In Rheinland-Pfalz gibt es derzeit 296 Schwerpunktschulen und 131 Förderschulen. An Förderschulen lernen ausschließlich Kinder, bei denen ein sozialpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde – sozusagen in einem geschützten Raum, der speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist. An Schwerpunktschulen lernen Kinder mit und ohne besonderen Förderbedarf. Im Idealfall bekommen Schüler mit Förderbedarf auch dort alle Unterstützung, die sie brauchen. Der Hilferuf der Lehrer der Bertha-von-Suttner-Realschule plus in Betzdorf, wo auch noch ein hoher Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund hinzukommt, zeigt jedoch, dass das nicht immer so ist. Aber stimmt deshalb die Gleichung: Schwerpunktschule gleich Brennpunktschule? Unsere Zeitung hat sich umgehört.
Christian Etzkorn, Leiter der Realschule plus in Cochem, die ebenfalls Schwerpunktschule ist, hat die Vorkommnisse an der Schule in Betzdorf über unsere Zeitung verfolgt. „Ich habe vor allem geschluckt, als ich den Begriff ,Restschule‘ gelesen habe“, sagt er. Aus Sicht der Betzdorfer Kollegen könne das durchaus so sein, aber, erläutert Etzkorn: „Es ist kontraproduktiv für uns, so etwas zu lesen, weil es schnell verallgemeinert wird.“ Und seine Schule, auf der rund 600 Schüler von 45 Lehrern betreut werden, sei „meilenweit von Betzdorfer Verhältnissen oder auch nur Ähnlichem entfernt“. Seit dem Flüchtlingszustrom der Jahre 2015/2016 „haben wir ein sehr gutes System aufgebaut, was das Fach Deutsch als Zweitsprache angeht. Die Integration funktioniert bei uns“. Wenn es Probleme gebe, liege das nicht an einem mangelnden Angebot an Deutschkursen. „Integrationswille und Lernbereitschaft lassen bei einigen zu wünschen übrig“, sagt auch er. Beim Thema Inklusion sei die Ausstattung seiner Schule ebenfalls gut, die Stundenzuweisung entspreche genau dem Anteil an Schülern mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf. Allerdings besuchen auch nur 17 Kinder mit einem solchen Bedarf die Cochemer Schule. Was die Förderung dieser Schüler angehe, werde jede Schule sagen, sie könne mehr Förderstunden gebrauchen. An dieser Stelle sieht Etzkorn durchaus ein Grundsatzproblem: „Inklusion wird gefördert und gefordert, ist politisch gewollt, aber sie wird mit der Gießkanne verteilt.“
Wie Etzkorn legt auch Jutta Nitze, Leiterin der Disibod-Realschule plus in Bad Sobernheim wert auf die Feststellung: „Wir sind eine Schwerpunktschule, aber keine Brennpunktschule.“ Unter den 340 Schülern seien 36 Förderschüler, die von insgesamt fünf speziell dafür ausgebildeten Kräften unterstützt werden. So komme auf jede der fünf Stufen eine Spezialkraft. Diese arbeite eng im Team mit dem Regelschullehrer zusammen, der Unterricht erfolge dann in der Regel zu zweit. Das klappe gut. Immer mal wieder nehme man auch Kinder mit Migrationshintergrund auf, die wenig bis gar kein Deutsch sprechen, doch auch mit diesen habe man keine nennenswerten Probleme. Zwei Lehrer unterrichten die Kinder im Fach „Deutsch als Zweitsprache“. Straffällig gewordene Schüler seien ihr keine bekannt, sagt Nitze.
Dieter Koch-Schumacher, Leiter der Integrierten Gesamtschule Sophie Sondhelm in Bad Kreuznach, möchte sich nicht zur Situation seiner Schule äußern, man kläre Probleme lieber intern. Er bleibt allgemein: Das große Problem sei, dass es nur wenige Schwerpunktschulen gebe. Wenn mehr Schulen etwa lernschwache Schüler aufnähmen, würde sich die Last automatisch verteilen. „Wenn mehr Schulen den Inklusionsgedanken aufgreifen, ergeben sich Synergieeffekte, man kann voneinander lernen.“ dad/sib/ank