Ramstein

Ex-Pilot: Ramstein ist ein Drehkreuz im US-Drohnen-Krieg

Ohne den US-Stützpunkt Ramstein wären Drohnen-Einsätze nach Angaben eines Insiders nicht möglich.  Foto: dpa
Ohne den US-Stützpunkt Ramstein wären Drohnen-Einsätze nach Angaben eines Insiders nicht möglich. Foto: dpa

Brandon Bryant hat einem Rechercheteam der „Süddeutschen Zeitung“, des NDR und des WDR einiges von Brisanz erzählt. Vor allem aber hat er den Reportern etwas offenbart, was das Potenzial hat, das deutsch-amerikanische Verhältnis weiter zu belasten: „Ohne Deutschland wäre der gesamte Drohnenkrieg des US-Militärs nicht möglich“, sagt Bryant.

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Von Michael Fischer

Brandon Bryant war 21 Jahre, als er Drohnenpilot bei der US-Luftwaffe wurde. Von Stützpunkten im Irak und in den USA aus bediente er die Bordkamera der unbemannten Kampfflieger namens „Reaper“ (Sensenmann) oder „Predator“ (Raubtier). Er markierte Ziele, die Tausende Kilometer entfernt waren – in Pakistan, im Jemen oder in Somalia. Nach fünf Jahren und mehr als 1000 Einsätzen hatte Bryant genug. Als er aus Gewissensgründen kündigte, bescheinigte ihm die US-Luftwaffe, dass seine Einheit an 1262 gezielten Tötungen beteiligt war.

Erste Hinweise, dass US-Stützpunkte in Deutschland an den Drohnen-Einsätzen im Kampf gegen Terror beteiligt sein könnten, gab es schon vor einem Jahr. Damals hieß es, das US-Kommando für die Afrika-Einsätze „Africom“ in Stuttgart gebe die Befehle für Drohnen-Angriffe auf Terroristen in Somalia. Jetzt geht es aber um Operationen weltweit – also auch um die Angriffe in Pakistan.

Mit Bryant gibt es nun erstmals eine Art Kronzeugen, der vor laufenden Kameras genau beschreibt, auf welchem Weg US-Drohnen gesteuert werden. Die unbemannten Flugzeuge im Einsatzgebiet senden ein Signal an einen kommerziellen Satelliten, der gibt es an die Relaisstation in Ramstein weiter. Dort wird es verstärkt und per Glasfaserkabel unter dem Atlantik hindurch in die USA geleitet, wo auf Militärstützpunkten etwa in New Mexico die Drohnenpiloten sitzen und die tödlichen Raketen abschießen.

„Alle Signale, sowohl von Beobachtungsmissionen als auch von tödlichen Einsätzen, werden via Ramstein übermittelt“, sagt Bryant. „Deshalb merkten wir in New Mexico auch, wenn das Wetter in Deutschland schlecht war.“ Bei jedem seiner mehr als 1000 Einsätze habe er zu Beginn der Schicht in Ramstein angerufen, um die Verbindung zu seiner Drohne herstellen zu lassen. Die Schilderungen des Ex-Soldaten sind brisant. Die Drohnen-Angriffe der USA, bei denen nach den Recherchen des als seriös geltenden Investigative Bureau of Journalism in den vergangenen zehn Jahren mehr als 3000 Menschen getötet wurden, sind völkerrechtlich hochumstritten. Die USA sehen die gezielten Tötungen als legalen Akt der Kriegführung. Die Bundesregierung sieht das zwar anders, hält sich aber zurück. „Das kommt doch sehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine generelle Beurteilung kann es nicht geben“, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer am Freitag.

Rein rechtlich sind der Bundesregierung ohnehin die Hände gebunden. Die Möglichkeiten zur Verfolgung von Straftaten der in Deutschland stationierten US-Streitkräfte sind völkerrechtlich sehr begrenzt, heißt es in einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. „Sieht man einmal von der (theoretischen) Möglichkeit ab, den Aufenthaltsvertrag einseitig zu kündigen, so bleiben der deutschen Regierung nur politische Reaktionen wie rechtlicher Protest oder bilaterale Konsultationen.“

Bisher hat sich die Bundesregierung auf die Versicherung der USA verlassen, dass von Stützpunkten in Deutschland Drohnenangriffe weder geflogen noch gesteuert werden. Sogar US-Präsident Barack Obama hatte bei seinem Berlin-Besuch im Juni erklärt, dass Deutschland nicht als Basis für Drohnen-Einsätze genutzt wird. Den Grünen in Rheinland-Pfalz genügt das nicht. Sie fordern von der Bundesregierung Aufklärung über die Beteiligung der US-Luftwaffenbasis Ramstein am Drohnen-Krieg. Das sei weder mit dem Grundgesetz noch mit dem Völkerrecht zu vereinbaren, sagte Grünen-Landeschef Thomas Petry.