Rheinland-Pfalz

Erpel „vergewaltigen“ Enten auf der Ahr

Jeder will mal ran: Entenweibchen haben es nicht leicht. Tierschützer machen auch das Füttern für solche Szenen verantwortlich. Die Männchen laufen keinen Fressfeinden mehr vors Maul.
Jeder will mal ran: Entenweibchen haben es nicht leicht. Tierschützer machen auch das Füttern für solche Szenen verantwortlich. Die Männchen laufen keinen Fressfeinden mehr vors Maul. Foto: nic0 (CC by)

Tierliebhaber beobachten derzeit grausame Szenen auf den Flüssen. Die Täter: nicht Menschen, sondern Erpel. Ein scheinbarer Erpelüberschuss bringt die Enten in Bedrängnis – schwere Verletzungen oder sogar der Tod der Entendamen sind die Folge.

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Rheinland-Pfalz – Tierliebhaber beobachten derzeit grausame Szenen auf den Flüssen. Die Täter: nicht Menschen, sondern Erpel. Ein scheinbarer Erpelüberschuss bringt die Enten in Bedrängnis – schwere Verletzungen oder sogar der Tod der Entendamen sind die Folge.

In den Augen von Tierliebhabern ist etwa die Ahr derzeit immer wieder Schauplatz grausamer Vergewaltigungen. Die Täter sind aber nicht Menschen, sondern Erpel. Genauer: die männlichen Vertreter der Stockenten, der in unseren heimischen Gewässern am häufigsten anzutreffenden Wasservogelart. Und weil es scheinbar einen Erpelüberschuss gibt, müssen Beobachter nicht selten mit ansehen, wie mehrere Erpel versuchen, mit aller Gewalt dasselbe Weibchen zu decken – was zu schweren Verletzungen bei den Entendamen führen kann. Manchmal wird die Hartumkämpfte sogar so heftig und anhaltend unter Wasser gedrückt, dass sie ertrinkt. Und gerade jetzt, kurz nach der Paarungszeit, gehen bisher erfolglos gebliebene Entenmännchen gar nicht zimperlich vor, sobald ein Weibchen auftaucht.

„Auch wir beobachten das jährlich. Der Überschuss der Erpel ist ein Problem“, sagt Jürgen Kindgen, Vorsitzender des Kreisjagdvereins Ahrweiler. Laut Kindgen könnte ein Grund für den Erpelüberschuss sein, dass die Enten, die die Brutpflege übernehmen, als Bodenbrüter leichter Raubtieren wie Greifvögeln, Füchsen, Katzen oder Hunden zum Opfer fallen als ihre männlichen Artgenossen.

Seine Lösungsansätze dürften Tierliebhabern allerdings weniger gefallen: die schärfere Bejagung von Erpeln und Raubtieren, zum Beispiel Füchsen. „Aber wo der Mensch dicht an Gewässern siedelt, kann trotz Jagdsaison weniger gejagt werden. Außerdem hat da ja oft jede Ente ihren Namen – da gäbe es bestimmt Ärger“, sagt Kindgen.

Von der Erklärung, dass das Geschlechterungleichgewicht durch hohes Räuberaufkommen verursacht sein könnte, hält Klaus Richarz, Vogelkundler und Leiter der staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, dagegen wenig.

„Der Hinweis, dass jede Ente womöglich ihren Namen hat, führt zum eigentlichen Kern des Problems.“ Für ihn ist die Sache klar: Der Mensch ist schuld – weil er die Enten füttert und damit unnatürlich viele an die Gewässer in seiner Umgebung bindet. „Diese ‚Verhausschweinung’ kennen wir ja schon von Tauben, die sich aufgrund des schnellen Nahrungsangebotes in Städten sammeln, anstatt zur Nahrungssuche auf die Felder zu fliegen – wo dann auch natürliche Feinde den Bestand regulieren würden.“

Dabei ist es bei Stockenten ganz natürlich, dass mehrere prächtig gefärbte Erpel in der Paarungszeit um ein Weibchen balzen. Es kommen nur die schönsten zum Zug – die erfolglosen bleiben dann allerdings im Mob zurück. „Es gibt also keinen eigentlichen Überschuss“, so Richarz. Weil Entenweibchen nach der Begattung sofort alleine einen intimen Brutplatz aufsuchen, entsteht so innerhalb kurzer Zeit das unheilvolle Ungleichgewicht der Geschlechter. Die zurückgebliebenen Weibchen haben dann das Nachsehen. „Das sind wirklich unschöne Szenen“, meint Richarz.

Er rät deshalb: „Füttern ist kein Tierschutz: Wer Entendamen vor so einer Vergewaltigung bewahren möchte, der sorgt dafür, dass die Tiere nicht regelmäßig gefüttert werden.“ Der Experte macht außerdem darauf aufmerksam, dass auch der Kot zu vieler Tiere vor allem bei anhaltend trockenem und warmem Wetter dazu führen kann, dass stehende Gewässer wie Weiher umkippen, also so sehr verschmutzen, dass die natürliche Selbstreinigung gestört ist. „Auch das ist Auslöser für vermehrten Vogeltod, und auf das Füttern zurück zu führen“, informiert Richarz.

Von Sandra Elgaß