Hahn

Ein Verkauf im Schwebezustand: Poker um Flughafen Hahn könnte vor Gericht landen

Von Jens Albes
Während das Bundeswirtschaftsministerium einen Verkauf des Flughafens Hahn an einen russischen Investor prüft, machte das Bundesinnenministerium kürzlich bereits eine klare Ansage: Der Airport gehöre nicht zur kritischen Infrastruktur.
Während das Bundeswirtschaftsministerium einen Verkauf des Flughafens Hahn an einen russischen Investor prüft, machte das Bundesinnenministerium kürzlich bereits eine klare Ansage: Der Airport gehöre nicht zur kritischen Infrastruktur. Foto: picture alliance/dpa/Thomas Frey

Der internationale Verkaufspoker um den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn könnte auch Gerichte beschäftigen. „Wir prüfen die neue Situation aus zivilrechtlicher, insolvenzrechtlicher und EU-rechtlicher Sicht“, teilte die NR Holding um den russischen Unternehmer Viktor Charitonin als bisherige Käuferin der Deutschen Presse-Agentur mit.

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Inzwischen hat zusätzlich der türkische Flughafenbetreiber YDA einen Finanzierungsnachweis für einen Einstieg beim Flughafen im Hunsrück vorgelegt, an dem das Land Hessen 17,5 Prozent der Anteile hält. „Der Start eines vollständig neuen Bieterverfahrens vom Insolvenzverwalter hat uns überrascht“, heißt es bei der NR Holding. „Es gibt ja längst zwei unterschriebene und notariell beurkundete Kaufverträge.“ Die NR Holding und die Mainzer Immobilienfirmengruppe Richter haben auch beide den Kaufpreis auf ein Treuhandkonto überwiesen. Allerdings hat die NR Holding als Besitzgesellschaft der Rennstrecke Nürburgring mehr bezahlt: Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich um rund 20 Millionen Euro.

Charitonin bisher nicht auf Sanktionsliste

Das Vorhaben des Nürburgring-Miteigentümers Charitonin im Hunsrück zieht angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Kritik auf sich. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft den geplanten Verkauf. Auf einer Sanktionsliste steht Charitonin bislang nicht.

„Wir sind über die neue Öffnung des Verkaufsprozesses nicht formell informiert worden“, teilt die NR Holding mit. „Unser juristisches Team prüft rechtliche Schritte dagegen.“ Zur neuen Konkurrenz YDA könne man nichts sagen. Zum Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner wiederum sei der Gesprächsfaden nicht abgerissen.

Auch bei der Mainzer Immobilienfirmengruppe Richter heißt es: „Wir prüfen rechtliche Schritte.“ Die Geschäftsführerin ihrer eigens gegründeten Käufergesellschaft Flughafen Frankfurt Hahn Betriebs GmbH, Julia Richter, sagt: „Wir waren überrascht. Es gibt immer wieder neue Ideen vom Insolvenzverwalter.“ Erst habe er den Investorenprozess geschlossen, „und jetzt kann ganz locker wieder jeder kommen“.

Ein Gerichtsprozess im Poker um den Flughafen wäre bei achtstelligen Kaufsummen nicht ohne finanzielle Risiken. Auf den ersten Blick kann es seltsam anmuten, dass zwei Bieter unterschrieben und gezahlt haben – und zuvor die Frankfurter Swift Conjoy GmbH das Rennen mit einem noch höheren Angebot machte, also sogar drei Bieter einen Kaufvertrag unterzeichnet haben. Allerdings hat Swift Conjoy nie gezahlt. Der Vertrag mit diesem Unternehmen ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch nicht gekündigt worden.

Rechtlich befindet sich der Verkaufspoker somit in einem Schwebezustand. Denn der Verkauf an die NR Holding und Richter ist an Bedingungen geknüpft, die nicht erfüllt sind, wie es in Flughafenkreisen heißt. Dazu zählen das fehlende grüne Licht der Gläubiger und die ausstehende Lizenz für den Betrieb des einzigen größeren Flughafens in Rheinland-Pfalz. Aber auch Swift Conjoy hat noch keine Betriebslizenz erhalten und damit nicht alle Bedingungen erfüllt. Noch hat die Insolvenzverwaltung die Lizenz für den Betrieb des ehemaligen US-Fliegerhorstes.

Freude über Bieterwettstreit

Was sagt der eher strukturschwache Hunsrück zur neuen Runde im Bieterwettstreit um den Flughafen mit der begehrten Nachtfluggenehmigung? Der Erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde Kirchberg, Wolfgang Wagner, freut sich nach eigenen Worten darüber. Der türkische Flughafenbetreiber YDA kenne das Flughafengeschäft und habe einen Bankauszug in Höhe von 130 Millionen Euro vorlegt. Das Unternehmen könne sich somit bei einem Kauf des Flughafens auch um den Sanierungsstau von geschätzt 50 Millionen Euro, etwa bei Vorfeld und Terminal, kümmern. „Der weitere Flugbetrieb dort ist wichtig, sonst wird der Hahn ein reines Gewerbegebiet“, betont der CDU-Politiker. Vor allem das Passagiergeschäft könne viele Jobs sichern – am Flughafen und im Umfeld.

Die Frankfurter Luftfahrtexpertin Yvonne Ziegler erläutert: „Die YDA-Gruppe ist ein türkischer Mischkonzern mit weltweit 14.000 Mitarbeitern.“ Sie habe zum Beispiel den Flughafen Dalaman in der Türkei ausgebaut und betreibt auch die Terminals. Angesichts dieser Erfahrung sei es „interessant zu sehen, welche Pläne sie für den Flughafen Hahn hat“.