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Rhein-Hunsrück

Tierquälerei: Pferdehalter können ihre Tiere schützen – Täter werden selten gefasst

Von Charlotte Krämer-Schick
Häufig sind es Pferde, die abseits des Orts untergebracht sind, die Tierquälern zum Opfer fallen. Wie Stute Flicka, die in der vergangenen Woche mit einem Messer verletzt wurde. Doch es gibt Möglichkeiten, die Tiere vor Übergriffen zu schützen.
Häufig sind es Pferde, die abseits des Orts untergebracht sind, die Tierquälern zum Opfer fallen. Wie Stute Flicka, die in der vergangenen Woche mit einem Messer verletzt wurde. Doch es gibt Möglichkeiten, die Tiere vor Übergriffen zu schützen. Foto: Werner Dupuis

Mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe müssen Täter rechnen, die einem Wirbeltier Schmerzen oder Leiden zufügen (Paragraf 17, Tierschutzgesetz). Das könnte auch denen drohen, die in den vergangenen zwei Wochen im Rhein-Hunsrück-Kreis Pferde misshandelt und verletzt haben (wir berichteten). Doch den oder die Täter zu finden, ist für die Polizei nicht einfach. Häufig bringen Tierhalter solche Misshandlungen gar nicht erst zur Anzeige. Zu gering ist ihrer Meinung nach die Chance, den Übeltäter festzusetzen. Der Polizei hingegen fehlen meist Anhaltspunkte, um die Tierquäler zu ermitteln. Insbesondere dann, wenn das Motiv unklar ist, wie Gebhard Petry von der Simmerner Polizei erklärt.

Lesezeit: 3 Minuten
Auch die Pferde von Claudia Gödersmann aus Altweidelbach wurden bereits zu Opfern von Tierquälern. Ihre Tiere hatten zwar keine Schnitt- oder Stichwunden, bei ihnen waren es Verätzungen am Maul, die den Pferden schwer zusetzten. Vor vier Wochen kippte ein Unbekannter Essigsäure in die Tränke, vor zwei Jahren war es Rattengift. ...
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Interview: Machtausübung als Lösung innerer Konflikte

Der forensische Psychiater Dr. Frank Reuther über den Typus des Pferderippers.

Herr Reuther, was sind das für Menschen, die sich in Ställe oder auf Weiden begeben, um dort Pferde bestialisch zu quälen?

Es handelt sich da um Leute, die in ihrem sozialen Umfeld nicht die Möglichkeit haben, jemanden zu beeinflussen, die sich beruflich und privat ganz unten befinden, also zum Beispiel gar keinen oder einen langweiligen Job ausüben, weder Partner noch Freunde vorweisen können. Die Machtausübung an einem Tier dient diesen Menschen als Auflösung ihrer inneren Konflikte. Wenn nach solchen Taten darüber berichtet wird, fühlen sich diese Täter persönlich wahrgenommen, sehen das als Anerkennung, obwohl ja niemand positiv darüber berichtet. Deswegen sehe ich das ganz kritisch, wenn Tierfreunde Fotos ihrer verletzten Pferde in den sozialen Netzwerken posten. Das kann auch zu Nachahmungen führen.

Sind diese Menschen psychisch krank?

Sie sind nicht auf klassische Art psychisch krank im Sinne von Schizophrenie oder Depression. Es handelt sich hierbei um eine aggressive Verhaltensstörung, um sozial unerwünschtes Verhalten, ähnlich wie man es bei den Menschen findet, die Steine auf fahrende Autos werfen. Sie sind nicht vermindert schuldfähig. Die Taten passieren nicht unwillkürlich; es gibt jedes Mal eine aktive Tatüberlegung. Eventuell kann eine Minderbegabung vorliegen.

Sind diese Menschen einfach von Natur aus böse?

Die sind nicht durchweg böse, sondern haben sich diesen Mechanismus zur Lösung von Konflikten angeeignet, weil sie keine anderen Möglichkeiten hatten.

Warum wählen sie gerade Pferde als Opfer?

Ein Pferd ist ein günstiges Objekt. Manche leben sich an ihrer Frau aus und verprügeln sie, andere schikanieren ihnen untergeordnete Mitarbeiter. Wenn das alles ausscheidet, dann bleibt noch das Pferd als Variante des Auslebens an etwas Lebendigem, das sich nicht wehren kann.

Aber wieso wählen sie solche großen Tiere?

Weil man damit einen möglichst großen Kreis erreicht. Pferde sind Tiere, die normalerweise nicht gegessen werden, die eine hohe emotionale Bedeutung für andere Menschen haben, allgemein gemocht werden. Die Täter könnten auch im Kopf haben, dass es sich bei Pferden um Tiere handelt, die vor allem von Mädchen geliebt werden. Die sind dann besonders traurig, wenn so etwas passiert.

Geht von solchen Tätern auch eine Gefahr für Menschen aus? Ist es möglich, dass Pferderipper sich irgendwann zum Beispiel an einer Frau vergehen?

Die leben sich an Pferden aus, weil sie sich das mit einer Frau nicht trauen. Eine Frau würde Widerstand leisten, und das hält so manch ein Täter nicht aus. Ein Pferd kann nicht zuschlagen und auch nicht die Polizei anrufen. Es ist vollkommen hilflos. Der Täter kann sich auch einreden, dass ein Pferd in der Hierarchie unter dem Menschen steht.

Kann es sein, dass der Täter äußerlich unauffällig ist, womöglich als scheinbar fröhlicher, geselliger Mensch seinen Alltag lebt?

Nein, es ist eher davon auszugehen, dass er von anderen Menschen als Eigenbrötler wahrgenommen wird. Wenn es sich bei diesem Täter allerdings nicht um einen Verhaltensgestörten handelt, sondern um einen Menschen mit einer speziellen sadistischen Perversion, der also sexuelle Befriedigung aus seinen Taten zieht, dann ist es auch möglich, dass er ein voll integrierter Teil der Gesellschaft ist. Solch ein sexuell perverser Täter ist auch denkbar, aber eher unwahrscheinlich.

Eine Stute hat Verletzungen im Intimbereich aufgewiesen. Ist das kein Hinweis für eine sexuelle Störung des Täters?

Das hat mit Sexualität nicht viel zu tun, sondern eher mit Machtausübung, wie es zum Beispiel auch in Kriegsgebieten der Fall ist, wenn Soldaten die Frauen des besiegten Landes vergewaltigen.

Könnte es sich bei dem Täter auch um eine Frau handeln?

Das ist eher unwahrscheinlich, Frauen sind anders strukturiert. Die Straftäterinnen sind eher so die typischen Giftmischerinnen, gelangen mit Intrigen zu ihrem Recht und nicht mit direkten, brutalen Angriffen.

Das Gespräch führte Silke Bauer

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