Reform: 2015 gibt's mehr Geld für Pflege

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Ab dem 1. Januar 2015 gilt das neue Pflegestärkungsgesetz. Es sieht eine Menge kleiner Verbesserungen für Pflegebedürftige vor. Auf einen neu definierten Begriff von Pflegebedürftigkeit müssen Hilfsbedürftige und Angehörige aber weiter warten.

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Anfang 2013 kam das Pflegeneuausrichtungsgesetz, zum 1. Januar 2015 wird das Pflegestärkungsgesetz in Kraft treten. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen verbesserte und flexiblere Leistungen nutzen können. Außerdem gibt es für fast alle Leistungen der Pflegekassen 4 Prozent mehr Geld. Kritiker sprechen aber von Flickschusterei – denn tatsächlich wurde das Gesetz in zwei Teile gesplittet.

Der fehlende Teil soll erst 2016 in Kraft treten und dann, wie von vielen Seiten gefordert, endlich einen überarbeiteten Pflegebedürftigkeitsbegriff enthalten. Dies würde bedeuten, dass kein Unterschied mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Defiziten gemacht wird. Ausschlaggebend soll der Grad der Selbstständigkeit sein, den eine Person erreichen kann. Davon würden vor allem Menschen mit einer Demenz profitieren, die zunächst keine körperlichen Defizite haben. Welche Änderungen sich ab 2015 im Einzelnen ergeben, zeigt dieser Überblick:

1. Pflegegeld: Das Pflegegeld erhöht sich für die Pflegestufen I bis III. In Pflegestufe I werden statt 235 Euro künftig 244 Euro gezahlt, in Pflegestufe II statt 440 künftig 458 Euro. Bei Pflegestufe III gibt es statt 700 Euro 728 Euro. Dafür müssen die Versicherten keinen Antrag stellen. „Die Umstellung auf die neuen Beträge erfolgt automatisch“, sagt Konstanze Pilgrim von der Angehörigenberatung Nürnberg.

2. Pflegesachleistungen: Kümmert sich etwa ein ambulanter Pflegedienst zu Hause um Ältere, können dafür Pflegesachleistungen beantragt werden. Das Geld wird dabei nicht ausgezahlt, der Pflegedienst rechnet direkt mit der Kasse ab. Zum Beispiel: Ab 2015 werden Leistungen bis zu einer Höhe von 1612 Euro für die Pflegestufe III (bisher: 1550 Euro) erstattet. Bei stationärer Pflege gibt es für Menschen der Pflegestufe III statt bislang 1550 dann 1612 Euro von der Pflegekasse.

3. Pflegezeit: Wer berufstätig ist und akut die Pflege eines Angehörigen organisieren muss, kann sich ab 2015 zehn Tage lang vom Arbeitgeber freistellen lassen – ohne dabei Gehalt einzubüßen. Bisher waren die zehn Tage unbezahlt. Das neue Pflegeunterstützungsgeld wird mit etwa 90 Prozent des Nettolohns von der Pflegeversicherung bezahlt.

4. Menschen mit Pflegestufe 0: Demenzkranke, die in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkt sind – also sich beispielsweise nicht mehr selbst anziehen oder waschen können -, werden seit 2013 der Pflegestufe 0 zugerechnet. Nun erhalten sie zum ersten Mal Zugang zu allen ambulanten Leistungen der Pflegeversicherung. „So haben sie Anspruch auf teilstationäre Tages- und/oder Nachtpflege sowie auf Kurzzeitpflege“, erläutert Mechthild Winkelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer Leistungen nutzen möchte, kann das tun, ohne dass wie bisher das Pflegegeld reduziert wird. „Damit sinkt noch einmal die Hemmschwelle für die Nutzung“, urteilt Pilgrim von der Angehörigenberatung Nürnberg.

In jedem Fall empfiehlt es sich für Angehörige oder Pflegebedürftige, vor der Inanspruchnahme Rücksprache mit der Pflegekasse zu halten, empfiehlt Ann Marini. Sie ist Vizesprecherin des GKV-Spitzenverbands. „Sonst spanne ich beispielsweise kurzfristig einen Pflegedienst ein, der aber vielleicht keinen Versorgungsvertrag mit der Kasse abgeschlossen hat.“ In der Folge gebe es dann Ärger, weil die Angehörigen Geld vorgestreckt haben, die Kasse ihnen die Kosten aber nicht erstatten kann.

5. Entlastungen im Alltag: Begleitung bei Arztbesuchen oder Unterstützung bei Einkäufen – in Zukunft bekommen Pflegebedürftige aller Pflegestufen für diese Form der niedrigschwelligen Betreuung 104 Euro im Monat. Dieses Geld war bisher nur für Menschen mit Pflegestufe 0 vorgesehen. Künftig können diese Entlastungsangebote durch ehrenamtliche Helfer auch anstelle eines Teils der Pflegesachleistung in Anspruch genommen werden. Bis zu 40 Prozent des jeweiligen Pflegesachleistungsbetrags können dadurch ersetzt werden. Konkret bedeutet das: Sprang bisher ein ambulanter Pflegedienst ein, um eine warme Mahlzeit zuzubereiten, kann das jetzt auch eine ehrenamtliche Kraft übernehmen. Angehörige werden durch diese Leistung direkt entlastet, sagt Pilgrim.

6. Verhinderungs- und Kurzzeitpflege: Sie sind für Angehörige die erste Wahl, wenn sie eine Auszeit brauchen (Verhinderungspflege) oder Pflegebedürftige nach einem Krankenhausaufenthalt vollstationär gepflegt werden müssen (Kurzzeitpflege). Auch hier gibt es mehr Geld: Unabhängig von der Pflegestufe erhalten Pflegebedürftige für jede dieser Leistungen 1612 Euro (statt bisher 1550 Euro) pro Jahr. Außerdem können die beiden Leistungen kombiniert werden: Bis zu 50 Prozent des Betrags für Kurzzeitpflege können zusätzlich für Verhinderungspflege ausgegeben werden. „Das ist gerade für Menschen mit Demenz, deren Angehörige Einrichtungen oft scheuen und lieber eine Versorgung zu Hause organisieren, eine große Verbesserung“, sagt Pilgrim. Auch hier empfiehlt es sich, mit der Pflegekasse Kontakt aufzunehmen, rät Marini. So kann mann sicherstellen, dass man die Leistungen für eine der beiden Pflegeformen im Laufe des Jahres noch nicht ausgeschöpft hat.

7. Zuschüsse für Umbauten: Ab 1. Januar gibt es für Umbauten wie Rollstuhlrampen oder die Verbreiterung von Türen statt bis zu 2557 Euro künftig bis zu 4000 Euro pro Vorhaben. Leben mehrere Pflegebedürftige zusammen in einer Wohnung, können sie bis zu 16.000 Euro pro Umbau bekommen (bisher: 10.228 Euro). Wie bisher könne ein solcher Zuschuss aber nur gezahlt werden, wenn die Veränderungen die Pflege des Hilfsbedürftigen erheblich erleichtern oder ihm wieder eine selbstständige Lebensführung ermöglichen, erläutert Marini.