Rheinland-Pfalz
Auf dem Weg zum„Biotech Valley“: Potenzial der Region zwischen Mainz und Birkenfeld soll ausgeschöpft werden
Die rot-grün-gelbe Landesregierung will Rheinland-Pfalz zu einem weltweit führenden Biotechnologiestandort ausbauen.
dpa

Wer denkt bei „Biotech Valley“ in Rheinland-Pfalz nicht direkt an das Silicon Valley in Kalifornien, einen der weltweit wichtigsten Standorte der IT-Branche? Diese gedankliche Verbindung ist ambitioniert und von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz, die Patin des Begriffs ist, bewusst gewählt.

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Hintergrund des Ende 2021 in die Diskussion eingeführten Begriffs ist das Ziel, eine ganze Region – und nicht nur die Landeshauptstadt Mainz als Hauptsitz des bekannten Corona-Impfstoffherstellers Biontech – in den Blickpunkt dieses chancenträchtigen Wirtschaftszweigs zu rücken.

Ausbau zum „Biotech Valley“

Genau darum geht es einem Bündnis mehrerer Kommunen und Hochschulen sowie der IHK Koblenz und Rheinhessen, die in Ingelheim eine entsprechende Resolution unterzeichnet haben. In ihr wird dazu aufgerufen, das Potenzial der Region zwischen Mainz und dem Landkreis Birkenfeld auszuloten und sie zu einem „Biotech Valley“ auszubauen. Beteiligt sind die Landkreise Mainz-Bingen, Bad Kreuznach und Birkenfeld, die Städte Bad Kreuznach, Bingen, Ingelheim und Idar-Oberstein sowie die Hochschule Trier und die Technische Hochschule Bingen.

Der Hauptgeschäftsführer der IHK-Koblenz, Arne Rössel, hatte bereits Ende 2021 im Gespräch mit unserer Zeitung eine Ausdehnung des Biotechnologieschwerpunktes Mainz über das nahe Ingelheim – dem Hauptsitz des Pharmariesen Boehringer Ingelheim – bis nach Bingen, Bad Kreuznach, Idar-Oberstein und Birkenfeld angekündigt. Dort hat sich bereits einiges in Sachen Biotechnologie getan: Die Wirtschaft verweist auf viele mittelständische Unternehmen, die in vor- und nachgelagerten Branchen eng mit dem Sektor zusammenarbeiten. Die Koblenzer IHK arbeitet dabei eng mit der IHK Rheinhessen zusammen. Deren Hauptgeschäftsführer Günter Jertz hatte zu Jahresbeginn dazu aufgerufen, die durch den Biontech-Erfolg entstandene „Jahrhundertchance“ zu nutzen. „Im kleinen Rheinland-Pfalz muss man etwas größer denken“, betonte er.

Hohe Steuereinnahmen

Kern des Anliegens ist der Wunsch, auch den ländlichen Raum besser einzubinden. Dort böten sich vielfältige Möglichkeiten, auch Kapazitäten für Labore oder freie Bauflächen seien entsprechend vorhanden, erklärt die IHK.

Neben den über die Grenzen des Bundeslandes hinaus bekannten Leuchttürmen wie Biontech und Boehringer Ingelheim verweisen die Befürworter der Idee auf eine ganze Reihe von Einrichtungen und Unternehmen aus der zweiten Reihe. Genannt werden beispielsweise die Stiftung Kreuznacher Diakonie mit den Klinikstandorten in Bad Kreuznach, Kirn (Kreis Bad Kreuznach) und Simmern/Hunsrück (Rhein-Hunsrück-Kreis) sowie die in Bingen ansässige Technische Hochschule mit den Studiengängen Angewandte Bioinformatik, Biotechnologie, Medizinische Biotechnologie (Sitz in Bad Kreuznach). Auch der Umwelt-Campus Birkenfeld mit den Studiengängen Bio- und Pharmatechnik, Bio- und Prozessingenieurwesen und dem Institut für biotechnisches Prozessdesign gehört in diese Reihe.

Dass auch die Kommunen großes Interesse an dem Thema haben, liegt auf der Hand. Laut Statistischem Landesamt sind im vergangenen Jahr die Gewerbesteuereinnahmen in Mainz im Vergleich zum Jahr davor von 155 auf 646 Millionen Euro und in Idar-Oberstein (Kreis Birkenfeld) von 10 Millionen auf 208 Millionen Euro nach oben geschnellt. Welche Unternehmen hinter diesen Mehreinnahmen stecken, wurde in der Auflistung wegen des Steuergeheimnisses nicht mitgeteilt. Bekannt ist aber, dass Biontech seinen Hauptsitz in Mainz hat und einen weiteren Standort in Idar-Oberstein (Landkreis Birkenfeld).

Ausbau zu führenden Biotechnologiestandort

Auch die rot-grün-gelbe Landesregierung weiß um die Bedeutung der Branche. Sie will Rheinland-Pfalz zu einem weltweit führenden Biotechnologiestandort ausbauen und hat die Förderung der Branche zu einem ihrer Hauptziele für die laufende Legislaturperiode erklärt. Ein wichtiges Puzzlestück ist dabei der Biotechnologiebeirat, der vor gut einem Monat seine Arbeit aufgenommen hat.

Das Gremium zählt namhafte Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft zu seinen Mitgliedern wie die beiden Biontech-Mitgründer Özlem Türeci und Christoph Huber, Schott-Vorstandschef Frank Heinricht, BASF-Vorstand Melanie Maas-Brunner sowie Vertreter aus Verbänden und Politik. Sie arbeiten ehrenamtlich in dem Beirat. Den Vorsitz hat die Deutschlandchefin von Boehringer Ingelheim, Sabine Nikolaus.

Eine enge Verzahnung von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft ist nach Ansicht der IHK wichtig, da das Bundesland in einem internationalen Standortwettbewerb stehe. Entscheidend sei dabei, dass Rheinland-Pfalz die „Aufgaben vor der eigenen Haustür erledigt“, sagte Rössel. So müssten die Kommunen Flächen ausweisen, damit sich Unternehmen ansiedeln können „und daraus vielleicht eines Tages erneut ein Erfolg wie Biontech entsteht“. Auch ein positives Umfeld beispielsweise mit guten Schulen und einem ausreichenden Wohnungsangebot für die Mitarbeitenden sei wichtig.

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