Lobbyisten haben einen schlechten Ruf. Obwohl der Begriff auf riesige, helle Eingangshallen zurückzuführen ist, in denen Vertreter von Wirtschaft und Gesellschaft Politiker früher gern einmal daran erinnerten, an wessen Interessen sie doch bitteschön besonders intensiv denken sollen, riecht es nach Hinterzimmer, dunklen Machenschaften und Klüngel. Gereon Haumann ist gebürtiger Kölner und Lobbyist. Ein sehr guter sogar. Wollte man es sich einfach machen, könnte die Geschichte an dieser Stelle zu Ende erzählt sein.
Doch tatsächlich sind Lobbyisten oft besser als ihr Ruf. Haumann beispielsweise ist ein innovativer Impulsgeber im Bereich Tourismus, Gastronomie und Hotellerie. Er sitzt in der Enquetekommission Tourismus des rheinland-pfälzischen Landtags. Fragt man Mitglieder nach einer inhaltlichen Bewertung der Arbeit Hausmanns, gibt es eine einhellige Meinung: Der Mann versteht sein Handwerk. Das sehen offenkundig auch nahezu alle Dehoga-Mitglieder so. Sonst hätten sie Haumann wohl kaum auf Vorrat wiedergewählt, nur um diese strittige Entscheidung noch einmal zu bekräftigen.
Die Zusammenarbeit zwischen Haumann und der Politik zeigt: Lobbyismus ist nicht immer Hinterzimmer und Klüngel. Lobbyarbeiter verschaffen Politikern auch Expertise und Einblicke in (Geschäfts-)Welten, die sie nicht kennen. Der Preis: Auf dem Menüplan stehen neben diesen beiden wohlschmeckenden Gängen auch die knallharten Interessen der Mitglieder. Haumann kämpft beispielsweise dafür, dass der Tourismus zur saisonalen Branche wird. Den Sozialdemokraten serviert er damit eine Kröte, die sie nicht herunterwürgen wollen. Die Gastronomen sehnen sich danach.
Wo ist also das Problem? „Ein Pressesprecher spricht laut, ein Lobbyist leise. Wir machen am liebsten Arbeit ohne die Öffentlichkeit“, sagt ein Lobbyist. Es ist Wolf-Dieter Zumpfort. Man kennt ihn – wenn überhaupt – als FDP-Landesvorsitzenden Schleswig-Holsteins (1985–1988). Danach verschwand er von der Bildfläche der Öffentlichkeit in die Hinterzimmer, Lobbys oder auf die halbprivaten Empfänge.
Haumann schätzt die Öffentlichkeit und liebt die große Bühne. Er war mal – das sagen seine Parteifreunde aus der CDU – „ganz nah an der Julia“. Der Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union galt im Landtagswahlkampf 2016 als Schattenminister von Spitzenkandidatin Klöckner. Nun gehen alle auf Distanz. Bei FDP, Grünen und Sozialdemokraten ist das keine Überraschung. Der Fauxpas eines CDU-Mannes mitten im aktuellen Kommunal- und Europawahlkampf ist ein gefundenes Fressen. Während sein Dehoga geschlossen hinter ihm steht, stärkt allerdings nicht ein einziger Parteifreund Haumann den Rücken. Maximale Distanz. „Jetzt vor der Wahl geht das gar nicht“, sagt ein Landtagsabgeordneter. Das Thema hätte man abräumen müssen, raunen viele. Tat Haumann nicht, marschierte mit Macht voran. Links und rechts: Scherbenhaufen. Sein Ansatz war stets die Rolle des innovativen Machers und Erfolgsmenschen. In der Kommunikation wird Selbstverständliches explizit betont, beispielsweise, dass Haumann Steuern von dem Geld, das er beim Dehoga verdient, bezahlt. Welcher Unternehmer, Angestellte oder Rentner tut das nicht? Ein Wirtschaftsprüfer wurde sogar eigens beauftragt, den – bekanntermaßen – gestiegenen Wert des Dehoga zu bestätigen. Der Verband besitzt ein repräsentatives Gebäude zum Nulltarif. Das finanzielle Kapital wurde ausgebaut, soziales Kapital verbrannt. Der Lobbyist muss Entscheider und Gastronomen zusammenführen. Die Währung ist Vertrauen und vor allem Nähe: Die Politik hält nun aber Abstand zu Haumann. Carsten Zillmann