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Rheinland-Pfalz

Deubel bangt nach Nürburgring-Desaster um wirtschaftliche Existenz: Anklägerin fordert zwei Jahre und vier Monate Haft

Von Ursula Samary
Tränen und Selbstkritik: Wie sich Ex-Finanzminister Ingolf Deubel (rechts) mit seinem Verteidiger Rüdiger Weidhaas jetzt der Strafkammer vorstellt, hat ihn noch keiner im ersten Prozess oder im Landtag erlebt. Aber nun geht es um Freiheit und Pension. Das Urteil soll am Freitag um 12 Uhr fallen. Foto. dpa
Tränen und Selbstkritik: Wie sich Ex-Finanzminister Ingolf Deubel (rechts) mit seinem Verteidiger Rüdiger Weidhaas jetzt der Strafkammer vorstellt, hat ihn noch keiner im ersten Prozess oder im Landtag erlebt. Aber nun geht es um Freiheit und Pension. Das Urteil soll am Freitag um 12 Uhr fallen. Foto. dpa Foto: dpa

Das Landgericht Koblenz, das im April 2014 den früheren Finanzminister und Nürburgring-Aufsichtsratschef Ingolf Deubel (SPD) wegen schwerer Untreue in 14 Fällen und uneidlicher Falschaussage rund um den Finanzcrash am Nürburgring zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte, erlebt im neuen Prozess einen völlig gewandelten Ex-Politiker – einen 69-Jährigen, der bei Verlust seiner Pension seinen Ruin fürchtet.

Lesezeit: 3 Minuten
Deubel, der bis 2014 dozierend bis arrogant alle von seiner Unschuld überzeugen wollte, zeigt sich unter Tränen nun reumütig, gibt Fehler und eine „an Starrsinn grenzende Verhaltensweise“ zu, mit der er für Rheinland-Pfalz immensen Millionenschaden verursacht habe. Vor der 10. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Monika Fay-Thiemann gibt es an ...
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Das Millionending vom Nürburgring

Als der damalige Ministerpräsident Kurt Beck 2006 die absolute Mehrheit hatte, wollte er endlich – ohne die finanziell bremsende FDP im Kabinett – den Nürburgring um ein gigantisches Freizeit- und Kongresszentrum ergänzen, um auch im Winter Besucherscharen anzulocken – in zwei neue Hotels, ins Feriendorf, zur Vergnügungsmeile mit Großdisco und einem Ring-Boulevard mit Ring-Racer.

Mindestens 50 Prozent sollten privat investiert werden, die Hotels und Gastronomieangebote zu 100 Prozent. Dumm nur: Ein solventer Investor wollte sich einfach nicht finden. So wurde eine klamme Investorengruppe von Ingolf Deubel gestützt, der als Finanzminister und Aufsichtsratschef der nahezu landeseigenen Nürburgring GmbH der Herr über alle Gelder war. Über die Landesförderbank flossen stille Anleihen von 85 Millionen Euro. Am Ende vertraute er darauf, dass der Schweizer Urs Barandun mit der amerikanischen Miracle Asset Management (Wundervermögensverwaltung) einen großen Geldgeber an der Hand hatte. Chef sollte Pierre S. Dupont sein, den Beck von Milliardärsadel wähnte, der aber noch keine 100 Dollar auf dem Konto hatte. Kurz vor der pompösen Eröffnung der überdimensionierten Anlage am 9. Juli 2009 platzten zwei ungedeckte Schecks über 100 Millionen Euro. Deubel trat am 7. Juli zurück. Barandun muss sich seit Oktober 2019 wegen Urkundenfälschung vor dem Mainzer Landgericht verantworten.

Die nahezu landeseigene Nürburgring GmbH musste 2012 Insolvenz anmelden. Im Herbst 2014 ging der Ring mehrheitlich in das Eigentum des russischen Unternehmers Viktor Kharitonin über. Seine Gesellschaft am Ring gibt an, in der Eifel schwarze Zahlen zu schreiben. Von Formel-1-Rennen, einem großen Verlustbringer, ist keine Rede mehr.

Die gesamte Anlage mit der legendären „grünen Hölle“ war nach der Pleite auf Kosten der rheinland-pfälzischen Steuerzahler günstig zu erwerben – für 77 Millionen. So viel waren die beiden Rennstrecken wert, wie ein Gutachten der Insolvenzverwalter ergab. Die mindestens 330 Millionen Euro teure Investition für die in die Eifel geklotzten Hotels, das Feriendorf und andere Immobilien gab es obendrauf, auch die teure, aber wertlose Achterbahn. Sie steht still – diente 2009 als Kulisse für die Probefahrt mit dem fürstlich honorierten Boris Becker, der als Ring-Botschafter eingekauft worden war. us

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