Rheinland-Pfalz

Renaissance des Urlaubs in der Heimat: Kann Rheinland-Pfalz als Reiseziel davon profitieren?

Von Julia Cebella, Michael Bauer, Ira Schaible
Eine Gruppe Urlauber sitzt auf einem Campingplatz.
Eine Gruppe Urlauber sitzt auf einem Campingplatz. Foto: picture alliance/dpa | Guido Kirchner

Cafés und Biergärten öffnen, der Sommer naht, die Inzidenzwerte sind so tief wie lange nicht mehr – und der lang ersehnte Urlaub steht vor der Tür. Die Reisen dürften unter dem Eindruck von mehr als einem Jahr Corona-Pandemie bei vielen Menschen anders ausfallen als sonst vielleicht üblich: sparsamer und regionaler.

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„Die Menschen werden ihr Geld nicht in eine Reise, die sie immer schon einmal machen wollten, investieren“, sagt der Professor für Soziologie und Präsident der Universität Trier, Michael Jäckel. „Das Risiko, dass bei einer Fernreise etwas schiefgehen könnte, ist viel zu groß.“

Stattdessen werden die Urlauber „die Schönheit der Regionen und der Heimat“ entdecken wollen und erhoffen sich dabei ein „starkes Sicherheitsgefühl“, erwartet der Konsumforscher. Die Menschen würden auch weiterhin sorgsam mit ihren Finanzen umgehen, um für weitere Krisen gewappnet zu sein. Zwar könne es sein, dass sich die Urlauber „statt des 3-Sterne-Hotels für den Tapetenwechsel im Urlaub sicherlich auch mal eins mit vier Sternen gönnen“. Die meisten werden aber nach Einschätzung des Professors nicht bereit sein, ihr Erspartes für einen luxuriösen Risikourlaub in Pandemiezeiten auszugeben.

Die Einschätzung des Trierer Konsumforschers deckt sich mit den Erwartungen von Gereon Haumann, der als Präsident des rheinland-pfälzischen Landesverbandes im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) die Trends genau verfolgt. „Ich gehe fest davon aus, dass die Deutschen reisen werden, sobald sie dürfen und können“, sagt er. Reisen in Deutschland seien wieder möglich, und da wieder viele Bereiche offen sind, könnten Urlauber das „mit allen Sinnen“ genießen, also beispielsweise auch in der wiedereröffneten Innengastronomie und in Wellness- und Freizeitbereichen der Hotels.

„Wir werden eine Abkehr von Pauschal- und Fernreisen und eine Renaissance der Reisen innerhalb Deutschlands erleben“, ist sich Haumann sicher. Der Grund: „Reiseziele müssen zukünftig sicher sein. Und sie müssen individuell erreichbar sein in einem Zeitraum von zwei bis drei Stunden mit dem Auto oder Zug.“

Und genau von diesem Wunsch könnte nach seiner Einschätzung die heimische Tourismusbranche profitieren. Rheinland-Pfalz habe aufgrund seiner Lage einen „riesigen geografischen Vorteil“, da etwa 50 Millionen Deutsche das Bundesland innerhalb dieser Zeitspanne erreichen könnten. „Insofern sind wir aufgerufen, mit einem guten Qualitätsangebot zu fairen Preisen in der Mitte Deutschlands 50 Millionen Menschen ein Reiseangebot zu machen, das dann auch in großer Menge nachgefragt werden wird“, erklärt der Dehoga-Präsident.

Haumann rechnet aufgrund geringerer Kapazitäten und erhöhter Aufwendungen mit moderaten Preiserhöhungen, „die aber fair kalkuliert sind und für die die Gäste sicherlich Verständnis haben, wenn die Leistung dazu passt“. Von pauschalen Corona-Aufschlägen etwa für Tests und Desinfektionsmittel halte der Verband nichts. „Wir ermuntern die Betriebe, die eigene Kostensituation zu kalkulieren und – darauf basierend – die Verkaufspreise festzulegen“, sagt er. Bei der angestrebten „Qualitätsführerschaft“ von Rheinland-Pfalz gehe es darum, dass „Preis und Leistung in einem guten Verhältnis stehen – und nicht um Billigangebote“.

Den einen oder anderen Euro könnten Urlaubswillige sparen, wenn sie ihre Buchung nicht auf die lange Bank schieben, rät er. Die Nachfrage innerhalb Deutschlands werde sehr groß sein. „In einer solchen Situation, wenn die Nachfrage viel höher ist als das Angebot, kann es sein, dass die Preise steigen.“ Das Risiko für Frühbucher ist nach seiner Einschätzung überschaubar. „Für den im Moment nicht absehbaren Fall einer nochmaligen Verschärfung der Reisebedingungen bieten viele Hoteliers ihren Gästen großzügige Stornomöglichkeiten“, sagt Haumann. Insofern gehe das Risiko Corona-bedingter Teilschließungen von Hotels gegen null.

„Der Wunsch, zu reisen, ist sehr groß“, sagt auch die Sprecherin der DER Touristik, Inga Schwer, in Frankfurt. „Das sehen wir am Eingang unserer Buchungen: Seit einigen Wochen zeigt sich ein deutlicher Impuls bei den Neubuchungen. Wir erwarten im Juni einen regelrechten Buchungsansturm.“

„Deutschland war bereits vor Corona eines der beliebtesten Ziele, dennoch hatte sich die Nachfrage im vergangenen Jahr weiter deutlich verstärkt und ist für den Sommer 2021 erneut gewachsen“, berichtet sie weiter. Daneben seien auch andere Ziele gefragt, zu denen die Menschen gut selbst reisen könnten: so etwa Österreich, Italien und Kroatien. „Verstärkt hat sich zudem die Nachfrage nach kleinen Hotels, nach Naturerlebnissen, nach Urlaub mit viel Privatsphäre wie zum Beispiel Camperurlaub, Hausbooturlaub und Luxus-Urlaub mit viel Platz.“