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Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfälzische Landesregierung übt Kritik an Flüchtlingsabkommen: Nutzt Boris Johnson Ruanda aus?

Flüchtlingscamps in Ruanda sind gut ausgestattet und bieten den Bewohnern Möglichkeiten zur Ausbildung – diese Erfahrung haben Mitglieder des Partnerschaftsvereins gemacht, die sich mit dem rheinland-pfälzischen Partnerland gut auskennen.  Foto: XinHua/dpa
Flüchtlingscamps in Ruanda sind gut ausgestattet und bieten den Bewohnern Möglichkeiten zur Ausbildung – diese Erfahrung haben Mitglieder des Partnerschaftsvereins gemacht, die sich mit dem rheinland-pfälzischen Partnerland gut auskennen. Foto: XinHua/dpa

In allerletzter Minute kam der Stopp. In allerletzter Minute verhinderte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg einen geplanten Abschiebeflug mit illegal nach Großbritannien eingereisten Menschen nach Ruanda. Die britische Regierung hatte vergangene Woche erfolglos versucht, sie ins afrikanische Land zu schicken.

Lesezeit: 6 Minuten
Sie hat hierfür mit dem Partnerland von Rheinland-Pfalz eine Abmachung geschlossen. Und rund 140 Millionen Euro zugesagt, außerdem soll es Geld für die Verpflegung und Ausbildung der ausgewiesenen Menschen geben. Die Migranten, gleich welcher Nationalität, sollen ihren Asylantrag in Ruanda stellen, dort vor Ort untergebracht werden. Und nicht mehr nach ...
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Bill of Rights: London will sich über europäisches Menschenrechtsgericht hinwegsetzen

Die britische Regierung will den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht mehr als letzte Instanz in Menschenrechtsfragen akzeptieren. Das machte der britische Justizminister Dominic Raab am Mittwoch im Parlament in London bei der Vorstellung eines entsprechenden Gesetzentwurfs deutlich.

Das als Bill of Rights bezeichnete Gesetz werde sicherstellen, dass der britische Supreme Court in Menschenrechtsfragen künftig das letzte Wort habe, sagte Raab im Unterhaus. Zudem solle das geplante Gesetz auch dafür sorgen, dass einstweilige Verfügungen des Gerichts mit Sitz in Straßburg in Großbritannien nicht mehr bindend seien.

Zugang zu Asylverfahren in Großbritannien verweigert

Hintergrund ist, dass in der vergangenen Woche der Gerichtshof für Menschenrechte einen ersten Flug mit Asylsuchenden aus Großbritannien nach Ruanda im Rahmen einer neuen Flüchtlingspolitik per einstweiliger Verfügung gestoppt hatte. Die Regierung in London hatte sich empört geäußert, da britische Gerichte zuvor in allen Instanzen Anträge für einen Stopp des Flugs abgelehnt hatten.

Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will Menschen von der illegalen Einreise in kleinen Booten über den Ärmelkanal abhalten, indem sie ihnen den Zugang zu einem Asylverfahren in Großbritannien verweigert. Stattdessen sollen die Migranten nach Ruanda geschickt werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen. Ein entsprechendes Abkommen hatte Innenministerin Priti Patel im April unterzeichnet. London hatte zugesagt, dem ostafrikanischen Land dafür zunächst 120 Millionen Pfund (knapp 140 Millionen Euro) zu überweisen.

Statt eines Austritts droht nun die Aushöhlung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist ein europäisches Gericht, aber keines der Europäischen Union. Stattdessen gehört es zum Europarat, wo auch Großbritannien bislang weiterhin Mitglied ist. Vor dem Gerichtshof können wegen des Verdachts auf Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention Klagen gegen alle 46 Mitgliedsstaaten eingereicht werden.

Einen Austritt aus der Menschenrechtskonvention, wie ihn zuletzt Russland vollzogen hat, und den konservative Politiker in Großbritannien immer wieder fordern, lehnt die Regierung bislang ab. Hintergrund ist unter anderem, dass die Teilnahme an der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausdrücklich in dem als Karfreitagsabkommen bezeichneten Friedensschluss in Nordirland und dem Brexit-Handelsabkommen zwischen London und Brüssel vorgesehen ist.

Doch statt eines Austritts droht nun die Aushöhlung, fürchten Kritiker. Die Opposition kritisierte das Gesetzesvorhaben scharf. Die rechtspolitische Sprecherin der Labour-Partei, Rachel Reeves, bezeichnete den Bill of Rights als „Schwindel“. Das Gesetzesvorhaben enthebe die Regierung der Verantwortung, Menschenrechtsverstößen vorzubeugen, sagte Reeves. Im Hinblick auf die russische Invasion in die Ukraine sagte sie: „Was für eine erstaunliche Heuchelei von dieser Regierung, anderen zu predigen, wie wichtig es ist, Rechte im Ausland zu verteidigen, während sie Briten zu Hause weggenommen werden.“

Auch Menschenrechtsorganisationen zeigten sich alarmiert. Amnesty International UK beschrieb den Plan als „riesigen Rückschritt für die Rechte der einfachen Menschen.“ Auch die Juristenvereinigung Law Society kritisierte das Gesetzesvorhaben. Dieses führe dazu, dass einige Menschenrechtsverletzungen in Großbritannien akzeptabel würden, sagte die Präsidentin Stephanie Boyce der BBC zufolge. Außerdem verleihe es dem Staat größere Macht über seine Bürger – eine Macht, die dann alle künftigen Regierungen hätten, unabhängig von ihren Zielen und Werten. dpa

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