RZ-Interview mit Filmemacher Christoph Mayr

Wie krank machen Energiesparlampen? Und wem nützt diese Erfindung? Mit dem Film „Bulb Fiction“, der seit 29. Mai in deutschen Programmkinos läuft, will der österreichsche Filmemacher Christoph Mayr „die Wahrheit ans Licht bringen“. Unsere Redakteurin Nicole Mieding sprachen mit dem Regisseur über den Antrieb zu seiner Recherche und über die Reaktionen, die er mit seinem Film beim Publikum erntet.

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„Bulb Fiction“ lief auf verschiedenen Festivals, in Österreich war Ihr Film schon im Kino zu sehen: Wie reagiert das Publikum?

Es gibt zwei Arten von Publikum bei diesem Film: das potenzielle und das tatsächliche. Die Leute, die den Film noch nicht gesehen haben, sind meist skeptisch. Die ihn gesehen haben, sind – in aller Unbescheidenheit – fast alle ziemlich begeistert oder zumindest berührt. Gelangweilt hat sich noch keiner.

Wie begegnen Sie Kritikern, die Ihnen vorwerfen, als Dokumentarfilmer viel zu subjektiv vorzugehen?

Das Gesetz, dass ein Dokumentarfilm nicht subjektiv sein darf, steht nirgends geschrieben. Wir haben ja keinen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Es gibt seit Jahrzehnten eine Marketingstrategie der Lichtindustrie. Unser Film ist eine winzig kleine Gegenstimme gegen diese Strategie. Das war nicht so geplant, hat sich aber so ergeben. Zeigen Sie mir einen objektiven Werbespot für Energiesparlampen, dann mach ich einen objektiven Film!

Ich bin in der Auseinandersetzung mit dem Thema zu einer Meinung gekommen, und die stelle ich dar. Das finde ich ehrlicher als dieses pseudo-objektive Getue das einen falschen Anschein erweckt und in Wahrheit natürlich genauso meinungsgefärbt ist. Die Erzählweise ist die einer investigativen Doku. Die muss hart sein, schnell, auf den Punkt bringen, leicht verständlich sein und natürlich wahr – alles, was wir erzählen, basiert auf Zahlen, die von der Industrie oder Politik veröffentlich worden sind.

Wissen Sie, wie es dem kleinen Max heute geht, der im Film als Opfer eines Unfalls mit einer Energiesparlampe auftaucht?

Dem geht’s besser. Er hat aber noch immer kein wallendes Haar, das ihm ja komplett ausgefallen war. Es gibt übrigens noch zwei Brüder, die im Film gar nicht zu sehen sind, weil nicht alle ins Rampenlicht gezerrt werden sollten: Ein paar Monate altes Baby, das in der Nacht nach dem Unfall einen Pseudokrupp-Anfall erlitten hat und fast erstickt wäre. Und einen Bruder, der keinerlei Beeinträchtigungen zeigt – er hatte an diesem Tag bei einem Freund geschlafen… Ein bisschen problematisch ist, dass Max derzeit stark ins Medieninteresse rückt. Das wollen seine Eltern verständlicherweise nicht. Ihnen war nur wichtig, andere Menschen vor einer Gefahr zu warnen, von der sie bis dahin nichts wussten.

Im Film werden viele missliche Themen im Zusammenhang mit der ESL angesprochen: Umweltbelastung, Gesundheitsgefahr, geheime Absprachen von Industriekartellen, die Blauäugigkeit von EU-Beamten – wo brennt’s am meisten?

„Bulb Fiction“ ist kein Film über Lampen. Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber es geht im Grunde darum, wie Politik und Industrie miteinander verquickt sind. Er zeigt, was sich zur Gewinnmaximierung hinter geschlossenen Türen so alles abspielt. In Wahrheit ist es eine Kritik an der EU, der Politik und den NGOs, die sehr blauäugig und mir unverständlich reagieren.

Was hat sich seit Bekantwerden Ihres Films auf diesen Feldern getan: Irgendwas erreicht?

Das lässt sich leicht beantworten (lacht): nichts! Man kann mit einem Film etwas aufzeigen, die Leute wachrütteln und vielleicht dazu bewegen, sich zu informieren und nicht wie wir obrigkeitshörigen durchregulierten Mitteleuropäer es gewohnt sind, mit den Schultern zu zucken und sich zu sagen: „Na ja, wird schon passen, was die da oben machen.“ Aber ich glaube nicht, dass man die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen zwischen Politik und Großindustrie mit einem kleinen Film auch nur stören könnte.

Es gab noch nicht einmal Drohanrufe seitens der Lichtindustrie?

Nein, so schätze ich die auch nicht ein. Industrie und Handel verhalten sich still und sagen nichts, weil sie wissen, dass es strategisch ein großer Fehler wäre, ihren Markennamen in dieser Diskussion einzubringen.

Ihre Mission heißt Aufklärung: Wie gut ist Ihnen das mit dem Film gelungen?

Ich stelle schon eine gesteigerte Sensibilität beim Thema Energiesparlampen fest – nicht nur durch mich. Es scheint sich da ein Bewusstsein zu bilden.

Das Gespräch führte Nicole Meding