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Bund will, Bundesländer sind skeptisch: Sausen bald E-Roller über die Gehwege?

Von Sascha Meyer, Teresa Dapp, Jan Drebes

Müssen Fußgänger sich bald Bürgersteige mit kleinen Elektrorollern teilen, die nahezu lautlos und mit bis zu zwölf Kilometern in der Stunde zwischen den Passanten umherdüsen dürfen? Das zumindest plant Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), schon im Sommer will er die sogenannten E-Scooter auch in Deutschland zulassen. Doch unter den Ländern, die den Regeln zustimmen müssen, werden Sicherheitsbedenken laut.

Lesezeit: 3 Minuten
Auch mehrere Fußgängervertreter und Verkehrssicherheitsexperten warnen vor Gefahren, etwa für Kinder, Ältere oder Sehbehinderte. Die vom Bund auf den Weg gebrachten Pläne sehen vor, dass nur E-Roller, die schneller als zwölf Kilometer pro Stunde sind, in der Regel auf Radwegen fahren sollen – langsamere bis zwölf km/h auf Gehwegen. Dort sollen ...
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Kommentar: Nicht auf Kosten der Schwächeren

Lesen dieser drei Worte brauchen, darf einer der weltweit begehrten E-Scooter oder Elektrotretroller von voller Fahrt bis zum Stopp brauchen. So steht es in der Verordnung, die noch in diesem Frühjahr in Kraft treten soll. Bis zu zehn Meter legt der Scooter in dieser Zeit zurück. Allein diese beiden Angaben aus Weg und Zeit müssen jedem halbwegs verantwortlichen Politiker klarmachen: Auf Bürgersteigen haben die nahezu lautlos dahinflitzenden Scooter nichts verloren.

Gregor Mayntz zu E-Tretrollern auf Gehwegen

Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig. So lange wie wir zum gemächlichen Sinnigerweise trafen nun zwei Vorgänge zusammen: Im Bundesrat beriet der Verkehrsausschuss, ob die Länder der von der Bundesregierung schon beschlossenen Elektrokleinstfahrzeugverordnung zustimmen sollen. Und in Peru wurden die E-Scooter von Gehwegen und aus Fußgängerzonen verbannt. Es hatten sich zu schlimme Unfälle ereignet.

Die Befürchtungen sind also ganz real. Nur ein E-Scooter-Verbot für Gehwege wird deshalb den Grundforderungen der Straßenverkehrsordnung gerecht. Danach soll niemand geschädigt, keiner gefährdet und jeder auch möglichst wenig belästigt werden. Das muss sich die Politik vor Augen halten, wenn sie tatsächlich E-Scooter in rauen Mengen auf die Gehwege lassen will. In Großstädten wie Berlin und Frankfurt drängen bereits Verleiher der modischen Elektroschnurrer auf Zulassung, um sie zu Tausenden verfügbar zu machen.

Zwar orientiert sich die Verordnung von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) an den typischen Geschwindigkeiten von Fahrrädern und schreibt allen schneller als zwölf Kilometer pro Stunde fahrenden E-Rollern vor, den Radweg oder die Straße zu benutzen. Aber die bis zu zwölf Kilometer pro Stunde schnellen E-Scooter sollen alle auf Gehwegen unterwegs sein dürfen. Schon jedes Kind ab zwölf Jahren soll auf die Passanten losgelassen werden. Damit zerschlägt Scheuers Verordnung alle Versuche, das Leben in den Dörfern und Städten demografiefest zu machen. Wo die Menschen immer älter werden, sind auch immer mehr Ältere auf den Bürgersteigen unterwegs. Sie sind nicht bei drei weggesprungen – zumal sie selten bis drei kommen, denn die herannahenden E-Scooter sind kaum zu hören.

Extrem gefährdet sind nicht nur Ältere, sondern auch Gehbehinderte, spielende Kinder, Rollstuhlfahrer, kurz: die Schwächeren. Auf ihre Knochen geht der absehbare Kommerz mit dem Fahrspaß aus der Steckdose. Das ist Gehweg-Darwinismus. Wäre das Verkehrsministerium in der Lage, sich Schrittgeschwindigkeit vorzustellen, käme es auf ein Tempo zwischen drei und sieben Kilometern pro Stunde und wüsste, dass Tempo zwölf auf Gehwegen nicht erlaubt werden darf.

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