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Rheinland-Pfalz

Bei der Polizei sorgt neues Schichtmodell für Frust: Ausgebrannt – trotz gesünderer Arbeit?

Von Ursula Samary
Uniformen der rheinland-pfälzischen Polizei: Eigentlich soll das Projekt „Gesünderes Arbeiten bei der Polizei“, kurz GAP, den oft stressigen Berufsalltag der Beamten im Schichtdienst erträglicher machen. Doch viele Betroffene und ihre Familien beklagen dadurch neue Probleme.  Foto: dpa
Uniformen der rheinland-pfälzischen Polizei: Eigentlich soll das Projekt „Gesünderes Arbeiten bei der Polizei“, kurz GAP, den oft stressigen Berufsalltag der Beamten im Schichtdienst erträglicher machen. Doch viele Betroffene und ihre Familien beklagen dadurch neue Probleme. Foto: dpa

Macht das Projekt „Gesünderes Arbeiten bei der Polizei“ etwa krank? Klingt paradox. Doch warum fühlen sich viele Beamte wegen des neuen Wechselschichtmodells offenbar erschöpfter als früher? Es gelten doch kürzere Schichtzeiten. Zwei Schichten an einem Tag sind auch nicht mehr erlaubt. Der Zusatzurlaub für Wechselschichtbeamte steigt im nächsten Jahr von vier auf sieben Tage. Trotzdem erreichte unsere Redaktion ein Brandbrief: Die neuen Dienstzeiten führten zu mehr Scheidungen und Burn-outs. Was ist los bei der Polizei? Eine Spurensuche.

Lesezeit: 4 Minuten
Frust macht sich seit Jahresbeginn breit. Da führt das Mainzer Innenministerium das neue Schichtmodell, kurz GAP genannt, auch unter dem Druck einer EU-Vorgabe zum Arbeitsschutz von 2003 ein. Seither gilt als grober Rahmen: Eine Schicht – stets vorwärtsrotierend im Wechsel von Früh, Spät und Nacht – soll grundsätzlich acht Stunden ...
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Der Überstundenberg schmilzt, wenn auch langsam – 10.000 Polizisten bis Oktober 2024?

Der Überstundenberg bei der rheinland-pfälzischen Polizei liegt zwar immer noch deutlich über der Millionenhöhe, aber immerhin schmilzt er ab. Die Mehrarbeit lag von 2010 bis 2017 in einer Spannbreite zwischen rund 1,6 und 1,8 Millionen Stunden. Im vergangenen Jahr ist der Wert erstmals auf unter 1,6 Millionen Stunden gesunken. Ende 2018 lag die Belastung bei rund 1,45 Millionen Stunden. „Sie ist mit derzeit rund 1,31 Millionen Stunden weiter rückläufig“, wie das Ministerium auf Anfrage unserer Zeitung berichtet.

Nach Angaben des Vizelandesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund (DPolG), Patrick Müller, fallen die meisten Überstunden bei der Bereitschafts- und Kriminalpolizei an, nicht in der Wechselschicht. Wie der Landesvize der Gewerkschaft GdP, Bernd Becker, sagt, ist die Polizeistärke aber bereits für den Normalbetrieb „auf Kante genäht“. Wenn Beamte aber Woche für Woche in Kandel zu Demoeinsätzen ausrücken müssen, dann wirke sich das natürlich aus. Als anderes drastisches Beispiel ist für Becker der Cypercrimebunker mit 290 verbrecherischen Servern in Traben-Trarbach. Da wundere es nicht, dass etliche Sachbearbeiter binnen einigen Monaten Mehrarbeit „im drei- oder gar vierstelligen Bereich“ auf ihren Konten hätten.

Neben diesen Extremfällen fallen natürlich auch anderswo immer noch mehr als eine Million Überstunden an. Deshalb fordert die GdP mittelfristig 10.000 Vollzeitstellen. Diese Marke hält das Ministerium bis Oktober 2024 für keine Utopie mehr.

In den vergangenen drei Jahren wurden jeweils 580 Anwärter eingestellt. Derzeit gibt es etwa 8900 Vollzeitstellen, etwa 9350 Beamte sind teils in Teilzeit derzeit im Dienst. Bereits in diesem Jahr seien mehr Kräfte in den aktiven Dienst nachgerückt als Beamte in Pension gingen. Die Zahl von etwa 10 000 Polizisten wäre ein Rekord im Land. Trotz wachsender Aufgaben etwa bei der Bekämpfung von Internetkriminalität sowie terroristischer Gefahr geht das Ministerium davon aus, dass vom Aufwuchs auch der Wechselschichtdienst profitiert. us

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