Zum Nachbacken: Bester Christstollen aus Dresden

Michael Wippler erklärt genau, worauf beim Backen eines Dresdner Christstollens zu achten ist. Erst bei 200 Grad, später zum Ausbacken bei 160 Grad, kommt er eine Stunde in den Ofen.
Michael Wippler erklärt genau, worauf beim Backen eines Dresdner Christstollens zu achten ist. Erst bei 200 Grad, später zum Ausbacken bei 160 Grad, kommt er eine Stunde in den Ofen. Foto: Marcelo Peerenboom

Haben Sie Appetit auf Dresdner Stollen? Unser Redakteur war in Dresden und hat bei einem Meister seines Fachs gelernt: So gelingt Christstollen wirklich jedem. Eine weihnachtliche und leckere Reisegeschichte der besonderen Art.

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Von unserem Redakteur Marcelo Peerenboom

Na, wenn das kein gekonnter Meistergriff ist: Michael Wippler langt mit beiden Händen mitten hinein in den großen, hellen Teigberg, drückt die Finger zusammen, reißt einen Teil der Masse ab, wirft diesen auf die Waage – und siehe da: vier Pfund. Was jetzt noch einmal so richtig durchgeknetet und in einer ganz bestimmten Reihenfolge kräftig eingeschlagen, mit dem Handballen platt geklopft und dann mit gespreizten Fingern in die Länge gerollt wird, das kommt rund eine Stunde später als prächtiger Stollen aus dem Backofen. Und das ist nicht irgendein Stollen, sondern der echte Dresdner Christstollen.

Michael Wippler, Seniorchef der Bäckerei Wippler im Alten Kammergut im Dresdner Stadtteil Pillnitz, lächelt immer, wenn er Touristen in die Geheimnisse der Stollenbackkunst einführt und ihnen bei ihren ersten Backversuchen hilfreich zur Seite steht. Wippler ist mit Leib und Seele Stollenbäcker und freut sich jedes Mal, wenn die Saison wieder startet. „Traditionell beginnen wir mit der Herstellung des Dresdner Christstollens nach dem Reformationstag“, berichtet der Bäckermeister. „Wenn es losgeht, sind alle bei uns ganz aufgeregt. Dann wird schnell alles von Stollenduft durchzogen.“

So ist es auch in der kleinen Schaubackstube, die Michael Wippler eigens für die Stollenbackkurse eingerichtet hat. Mit alten Handwerksutensilien hat er die Wände dekoriert, in der Ecke steht die beeindruckende Teigknetmaschine und rechts der große Backofen, der mit Exemplaren in heimischen Küchen überhaupt nicht zu vergleichen ist. Das Schöne bei den Stollenbackkursen: Jeder hat sein Erfolgserlebnis. Garantiert. Immer kommt am Ende ein stolzer Vierpfünder aus dem Ofen, der nach Weihnachten riecht und den man mit nach Hause nehmen darf.

Länger lagern

Allzu schnell sollte man sich über das köstliche Gebäck allerdings nicht hermachen. „Zehn Tage Lagerung – das ist eine gute Zeit“, mahnt Wippler zur Geduld. Erst dann hat sich der unvergleichliche Geschmack aus Rumrosinen, Zitronat, Mandeln und all den anderen Zutaten so richtig ausgebreitet, und dem (vor-)weihnachtlichen Stollengenuss steht nichts mehr im Wege.

Was ist eigentlich das Besondere am Dresdner Christstollen? Dass er völlig ohne Marzipan auskommt, ist schnell erkannt. Aber sonst? Da tritt René Groh auf den Plan. Er ist Geschäftsführer des Schutzverbands Dresdner Stollen e. V. und so etwas wie der Hüter des echten Dresdner Stollens. Wann immer jemand einen Stollen herstellt und ihn bei der Namensgebung oder durch bildliche Hinweise mit der sächsischen Hauptstadt verknüpft, bekommt er es mit René Groh zu tun. Nur wer im Großraum Dresden backt und sich an das Reinheitsgebot hält, der darf sein Gebäck „Dresdner Christstollen“ nennen. Alle anderen riskieren eine Abmahnung mit saftigen Strafen. Mit vielen hat sich Groh schon angelegt, auch mit der Firma Schneekoppe, die den Rechtsstreit auch verlor. In der Satzung des Schutzverbandes sind genaue Mindestanforderungen an die Zutaten Sultaninen, Madeln, Butter sowie Zitronat und Orangeat festgelegt. Wer davon abweicht, darf das Schutzsiegel, in dessen Mitte der Goldene Reiter abgebildet ist, nicht verwenden.

Zu DDR-Zeiten, erzählt Michael Wippler, konnte er es mit diesem Reinheitsgebot nicht immer so genau nehmen. In der sozialistischen Mangelwirtschaft begann er meist schon im Januar damit, alle Zutaten zu organisieren, die er vom Reformationstag an benötigen würde. Wenn mal wieder das Zitronat fehlte, schwenkten er und seine Bäckerkollegen gern auf getrocknete und kandierte grüne Tomaten um. „Die sahen grün aus und waren süß“, erklärt er ganz pragmatisch. Und Marzipan für andere Spezialitäten mussten sie schon mal aus Getreide herstellen. Ums Improvisieren waren die DDR-Bäcker nie verlegen. Heute, 25 Jahre nach der Wende, bereitet Wippler hingegen der Preis für Mandeln Sorge. Die sind so teuer geworden, dass er auch seinen Stollenpreis anpassen musste.

Pfefferkuchenstadt Pulsnitz

Während im Großraum Dresden rund 130 Bäckereien und Konditoreien den echten Dresdner Christstollen herstellen, nimmt sich die Zahl der Pfefferküchlereien recht bescheiden aus. Ganze acht Betriebe gibt es heute noch in Pulsnitz, der einzigen Pfefferkuchenstadt Deutschlands. Die Reise ins Weihnachtsland Dresden widmet sich auch dieser alten Backtradition und führt schnurstracks ins Haus des Gastes, wo Siegmar Schubert auf seine unnachahmliche Art Schulklassen, Touristengruppen in die Welt des Pfefferkuchens einführt. „Das ist süßes Brot“, erläutert der bärtige Mann, der inmitten alter Handwerksgeräte steht, die der Herstellung des Pfefferkuchenteigs dienten. Der süße Sauerteig, erfahren die Gäste, wird durch Bakterienkulturen zersetzt, nicht durch Hefe.

In Pulsnitz können Gäste selbst ihren Pfefferkuchen mit Zuckerschrift dekorieren.
In Pulsnitz können Gäste selbst ihren Pfefferkuchen mit Zuckerschrift dekorieren.
Foto: Marcelo Peerenboom

Mit Weihnachten hat das Gebäck eigentlich gar nichts zu tun. „Im Lauf der Zeit wurden wir in die Weihnachtsecke gedrängt“, stellt Peter Kotzsch fest. Er ist Obermeister der einzigen Pfefferküchler-Innung, die es überhaupt gibt. Seit 1558 wird in Pulsnitz bei Dresden Pfefferkuchen hergestellt – das ganze Jahr über. Im Unterschied zu Lebkuchen, wie er beispielsweise aus Nürnberg kommt, wird Pfefferkuchen immer noch ganz traditionell und handwerklich hergestellt. „Kein Fett, keine Eier, keine Milch: 100 Prozent vegan“, wie Siegmar Schubert klarstellt. Auch hier existiert eine Art Reinheitsgebot. Das Zentrale darin: Exakt neun Gewürze – Zimt, Nelken, Ingwer, Piment, Anis, Muskatblüte, Fenchel, Kardamom und Koriander – gehören in den Teig, der durchaus neun Monate liegen darf, ehe er verarbeitet wird: zu Herzen, Weihnachtsmännern, Hexenhäuschen und vielem mehr. Mit Pfeffer hat dieses süße Brot übrigens nichts zu tun. Pfeffer, so erklärt es Peter Kotzsch von der Pfefferküchlerei Hermann Löschner, ist der Oberbegriff für die ganzen Gewürze – also gepfefferter Kuchen. Auch den Namen Lebkuchen kann er schön erklären: „Das war einmal ein Lebenskuchen, ein Überlebenskuchen.“ Oder, wie es Siegmar Schubert sagt: „Ein Arme-Leute-Essen“. Und lecker ist er.

Zutaten für den Dresdner Stollen:

580 g Mehl
465 g Sultaninen
290 g Butter und Butterschmalz
175 ml Milch
116 g Zitronat/Orangeat
100 g Puderzucker für Deko
90 g Mandeln
70 g Hefe
40 ml Rum
92 g Zucker
7 g Salz
1 g Gewürze
Backen 1 Stunde bei 200 Grad

Wissenswertes für Reisende:

Anreise: Nach Dresden kommt man schnellsten per Flug; Direktflüge von Frankfurt bietet Lufthansa, von Köln/Bonn fliegt Germanwings. Auch per Auto und Bahn ist eine Anreise möglich.

Zielgruppe: Eine Reise ins winterliche Dresden eignet sich für die ganze Familie.

Beste Reisezeit: Dezember, wenn es ums weihnachtliche Dresden geht

Unsere fünf Ausflugstipps:

  • Museum und Pfefferkuchen-Schauwerkstatt in Pulsnitz
  • Stollenbackkurs in einer Dresdner Bäckerei (Infos zu Terminen: www.dresdnerstollen.com)
  • Frauenkirche: Orgelandacht mit anschließender Führung und Kuppelaufstieg
  • Stadtrundfahrt zu Wasser mit der Sächsischen Dampfschifffahrt
  • Besuch einer Vorstellung in der Semperoper

Unser Autor ist gereist mit Germanwings und hat übernachtet im Hotel Schloss Eckberg und im Hotel Gewandhaus Dresden. Diese Reise wurde unterstützt von der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen.

Informationen zu Angeboten in der Advents- und Weihnachtszeit unter www.sachsen-tourismus.de