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Rheinland-Pfalz

Nach Rauswurf einer Mutter in Thüringen fragen sich Politiker im Land : Sollen Abgeordneten-Babys mit ins Parlament?

Die Abgeordnete Madeleine Henfling (Grüne) steht mit ihrem neugeborenen Baby im Thüringer Landtag. 
Die Abgeordnete Madeleine Henfling (Grüne) steht mit ihrem neugeborenen Baby im Thüringer Landtag.  Foto: dpa

Madeleine Henfling musste eine Sitzung des thüringischen Landtags verlassen, weil sie ihr neugeborenes Baby vor der Brust trug. In Rheinland-Pfalz würde das nicht geschehen, sagt Landtagspräsident Hendrik Hering. In der Geschäftsordnung ist – genau wie in Thüringen – dieser Fall nicht erwähnt.

Lesezeit: 1 Minute
Notwendigkeit für eine Änderung der Spielregeln sieht Hering aber auch nicht. „Ich würde eine solche Frage generell so familienfreundlich wie möglich auslegen und Kleinkinder von Abgeordneten in Einzelfällen im Plenum zulassen, sofern der Sitzungsverlauf nicht gestört wird“ , sagte der Westerwälder Sozialdemokrat. Bislang mussten weder er noch einer seiner Vorgänger diese ...
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Pro: Lasst uns über Kinderbetreuung sprechen

Bitte, wo ist der Aufreger? Eine Landtagsabgeordnete erscheint mit ihrem Sohn im Parlament – einem Säugling. Ein wenige Wochen altes Baby tut vor allem eines: schlafen. Auch im Plenarsaal. Und wenn das Kind doch quengelt, dürfte seine Mutter Frau genug sein, mit der Situation umzugehen – und die Sitzung samt Kind verlassen, bis es sich beruhigt.

Anke Mersmann ist für Babys im Parlament

Junge Mütter wie die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling müssen im Alltag ein hohes Maß an Flexibilität aufbringen – offensichtlich zu viel für den Landtag in Thüringen.

Aber blicken wir doch von diesem Babybesuch weg und schauen auf die in dieser Republik zu lahm und zu handlungsarm geführte Diskussion darüber, wie Familie und Beruf zu vereinbaren sind. Stichwort Kinderbetreuung. Von ihr hängt nun einmal ab, ob und in welchem Umfang Mütter in den Beruf zurückkehren. Dass es wichtig ist, entsprechende Strukturen zu schaffen, weiß die Politik. Und sicher: Es wäre falsch zu sagen, dass sich nichts bewegt. Kitaplätze entstanden und entstehen, ihre Zahl wächst wegen des Rechtsanspruchs auf Betreuung für Kinder ab einem Jahr. Aber was ist mit den jüngeren? Und generell ist es für zu viele Familien zu oft ein erheblicher Akt, einen Betreuungsplatz zu finden.

Der Fall der Abgeordneten Henfling wird daran nichts ändern. Aber er zeigt einmal sehr medienwirksam, vor welchen praktischen Problemen junge Mütter stehen, wenn sie Kind und Beruf unter einen Hut bringen wollen. Dann hat diese Posse wenigstens einen Sinn.

Contra: Störend und familienpolitisch ein falsches Signal

Um es vorwegzuschicken: Ich habe nichts gegen Mütter, die ihre Babys in der Öffentlichkeit stillen. Auch ist erwiesen, dass es für die Entwicklung von Kindern sehr förderlich ist, wenn sie als Baby möglichst viel Zeit in großer Nähe zu ihrer Mutter und ihrem Vater verbracht haben. Dennoch halte ich nichts davon, Müttern zu erlauben, ihre Kinder in die Parlamente mitzunehmen und sie dort zu stillen.

Christian Kunst ist gegen Babys im Parlament

Erstens gelten in den Hohen Häusern zu Recht strenge Benimmregeln. So sind Besucher des Bundestags laut Hausordnung verpflichtet, „Ruhe und Ordnung zu wahren“ sowie „die Würde des Hauses zu achten und auf die Arbeit im Haus Rücksicht zu nehmen“. Das gilt natürlich auch für Abgeordnete, wobei fraglich ist, ob das exzessive Nutzen von Smartphones und Tablets der Debattenkultur noch zuträglich ist. Eines oder mehrere schreiende Babys dürften die Arbeit sicherlich stören.

Zweitens wären Babys im Parlament ein falsches familienpolitisches Signal an Unternehmen oder Behörden. Sollen etwa auch dort Mitarbeiter ihr Baby mit zur Arbeit nehmen? Das wäre absurd. Deutlich vorbildlicher wären mehr betriebsnahe Kindertagesstätten (hier sind viele Parlamentarier übrigens bestens versorgt), in denen Mütter oder Väter ihre Kinder beispielsweise in der Pause besuchen könnten, oder kluge Teilzeitregelungen, die es Eltern erlauben, möglichst viel Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, ohne um ihren Job fürchten zu müssen.

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