Die Studie von drei Ökonomen über einen angeblich sehr geringen Einfluss von Lockdown-Maßnahmen auf die Todeszahlen in der Corona-Pandemie haben mehrere Experten kritisch bewertet. Die Kernaussage, Lockdowns verhinderten keine oder kaum Todesfälle, ist aus Sicht des Leiters des Instituts für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie an der Universität Marburg, Max Geraedts, „so nicht haltbar“.
Ihr Papier bezeichnen die Autoren Jonas Herby, Lars Jonung und Steve H. Hanke als sogenannte Meta-Studie, die als eine Art Überblick die Daten von rund 30 Einzelstudien und Arbeitspapieren zusammenfasse. Es gebe aber eine Fülle wissenschaftlich qualitativ wesentlich hochwertiger Studien, „die nicht berücksichtigt wurden“, kritisiert Geraedts.
Herby und Kollegen kommen in ihrem Papier zu dem Schluss, dass staatlich geregelte Maßnahmen weltweit im Vergleich zu Empfehlungen und freiwilligem Verhalten der Bevölkerung kaum Effekt gehabt hätten: In der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 sei laut den untersuchten Studien die Covid-19-Todesrate durch verordnete Regelungen um nur 0,2 Prozent gesenkt worden.
Der Ökonom Andreas Backhaus von der Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert, dass einige der untersuchten Einzelstudien „nicht übermäßig überzeugend“ seien. Sie erhielten „in der Meta-Analyse jedoch ein sehr hohes Gewicht“, twitterte er. Die Untersuchung von Herby und seinen Kollegen wurde in keinem Journal herausgegeben, sondern von einem der Autoren auf der Internetseite des Johns Hopkins Institute for Applied Economics veröffentlicht. „Dadurch umgehen die Autoren die Begutachtung durch Fachleute (Peer Review), eine der wichtigsten Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Wissenschaft“, bemängelt der Virologe Friedemann Weber von der Uni Gießen. „Studien im Eigenverlag herausgeben, ist absolut unüblich und unwissenschaftlich.“