Mainz/Neuwied

Mainzer Leibniz-Zentrum für Archäologie: Geplante Ausstellungseröffnung verspätet sich noch um einige Zeit

Von Ira Schaible
Presserundgang im Neubau des LEIZA
Die Öffentlichkeit muss derzeit noch draußen bleiben: Der Paläontologe Ivan Calandra steht vor dem Computertomografen (CT) des Leibniz-Zentrums für Archäologie in Mainz, der bereits von Wissenschaftlern genutzt wird. Foto: Andreas Arnold/dpa

Der neue Hauptsitz des Leibniz-Forschungsmuseums in Mainz soll archäologische Spitzenforschung und Museumsbetrieb unter seinem Dach vereinen – die für dieses Jahr geplante Eröffnung der Ausstellung lässt allerdings noch deutlich länger als geplant auf sich warten.

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Auf der Internetseite der Stadt Mainz wurde die Eröffnung der Ausstellung im neuen Leibniz-Zentrum für Archäologie (Leiza) in Mainz am Mittowch noch für das Jahr 2024 angekündigt. Tatsächlich wird vor dem Zentrum auch gewerkelt – und gerade der Kopf einer römischen Göttin als Bushaltestellenwartehäuschen errichtet. „Das wird ein richtiger Eyecatcher“, sagt die Generaldirektorin des Leiza, Alexandra Busch. Das Kunstwerk der Künstler Banz von Rosen gilt als „identitätsstiftendes Signet“ mit Bezug zur Arbeit des Leiza. Die Eröffnung der mit Spannung erwarteten hochmodernen Dauerausstellung zum Thema „Zusammen leben“ im Leiza verzögert sich allerdings noch weiter – und ist jetzt für die erste Jahreshälfte 2026 geplant.

3-D-Computertomograf bereits im Einsatz

Der rund 1,3 Millionen Euro teure gigantische und in Europa einzigartige 3–D-Computertomograf im Leiza wird hingegen längst von Wissenschaftlern genutzt. Auch die Bibliothek ist inzwischen für Forscher aus aller Welt geöffnet. Rund 210.000 Medien von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter und besonderen Schwerpunkten wie Byzanz sind dort auf einer Regalfläche von rund sieben Kilometern Länge zu finden, wie Busch sagt. Dazu kommen noch etwa 10.000 digitalisierte Medien. Das Angebot an wissenschaftlichen Zeitschriften sei so groß, dass ausländische Kollegen in drei Wochen sichten könnten, wofür sie sonst Monate brauchten, weil sie an mehrere Orte reisen müssten. Die komplette Inbetriebnahme des rund 60 Millionen Euro teuren, modernen Gebäudes des Leiza sei auf einem sehr guten Weg, sagt Busch.

Aber die hochkomplexe Gebäudetechnik müsse noch einreguliert und einiges nachgebessert werden. Die Pandemie und damit verbundene Lieferschwierigkeiten der sehr speziellen Technik und Ausstattung des Forschungszentrums und Museums hatten dazu geführt, dass sich der Bezug des Neubaus auf das Frühjahr 2023 verschoben hatte.

Auch nebenan dauert es länger

Auch die vollständig überarbeitete Ausstellung im benachbarten Museum für Antike Schifffahrt lässt noch auf sich warten. Brandschutz und Barrierefreiheit seien noch nicht abschließend geklärt, nennt Busch als Gründe für die Verzögerung. Mehr als eine Million Euro seien vom Bund und Land für die Konzeption und Umsetzung der neuen Schau bereitgestellt worden. Diese stelle die Mobilität von Menschen und die Folgen für die Infrastruktur und die Begegnungen mit anderen Menschen in den Mittelpunkt und sei so für eine größere Gruppe von Besuchern interessant als die vorherige.

Der Umgang mit Gewalt, Religion, Krankheit und Tod sowie das Erinnern und Vergessen wichtiger Ereignisse und Personen: Das sind zentrale Themen für das Zusammenleben in Gemeinschaften und damit auch Themen, zu denen das Leiza forscht und die in der Dauerausstellung anhand archäologischer Funde vermittelt und zur Diskussion gestellt werden sollen, wie Busch erläutert. „Dabei geht es immer darum, aus der Archäologie besser verstehen zu können, wie wir als Menschen ticken.“ In der ersten Etage der Ausstellung werde die Frage im Mittelpunkt stehen, weshalb Gemeinschaften entstehen, in der zweiten, was sie zusammenhält.

Dabei gehe es immer um das Ich, das Wir und die Abgrenzung zu den anderen, sagt Busch. Die Besucher sollen wiederkommen, Neues erfahren „und zur Reflexion ihres gesellschaftlichen Kontextes angeregt werden können“. Mit Prologen für jedes Thema sollten sie abgeholt und die Verbindung zu dem Thema hergestellt werden, über die Archäologie hinaus.

Sechs Themenschwerpunkte mit je 100 bis 150 Originalen und Kopien sind geplant. „Wir wollen keine Materialschlacht.“ Es gehe vielmehr darum, „den Kopf für jedes Thema zu öffnen und zu zeigen, welche Erkenntnisse zu sich selbst und zum Zusammenleben man aus der Archäologie ziehen kann“. Daher seien sehr knappe Texte an den Ausstellungsstücken vorgesehen. Dazu kämen dann vielfältige interaktive Angebote und digitale Vertiefungsmöglichkeiten.

Erst schauen, dann informieren

Mit einer Leiza-Card sollen die Besucher während des Rundgangs digital in einer Cloud sammeln können, was sie interessiert, und hinterher vertiefende Informationen genau dazu lesen. Sie können sich auch ein personalisiertes Angebot digital schicken lassen, Feedback geben, Fragen stellen – und sogar eigene Führungen kreieren und verschenken, indem sie ihre Schwerpunkte setzen.

„4600 Besucher am Tag der offenen Tür haben die Beschäftigten im Leiza beflügelt“, sagt Busch und hofft, dass der Ausstellungsbau für die Dauerausstellung bald europaweit ausgeschrieben werden kann. „Jeder, der jetzt schon wissen will, wie unsere Spitzenforschung im Museum übersetzt werden wird, der kann das schon im Monrepos-Museum des Leiza in Neuwied erleben“, sagt Busch. „In dieser Ausstellung kann man erleben und erfahren, wie Verhaltensweisen, die wir heute noch in uns tragen, entstanden sind.“ Bei den Besuchern werde ein bestimmtes Verhalten provoziert und dann erklärt, wie das entstanden ist. „Man lernt da auch ganz viel über sich selbst.“

Das Wissenschaftsministerium weist darauf hin, dass das Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie seit Jahresanfang in das Leiza integriert ist und damit mit Schleswig noch ein vierter Standort dazu gekommen ist, denn in Mayen gibt es auch noch ein Labor für Experimentelle Archäologie. „Leiza-Archäologie ist ab jetzt europäische Archäologie!“, sagte Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD) zu der Erweiterung. Und ergänzte: „Leibniz-Institute zeichnen sich durch zwei Besonderheiten aus: wissenschaftliche Exzellenz und überregionale Bedeutung.“

Informationen zum Leibniz-Zentrum für Archäologie gibt es online unter www.leiza.de