Mit SMS und Sirene: Nach der Unwetterkatastrophe tobt die Debatte über eine bessere Alarmierung der Bevölkerung
Er deutete an, dass es bislang Widerstände aus anderen Ressorts gegen das Vorhaben gegeben habe. Es seien von dieser Idee in den vergangenen Monaten „nicht immer alle begeistert gewesen“, erklärte der Innenminister. Er habe sich jedoch nun entschieden, das System einzuführen. Noch vor den Bundestagswahlen erwarte er die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie, danach könne es relativ schnell gehen. Mobilfunkanbieter wie Vodafone bieten diesen Service bereits in anderen Ländern wie Italien oder Großbritannien an. Auch die Telekom zeigte sich bereit, ein solches System aufzubauen. Seehofer plädierte nachdrücklich für eine „Mischung“ verschiedener Warntechniken aus dem digitalen wie analogen Bereich. Dazu gehörten Warn-Apps wie Nina, automatisierte SMS-Benachrichtigungen, Sirenen, Rundfunk und Fernsehen sowie Durchsagen durch Polizei und Feuerwehr.
In diesem Umfeld soll nach dem Willen von Seehofer das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine stärkere koordinierende Rolle als Kompetenzzentrum übernehmen. Darüber hinausgehende Forderungen nach einer stärkeren Zuständigkeiten des Bundes lehnte Seehofer ab. Darin sei er sich mit seinen 16 Länderamtskollegen einig. Die SPD hatte eine Grundgesetzänderung verlangt, mit deren Hilfe die Verantwortung mehr zum Bund verlagert wird, wie dies bei Katastrophen im Verteidigungsfall ohnehin vorgesehen ist. Seehofer wies darauf hin, dass bei der Schaffung von mehr Ressourcen der Bund mit Zustimmung der Länder auf immer mehr Feldern tätig werde. Den Anfang habe die nationale Gesundheitsreserve gemacht, für die das Bundeskabinett gerade grünes Licht gegeben habe und bei der das BBK wichtige Steuerungsfunktionen übernehme. In Pandemien wichtige Hilfsmittel wie Sauerstoffgeräte oder Masken sollen künftig für neue Notfälle bevorratet werden. Als Nächstes sei auch eine nationale Reserve für Hilfsmittel in der Bewältigung von Hochwasserlagen denkbar. Die Linken verlangten, Elementarschadensversicherungen bundesweit zur Pflicht zu machen. Tornados könne es auch abseits von Grundstücken in Wassernähe geben, meinte Linken-Innenexperte André Hahn. Wenn die größere Schadensabdeckung für alle verpflichtend werde, steige die versicherte Schadenssumme und sänken die Versicherungsbeiträge.
Die FDP startete einen Vorstoß zur umfassenden Finanzierung der Hochwasserschäden in Rheinland-Pfalz und NRW in Milliardenhöhe. Das Geld könne problemlos aus der Asylrücklage genommen werden, in der gerade 50 Milliarden Euro zur Verfügung stünden.
Die SPD sorgte sich um die rund 30.000 Fluthelfer. Nach wie vor stehe die Hilfe am Ort im Vordergrund, erklärte SPD-Innenexperte Thomas Hitschler. „Wir müssen uns auch um die vielen Hilfskräfte kümmern, die in den Flutgebieten Übermenschliches leisten“, sagte der rheinland-pfälzische Abgeordnete unserer Redaktion. Beim Wiederaufbau ist nach seiner Ansicht der Bund in der Verantwortung, die Länder mit allen Mitteln zu unterstützen. „Diese Mammutaufgabe darf nicht am Geld scheitern“, mahnte Hitschler.
Im Ausschuss ging es vordringlich um die Frage, weshalb nicht überall rechtzeitig vor der herannahenden Flutkatastrophe gewarnt worden ist. In einer weiteren Sondersitzung will der Innenausschuss des Bundestages dazu auch die Innenminister aus Rheinland-Pfalz und NRW hören. Gregor Mayntz