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Neustadt/Weinstraße

Bröhr unterliegt dem Pfälzer: Gegen Malu Dreyer tritt CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf an

Von Florian Schlecht

Beim CDU-Parteitag in Neustadt an der Weinstraße holte der etablierte Kandidat des Landesvorstandes überzeugende 80,25 Prozent der Delegiertenstimmen. Vorher hatte er gegen den Rhein-Hunsrücker-Landrat Marlon Bröhr mit einer kämpferischen Rede überzeugt.

Lesezeit: 5 Minuten
Christian Baldauf hat es geschafft. Der Pfälzer geht 2021 für die CDU als Herausforderer von Malu Dreyer ins Rennen. Mit 80,25 Prozent gewann Baldauf die Delegierten-Abstimmung gegen Marlon Bröhr, der nach seiner Niederlage brav gratulierte und sagte: „Wenn du auf deinem Weg Hilfe brauchst, ruf mich an. Ich bin immer ...
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Kommentar zum CDU-Landesparteitag: Hunsrück-Rebell Bröhr den Zahn gezogen

In diesem Punkt hatte sich der Herausforderer – und mit ihm manche Auguren – verschätzt: Die CDU Rheinland-Pfalz gleicht eben nicht einem schnittigen Boot mit aufgeblähten Segeln und einsamen Skipper vor mediterraner Kulisse.

Dann schon eher einem wenn auch etwas behäbigen Rheinfrachter, in dessen Maschinenraum alle „stark im Team“ arbeiten, jedes noch so kleine Rädchen ineinandergreifend, um damit gemeinsam Leistung zu bringen – und Kurs zu halten. Dafür braucht ein Steuermann Rückhalt und Geschlossenheit der Mannschaft.

Und dennoch: Die Kandidatur von Marlon Bröhr („ein ganz normaler Vorgang“) demonstriert das Ringen um das richtige Rezept, Wähler, vor allem Nichtwähler, (wieder) zu binden. Auch mit unkonventionellen Mitteln und medialen (Selbst-)Inszenierungen! Sie lotet gleichzeitig aus, wie weit eine Partei bereit wäre, primär auf Verpackung statt auf Inhalte zu setzen.

Dabei lagen die beiden Protagonisten in Neustadt so weit gar nicht auseinander: Kinder, Senioren, ländlicher Raum, Wirtschaft, Innere Sicherheit, Rechtsstaat, (Kommunale) Finanzen und klare Abgrenzung zu den politischen Rändern ganz rechts wie ganz links. In den meisten Punkten stimmten der „liebe Marlon“ (Klöckner) und der „liebe Christian“ (Bröhr) weitgehend überein. Bis auf ihre Haltung zu den Grünen, denen Bröhr (mit grüner Krawatte) schon vorab den Hof machte und die Baldauf ob deren „dirigistischer Lifestyle-Moral“ attackierte. Bemerkenswert anderseits auch Bröhrs Wunsch, die „sozialdemokratisierte CDU“ möge der SPD links wieder Platz lassen…

Vielleicht lag’s an der Tagesform, vielleicht an der stets eigenen Dynamik eines Parteitages, wie sie der Landrat aus dem Hunsrück schon 2016 in Wittlich bei seiner Kritik an der Vergabe von Vorstandsposten erlebt hatte. Das so überdeutliche Abschmettern des Kirchberger Antrags für einen von Bröhr strategisch favorisierten Mitgliederentscheid, dem nur zwei Handvoll von 400 Delegierten zustimmen wollten und eine starke, klar strukturierte, immer wieder von demonstrativem Beifall unterbrochene Rede Baldaufs irritierten den Herausforderer offenbar so sehr, dass der bisweilen als „charismatisch“ titulierte Bröhr eine – für seine Verhältnisse – unterdurchschnittliche Rede verlas. Als „low performer“. So zog der Parteitag dem Zahnarzt den Zahn – nicht umgekehrt! Keine Nachfrage, kein Wunsch nach Aussprache.

Baldauf hingegen sprach klar und deutlich die Kernkompetenzen der rheinland-pfälzischen CDU an, legte die Finger in die alten und neuen Wunden von SPD und deren Koalitionspartnern: Nürburgring, Hahn, Schlosshotel, Bildung, Innere Sicherheit, Migration, Gesundheit und Klima-Hype. Vor allem aber gelang es ihm, die Seele des Parteitages zu streicheln – nannte explizit 13 Parteigliederungen beim Namen, für die sein Gegenspieler „keine Zeit“ hat, sprach die Meriten der Altvorderen an, begrüßte namentlich die jüngsten Parteimitglieder und lobte das Engagement der 40000 Parteimitglieder in mehr als 1000 Ortsverbänden. Die braucht ein Spitzenkandidat!

Mit 79 von 400 gültigen Stimmen landete Marlon Bröhr dennoch einen Achtungserfolg. Für die Landes-CDU um Julia Klöckner und Christian Baldauf sind diese knapp 20 Prozent verkraftbar, bleiben aber auch Mahnung, den klugen Kopf aus Simmern nicht zu vergessen und ihn einzubinden. Im heimischen Hunsrück hat Bröhr zweifellos gezeigt, dass er Siege einfahren und einen Landkreis erfolgreich führen kann. Die wirtschaftliche Performance des SIM-Kreises, die Schuldenhalbierung, die anerkannt ökologische Ausrichtung sprechen eine deutliche Sprache. Bemerkenswert seine Worte bei der Gratulation des Siegers, als er Baldauf zurief „ab jetzt auch gerne in Deinem Team!“. Ob der’s als noble Geste oder als Bedrohung sehen mag: Bröhr ist „unabhängig“, wie er gerne betont, und hat Zeit: 2026 könnte er es noch einmal versuchen – dann nicht mehr mit aufgeblähten Segeln, sondern vielleicht mit mehr Leistung im Maschinenraum.

E-Mail: Peter.Burger@rhein-zeitung.net

Machtkampf zwischen Bröhr und Baldauf
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