Berlin

GroKo: Die drei Parteichefs halten das Zweckbündnis zusammen

Die drei Parteichefs halten das Zweckbündnis zusammen Foto: dpa

Michael Grosse-Brömer ist den politischen Feinschmeckern im Regierungsviertel bekannt. Er ist der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, also eine Art Manager der Fraktion.

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Von unserer Berliner Korrespondentin Eva Quadbeck

Öffentlich tritt er regelmäßig in Sitzungswochen des Parlaments in Erscheinung. Dann erklärt er vor Journalisten, was die Fraktion plant, abstimmt oder auch verhindert. Manchmal muss er sich in diesen Runden über das Organisatorische hinaus auch zu allgemeinen Fragen äußern.

In dieser Woche gab er auf die lapidare Frage, wie es mit der SPD in der Großen Koalition läuft, die Antwort: „Wir waren nicht füreinander vorgesehen.“ Der Satz ist bemerkenswert, weil der CDU-Mann aus Niedersachsen nicht zur Melodramatik neigt. Den Zustand des Bündnisses von Union und SPD nach 100 Tagen im Amt hat er mit diesem pathetischen Satz aber treffend wiedergegeben.

Nach äußerst mühevollen Koalitionsverhandlungen und dem langwierigen SPD-Mitgliederentscheid traf sich die Regierung Mitte Januar zur Klausur in Meseberg. Damals wehte ein Hauch von Frühling über das Dorf in Brandenburg, was nicht an den Außentemperaturen, sondern an der positiven Stimmung der Regierungsmitglieder untereinander lag.

Und dann fegte die Affäre um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy das zarte Pflänzchen des gegenseitigen Vertrauens hinweg. Ein CSU-Minister musste zurücktreten, weil Unrat auf dem Hof der SPD lag. Für die sonst so selbstbewussten Bayern war dies eine Schmach. Dass bei den Sozialdemokraten zugleich ein paar Parteilinke aus der Reihe tanzten und sich offen für Rot-Rot-Grün als Zukunftsperspektive aussprachen, machte das Bündnis nicht stabiler. Solche Eskapaden belegen dann eindrücklich, dass man eben nicht füreinander vorgesehen ist.

Echte Freundschaften halten Zoff aus, politische Kompromissbündnisse erholen sich von solchen Krisen ähnlich langsam wie Patienten nach sehr schweren Krankheiten. Die herbe Vertrauenskrise der Großen Koalition durch die Edathy-Affäre überschattet die ersten 100 Tage und ist bis heute nicht vollständig beseitigt. Dass die Koalition überhaupt zusammenhielt, lag an dem tatsächlich belastbaren Verhältnis der drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU). Seehofer, der sich in einem schwarz-roten Bündnis wohler fühlt als in einer Koalition mit der FDP, grätscht derzeit nur wenig in die Bundespolitik. Die unangefochtene Stellung der Kanzlerin respektiert er. Gabriel wiederum hat schnell in seine neue Rolle als Vizekanzler gefunden. Seinen Ausstoß an spontanen Ideen hat er minimalisiert.

Die drei Parteichefs haben sich nun zum wiederholten Male allein getroffen, statt einen Koalitionsausschuss mit den Fraktionschefs einzurichten. Die Entscheidung hat damit zu tun, dass sich die drei trauen und offen miteinander reden können. Diese Zusammenkünfte werfen aber auch ein Schlaglicht auf das Verhältnis der Fraktionschefs, zwischen denen bislang kein Vertrauen wachsen konnte.

Ihre Startbedingungen waren schlecht. Zu Oppositionszeiten galt SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann als heimlicher Generalsekretär seiner Partei. Seine Attacken gingen meistens gegen die Union. Volker Kauder arbeitete als Unionsfraktionschef in der ersten Großen Koalition mit dem inzwischen verstorbenen Peter Struck als damaligem SPD-Fraktionschef zusammen. Noch heute sagt er über Struck „mein Freund“. Mit Oppermann gibt es unter Mühen eine Arbeitsebene.

Das Verhältnis der Minister untereinander ist indes gut. Insbesondere Vizekanzler Sigmar Gabriel und Arbeitsministerin Andrea Nahles werden häufig von der Union wegen ihrer professionellen Art und ihrer Zuverlässigkeit bei Absprachen gelobt. Dafür fremdeln weiter viele Sozialdemokraten mit CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble. Der Mann, der schon unter Kohl Innenminister war, hat sich als Feindbild in vielen Köpfen festgesetzt.