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Kreis Ahrweiler

„Die zweite Zerstörung des Ahrtals“: Biologe Wolfgang Büchs mahnt Rückkehr zu Natur- und Artenschutz an

Von Manfred Ruch
Bagger im Ahrtal: Behörden schauen jetzt genauer hin, was dort passiert. Denn es waren nicht nur Sicherungsmaßnahmen wie diese hier.
Bagger im Ahrtal: Behörden schauen jetzt genauer hin, was dort passiert. Denn es waren nicht nur Sicherungsmaßnahmen wie diese hier. Foto: Hauck

Droht dem Ahrtal nach der verheerenden Flutkatastrophe ein weiterer Tiefschlag? Experten wie der Hildesheimer Professor und Biologe Wolfgang Büchs befürchten jedenfalls, dass im Zuge von unkontrollierten Bagger- und Aufräumarbeiten weiter jede Menge Natur- und Landschaftsschutzgebiet verloren geht.

Lesezeit: 4 Minuten
Auch nötige Rückhalteflächen für künftige Hochwasser würden weiter planiert und zugeschüttet, obwohl klar sei, dass die Ahr künftig mehr Raum brauche. Die zuständige Aufsichtsbehörde SGD Nord habe zwar zugesagt, jetzt genauer hinzuschauen, welche Maßnahmen die zahlreichen Bagger im Auftrag von Kommunen und Privatleuten vornehmen, doch Ahr-Kenner Büchs kritisiert ein weiterhin ...
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Mehr als 200 Zeugen: Ermittlungen steigern sich zum Mammutverfahren der Staatsanwaltschaft

Warum mussten mehr als 130 Menschen sterben, Hunderte Verletzungen erleiden? Die Antwort will die Staatsanwaltschaft Koblenz seit August finden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen: Wer wusste wann was an jenem grausamen 14. Juli, als die Ahr zur katastrophalen Flut anschwoll?

Gegen 17 Uhr wälzte sie sich bereits durch Schuld. Erst rund neun Stunden später, gegen 2.30 Uhr, wütete sie in Sinzig, wo zwölf Menschen im Haus der Lebenshilfe qualvoll starben. Wer hat wann gehandelt oder auch nicht, wie lebensrettend hätte eine Warnung sein können, als der Pegel in Altenahr stieg und stieg?

Um dies zu klären, ermittelt die Staatsanwaltschaft seit dem 6. August gegen Ex-Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und ein Mitglied des Krisenstabs wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung im Amt – jeweils begangen durch Unterlassen. Für beide gilt rechtlich weiter die Unschuldsvermutung, wie in diesem Stadium betont wird. Aber eines steht bereits fest: Seit der Razzia im Kreishaus und der Beschlagnahme auch von Pföhlers Handy weiten sich die Ermittlungen zum Mammutverfahren aus – mit mehr als 200 Zeugen und der gigantischen Menge von 200 Gigabyte an als bedeutsam herausgefilterten Daten, darunter auch Audio- oder Videonachrichten.

In der Anklagebehörde führt Abteilungsleiterin Ute Adam-Backes die Ermittlungen, drei Dezernenten arbeiten ihr noch zu. Ihnen liegen die Geodaten des Katastrophengebiets sowie Wetterdaten und Protokolle vor. Befragt wurden Rettungskräfte und viele Zeugen, die sich über die weiterhin geschaltete Sonder-E-Mail-Anschrift unwetter.stako@genstako.jm.rlp.de gemeldet haben. Sie gaben wichtige Hinweise, schilderten auch ihre Ängste in der Flutnacht und ihre Schicksale. Zur immensen Datenmenge gehören auch verzweifelte Notrufe, die bei der Integrierten Rettungsleitstelle in Koblenz sowie bei der Polizei eingegangen sind.

Um die dramatischen Ereignisse zu rekonstruieren, hat das Landeskriminalamt, unterstützt von allen Polizeipräsidien, eine große Ermittlungsgruppe aufgebaut, die Zeugen befragen, Daten sichten und erfassen. In einem zweiten Schritt müssen nun die Infos bewertet werden, berichtet der Leitende Oberstaatsanwalt Harald Kruse. Dabei liege das Hauptaugenmerk auf der Frage, „ob und ab wann gegebenenfalls für wen absehbar war, dass es zu massiven Überschwemmungen mit Personenschäden oder gar Todesfällen kommen würde“. Parallel dazu würden Aussagen der Krisenstabmitglieder sowie „die dort vorhandenen Daten daraufhin überprüft, welche Informationen wann und in welcher Form vorlagen und wie diese bewertet worden sind“. Dies erfordere fundierte Kenntnisse aller Zusammenhänge. Deshalb konzentriere sich inzwischen eine Kernermittlungsgruppe auf die schwierige Arbeit.

Obwohl man zügig Ergebnisse vorlegen will, lässt sich für Oberstaatsanwalt Dietmar Moll noch nicht abschätzen, wie lange die Ermittlungen dauern werden. „Eine fundierte inhaltliche Bewertung der bisherigen Ermittlungen ist bislang nicht möglich; vorschnelle Beurteilungen verbieten sich“, betont der Leitende Oberstaatsanwalt Kruse. Dabei spielt er auf Infos an, „die ohne Mitwirken der Staatsanwaltschaft in die Öffentlichkeit gelangt sind“.

Im August ist Kruse davon ausgegangen, dass „spätestens ab etwa 20.30 Uhr Gefahrenwarnungen und möglicherweise auch die Evakuierung“ von noch nicht betroffenen Bewohnern des Ahrtals „geboten gewesen wären“. Denn Menschen starben „überwiegend ahrabwärts von Ahrbrück aus mit einem großen Schwerpunkt in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler“. Die höchste Warnstufe fünf wurde aber erst um 23.09 Uhr öffentlich ausgerufen.

Flutkatastrophe im Ahrtal
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