Rheinland-Pfalz

Entvölkerte Dörfer bekommen Probleme mit Wasserleitungen

Trinkwasser aus der Leitung
Werden Trinkwasserleitungen mit Epoxidharz beschichtet, kann die Chemikalie Bisphenol A ins Trinkwasser gelangen. Diese Substanz wirkt hormonähnlich, wie der TÜV bekanntgibt. Foto: Patrick Pleul Foto: Patrick Pleul/dpa

Schnelles Internet, kurze Wege zur Schule, bezahlbare Versorgungssysteme: Ländliche Regionen kämpfen um Infrastruktur. Denn der demografische Wandel hat auch Folgen für die Versorgung der Bewohner dünn besiedelter Dörfer.

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Von unserem Redakteur Stefan Hantzschmann

„Es geht hauptsächlich darum, die vorhandene Infrastruktur in den Orten zu erhalten“, sagt Winfried Manns, Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz. Er sagt nicht, dass das für die Zukunft eine einfache Aufgabe ist.

Beispiel Wasserversorgung: „Wenn einem Ort 20 bis 30 Prozent der Einwohner wegbrechen, kann es sein, dass die Wasserleitungen nicht mehr ausreichend gespült werden“, sagt Winfried Schreiber, Referent für Wasserwirtschaftspolitik beim rheinland-pfälzischen Umweltministerium. Die Folge: Das Wasser steht in den Leitungen, Keime vermehren sich, die Qualität des Trinkwassers leidet. Schrumpft ein Ort, werden die Leitungen unter der Erde schnell zu groß. Dieses eher technische Problem wird noch verschärft durch deutlichen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs im Land.

Während 1991 jeder Einwohner pro Tag durchschnittlich rund 138 Liter Wasser verbraucht hat, sind es heute nur noch etwa 119 Liter. Schreiber ist bisher noch kein Fall bekannt, wo in einem Dorf kleinere Leitungen verlegt werden mussten. „Aber wenn eine Verkeimung festgestellt werden sollte, könnte auch ein Austausch der Leitungen diskutiert werden“, sagt er. Vielleicht legen sich einige Dörfer dann auch wieder einen Feuerlöschteich an. Denn die Wasserleitungen sind für einige Orte auch deshalb tendenziell zu groß, weil im Ernstfall ausreichend Löschwasser durch die Rohre rauschen muss.

Neben den technischen Problemen spielen auch zunehmend die Versorgungskosten eine Rolle: „Schon heute ist die Wasserversorgung auf dem Land teurer als in der Stadt“, sagt Schreiber. Etwa 70 bis 80 Prozent der Kosten für die Wasserversorgung und Abwasseraufbereitung sind Fixkosten. Verteilt sich die finanzielle Last auf noch weniger Köpfe, werden die Bürger in ländlichen Regionen tiefer in die Tasche greifen müssen. Auch die Wartung der Leitungen ist auf dem Land pro Kopf teurer: Kommen in der Stadt auf einen Einwohner 3 bis 5 Meter Leitungslänge, sind es in ländlichen Gebieten 15 bis 20 Meter. Da stellt sich die Frage: Ist die Versorgung in manchen Dörfern bald gar nicht mehr finanzierbar? „Wir haben ja den Anspruch, gleichartige Lebensstandards auf dem Land und in der Stadt zu erhalten. Auf dem Land werden Investitionen staatlich stärker bezuschusst. Es ist nicht vorstellbar, dass man diesen Anspruch aufgibt“, sagt Schreiber.

Beim Thema schnelles Internet haben einige Kommunen den Anschluss an die digitale Welt selbst bezahlt. „Die Betreiber haben aus wirtschaftlichen Gründen nicht immer ein Interesse, dünn besiedelte Regionen mit Breitband zu versorgen“, sagt Manns vom Gemeinde- und Städtebund. Er fordert, dass sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung mehr für den Breitbandausbau tun. Das Leben im Dorf der Zukunft bedeutet für Manns vor allem die Möglichkeit, Arbeit, Wohnen und Leben nebeneinander realisieren zu können. Für ihn gehört da auch schnelles Internet dazu. „Ich würde mir wünschen, dass wieder gewerbliche Situationen auf dem Dorf möglich sind.“

Manns, der 16 Jahre lang Bürgermeister in der VG Konz (Kreis Trier-Saarburg) war, sieht aber auch die Kommunen in der Pflicht, eng zusammenzuarbeiten und sich selbst unangenehme Fragen zu stellen: „Muss wirklich jedes Dorf eine Feuerwehr haben, oder kann man mit anderen Orten zusammenarbeiten? Man wird in Zukunft genau überlegen müssen, in was man investiert.“

Für die Zusammenarbeit von Kommunen im größeren Stil gilt das Verbundprojekt Westeifel als vorbildhaft. Von der Landesgrenze zu NRW bis nach Trier will man eine 80 Kilometer lange Infrastrukturtrasse bauen. Die Eifelpipeline wird rund 245 000 Menschen mit Wasser, Strom, Erdgas, Biogas und Breitband versorgen. Rund 27 000 Haushalte sollen schnelles Internet bekommen. Bei der Realisierung kooperieren die Stadt Trier, sechs Verbandsgemeinden, der Landkreis Bitburg-Prüm und die Kommunalen Netze Eifel. Der Strom, der auf dieser Trasse transportiert werden soll, wird aus erneuerbaren Energien stammen, die in der Region erzeugt werden.

Dezentralisierung ist auch ein wichtiger Zukunftstrend bei der Abwasserentsorgung. Seit 2013 fördert das Land Rheinland-Pfalz private, dezentrale Kläranlagen. Denn der Umgang mit dem Abwasser wird schwieriger, wenn Dörfer schrumpfen. „Ich denke, dass dezentrale Klärlösungen bis zum Jahr 2035 deutlich an Bedeutung gewinnen“, sagt Schreiber.

Möglicherweise wird das Abwasser in Zukunft vorsortiert, bevor es an die Kläranlage geht. Die Neuartigen Sanitärsysteme schicken nur stark belastetes Abwasser an die Kläranlage und bereiten gering verschmutztes Wasser selbst wieder auf – etwa für die Toilettenspülung. Zum Nachrüsten sind solche Anlagen nach Auffassung Schreibers aber meist zu teuer.