Die verletzte Stadt – Nach der Amokfahrt fragt nicht nur Trier: Warum?

Von Rebecca Schaal, Birgit Reichert

Mitten in Triers Herzen. Genau hier, in der Altstadt ereignet sich der schreckliche Zwischenfall: Mehrere Menschen sterben oder werden verletzt, als ein Autofahrer sie erfasst. Was ist sein Motiv? Das fragen sich nicht nur die Ermittler. Sie suchen nach Spuren, und auch Stunden nach der mutmaßlichen Amokfahrt von Trier sind weite Teile der Fußgängerzone mit weiß-rotem Polizeiband abgesperrt. Wo das Auto entlanggerast sein muss, liegen an diesem grauen Dezembertag wahllos Dinge auf der Straße. Mit brüchiger Stimme berichtet ein Polizeisprecher von „mehreren Toten und einer ganzen Reihe Verletzter“. Festgenommen wird ein 51 Jahre alter Deutscher aus einem Stadtteil von Trier.

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In einer Fußgängerzone in Trier hat ein Auto mehrere Menschen erfasst und mindestens fünf von ihnen tödlich verletzt. Die Polizei konnte einen 51-Jährigen aus dem Keis Trier-Saarburg festnehmen.

picture alliance/dpa | Harald Tittel

In einer Fußgängerzone in Trier hat ein Auto mehrere Menschen erfasst und mindestens fünf von ihnen tödlich verletzt. Die Polizei konnte einen 51-Jährigen aus dem Keis Trier-Saarburg festnehmen.

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Sichtbar erschüttert schildern Augenzeugen, wie Menschen bei dem furchtbaren Zwischenfall durch die Luft geschleudert wurden. Menschen, die sich in diesen ohnehin schweren Zeiten vielleicht einfach nur einen schönen Tag machen wollten. Therese Eßler (42) aus Trier-Pfalzel ist fassungslos: „Ich war mit meiner Mutter, meiner Tante und einer guten Bekannten in der Mittagspause in der Innenstadt unterwegs. Wir waren gerade vor dem neuen Woolworth am Pranger, da hörten wir plötzlich aus der Palaststraße Schreie und einen Riesenknall. Und dann kam schon das Auto angerast. Ich konnte meine Mutter noch gerade so zwischen die Warenkörbe vor Woolworth schubsen, dann streifte mich das Auto an der Ferse. Der Wagen war wahnsinnig schnell und fuhr zickzack – so, als wolle er alles erwischen, was möglich ist.“ Die Frauen sahen, wie das Auto gegen eine junge Frau prallte, die dann mehrere Meter weit durch die Luft flog. „Es war schrecklich. Auch andere Leute, die erwischt wurden, flogen wie Puppen durch die Gegend. Am Hauptmarkt lag ein umgestürzter Kinderwagen, daneben ein Mann und ein Baby. Das sind Bilder, die ich nie wieder vergessen werde“, sagt Therese Eßler dem „Trierischen Volksfreund“.

Eine weitere Zeugin, die die Amokfahrt aus ihrem Laden am Hauptmarkt beobachtet hat, berichtete ebenfalls von dem Kinderwagen, der durch die Luft geflogen sei. Menschen hätten geschrien und seien in Panik in ihr Geschäft geströmt. Eine andere Triererin (40) ist zur Tatzeit mit ihrer Freundin und ihren Kindern in der Innenstadt unterwegs. „Als wir zum Hauptmarkt kamen, muss es gerade Sekunden vorher passiert sein. Menschen kamen uns schreiend entgegen. Vor unseren Augen lagen mindestens vier Menschen auf dem Boden. Erst dachten wir, es habe eine Schlägerei oder Schießerei gegeben. Dann hörten wir, dass ein Auto die Menschen überfahren hat. Meine Beine haben gezittert, wir standen unter Schock. Wir konnten uns erst mal nicht von der Stelle bewegen“, erzählt sie.

Der mutmaßliche Amokfahrer, so wird sich später herausstellen, ist ohne weitere Begleitung in seinem PS-starken Fahrzeug unterwegs. Er soll in der historischen Stadt an der Mosel von der Basilika über den Hauptmarkt bis zur Porta Nigra gerast sein, dem weltberühmten Stadttor aus der Römerzeit. In der nahen Christophstraße wird der Wagen nach etwa 200 Metern von der Polizei gestoppt und der Fahrer überwältigt.

Zur Tatzeit sind viele Schüler in der Stadt unterwegs, eine Schülerin einer zwölften Klasse erzählt, dass sie Schreie gehört habe und deshalb schnell in die Schule gelaufen sei. In vielen Klassenchats machte das Geschehen rasch die Runde. Die Schulen in der Innenstadt wurden offenbar umgehend über den Vorfall informiert. In der Ausonius-Grundschule beispielsweise müssen am Nachmittag alle Schüler im Gebäude bleiben. Die Eltern erhalten kurz nach 14 Uhr einen Anruf, dass es eine Amokfahrt mit mehreren Verletzten in der Innenstadt gegeben habe und heute kein Kind allein nach Hause gehen dürfe. Sie sollen ihre Kinder an den Schulen abholen.

Später machen auch die Geschäfte zum großen Teil ihre Türen zu und lassen Kunden nicht mehr hinein. Mehrere Passanten weinen. Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe, der von „einem Bild des Grauens“ spricht, sagt: „Wir sehen solche Bilder im Fernsehen ganz oft und denken, das kann bei uns nicht passieren. Jetzt ist es auch in Trier passiert.“

Warum bei uns? Diese Frage stellen sich viele Menschen in der vorweihnachtlich geschmückten Stadt. Die Kommune mit rund 112.000 Einwohnern macht nur selten internationale Schlagzeilen, schon gar nicht wegen Kapitalverbrechen.

Stunden nach der Nachricht von der Festnahme hasten noch wenige Menschen an den Geschäften vorbei. Durch die nasskalte Luft dröhnen grell noch einige Polizeisirenen. Von einer „irrsinnigen Tat“ spricht Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die selbst in der Stadt lebt. „Das ist ein schlimmer, schrecklicher Tag.“ Rebecca Schaal/Birgit Reichert

Der Amokfahrer: „Ein Trierer, der Trierer getötet hat“

Wer ist der Mann, der mit seiner Fahrt Menschen aus dem Leben gerissen, andere schwer verletzt und eine ganze Stadt in Schockzustand versetzt hat? Nach Informationen des „Trierischen Volksfreundes“ handelt es sich bei dem mutmaßlichen Amokfahrer um einen Mann aus Trier. Er soll 51 Jahre alt sein. Es heißt, dass er oft alkoholisiert gewesen sei und sich häufig im örtlichen Dönerimbiss betrunken haben soll.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen sagte: „Ich bin seit 26 Jahren bei der Staatsanwaltschaft, die meiste Zeit davon in Trier. Eine derart sinnlose Tat mit so vielen Toten ist mir noch nicht untergekommen.“ Er sprach von einem möglicherweise psychiatrischen Krankheitsbild, die Vernehmung sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Ein Arzt habe den Mann begutachtet, es werde vermutlich ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Erst danach werde entschieden, ob der Mann in Haft komme oder möglicherweise in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht werde. Keine Anhaltspunkte gebe es für ein „irgendwie terroristisch geartetes“, politisches oder religiöses Motiv. Der 51-Jährige sei mit 1,4 Promille auch während der Tat „nicht unerheblich“ alkoholisiert gewesen. Der mutmaßliche Amokfahrer habe zuletzt keine feste Wohnanschrift gehabt und die vergangenen Tage in einem Auto verbracht, sagte Franz-Dieter Ankner, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Trier. Das Auto, das er für die Tat benutzte, war aber nicht auf den Mann zugelassen. Es gehöre einem Bekannten, der aber nichts mit der Tat zu tun habe. Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe sagte über den Täter: „Das ist ein Trierer, der Trierer getötet hat.“ Dieses Trauma gelte es nun aufzuarbeiten. dpa/ank
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