im Fünf-Minuten-Takt terminiert. Sie könnten somit zu einer einzigen Versammlung zusammengefasst werden.

Erwartet wird, dass Plathner nun hinter verschlossenen Türen einen Abstimmungsvorschlag zu einem oder mehreren Investoren präsentiert. Die insolvente Betreibergesellschaft Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH, an der das Land Hessen noch 17,5 Prozent hält, hat einen eigenen Gläubigerausschuss und benötigt daher keine Gläubigerversammlungen.

In Flughafenkreisen wird vermutet, dass der Ausschuss rasch nach den Versammlungen zusammenkommt, womöglich noch am selben Tag. Entscheidungen der Gläubigerversammlungen muss er noch zustimmen.

Die Mainzer Immobilien-Firmengruppe Richter und die NR Holding AG des Nürburgrings um den russischen Unternehmer Viktor Charitonin haben beide schon einen Kaufvertrag unterzeichnet und jeweils eine Kaufsumme für den Flughafen auf ein Treuhandkonto überwiesen – allerdings noch ohne grünes Licht der Gläubiger der Hahn-Schwestergesellschaften und ohne Lizenz für den Flugbetrieb.

Interesse aus der Türkei

Zudem hat Plathner den Investorenprozess wieder geöffnet. Nun hat unter anderem auch der türkische Flughafenbetreiber YDA Interesse am Hahn bekundet. Gibt es also inzwischen mehr als zwei unterzeichnete Kaufvereinbarungen?

Plathner teilt mit: „Es sind keine weiteren Verträge geschlossen worden.“ Das ist der Stand vom Freitag (24.3.) – ein kurzfristiger Kaufvertrag eines dritten Interessenten mit einer die Konkurrenz überbietender Kaufsumme wird in Flughafenkreisen nicht ausgeschlossen.

Die Kritik an Charitonin ist politisch. Sie geht in eine populistische Richtung.

Der Anwalt des Hahn-Betriebsrats, Georg Wohlleben, hat keine Bedenken gegenüber dem Interessenten aus Russland.

Der Chef der Richter-Gruppe, Wolfram Richter, sagt gleichwohl: „Ich bin guten Mutes, dass der Hahn zu uns kommt.“ Er bekräftigt, dass sein Unternehmen den Flugbetrieb im Hunsrück fortführen würde. Weiter sagt Richter: „Nach der neuen Öffnung des Verkaufsprozesses haben wir unser Kaufangebot nicht mehr verändert.“

Dieses liegt somit unter der Offerte der NR Holding AG. Die Besitzgesellschaft der Eifel-Rennstrecke Nürburgring hat nach dpa-Informationen rund 20 Millionen Euro für den Airport überwiesen – und damit eigentlich mehr Erfolgschancen.

Habeck prüft den Verkauf nach Russland

Ihr russischer Mehrheitsaktionär Charitonin zieht allerdings angesichts des Angriffskrieges seines Heimatlandes gegen die Ukraine auch Kritik auf sich – das Bundeswirtschaftsministerium prüft schon länger einen Hahn-Verkauf an ihn gemäß dem Außenwirtschaftsgesetz.

Auf einer Sanktionsliste steht Charitonin jedoch nicht. Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums gehört der Airport Hahn mit seiner eher seltenen Nachtfluggenehmigung nicht zur kritischen Infrastruktur – aus Sicht der Landesregierung von Rheinland-Pfalz dagegen schon.

Keine einfache Situation also für die NR Holding AG. Sie hat nach eigenen Angaben Anwaltskanzleien beauftragt, rechtliche Schritte gegen die erneute Öffnung des Hahn-Verkaufsprozesses zu prüfen: „Es gibt ja längst zwei unterschriebene und notariell beurkundete Kaufverträge.“

Der Anwalt des Hahn-Betriebsrats, Georg Wohlleben, sagt, sein Mandant habe keinen Favoriten im Bieterverfahren – und keine Bedenken gegen den russischen Pharmaunternehmer Charitonin. Wohlleben verweist auf die „1-A-Performance“ am Nürburgring. Die legendäre Rennstrecke sei wirtschaftlich erfolgreich auf Basis eines soliden Konzepts.„Die Kritik an Charitonin ist politisch. Sie geht in eine populistische Richtung“, urteilt der Rechtsanwalt.

Sommerflugplan läuft am Hahn

Am Sonntag (26.3.) begann der Sommerflugplan. Damit fliegen die Airlines laut Plathner vom Hunsrück aus „38 Ziele an, also genauso viele wie im vergangenen Jahr zur selben Zeit“. Weiter erklärt der Frankfurter Jurist: „Der Flughafen Frankfurt-Hahn sieht eine mindestens genauso hohe Buchungsrate wie im vergangenen Jahr und erwartet eine Zunahme bei der Anzahl der bedienten Strecken.“

Das Frachtgeschäft ist noch nicht wieder im Aufwind. Plathners Sprecher erläutert: „Im Durchschnitt hat Frankfurt-Hahn in den ersten beiden Monaten 2023 fast genauso viele Flugbewegungen von Fracht-Airlines verzeichnet wie im Vorjahr – 96,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“ Die Fracht habe von Januar bis Mitte März 2023 um 8,5 Prozent unter der des Vorjahreszeitraums gelegen.