Bonn

Analyse von Google-Suche: Viele Film-Piraten bedeuten viele Botnetze

Wo viel nach Möglichkeiten gegoogelt wird, illegal Filme herunterzuladen, führen auch besonders viele Computer ein unangenehmes Eigenleben als Teil von Bot-Netzen. Das sagt ein Wissenschaftler, der die Suche nach Kino-Erfolgen analysiert und verglichen hat.

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Bonn – Wo viel nach Möglichkeiten gegoogelt wird, illegal Filme herunterzuladen, führen auch besonders viele Computer ein unangenehmes Eigenleben als Teil von Bot-Netzen. Das sagt ein Wissenschaftler, der die Suche nach Kino-Erfolgen analysiert und verglichen hat.

Der Bonner Professor Christian Bauckhage untersucht mit seiner Arbeitsgruppe seit Jahren Internet-Daten und beschäftigt sich schon lange mit statistischen Analysen etwa von Google Insights Daten. Der Professor für Medieninformatik der Uni Bonn und Wissenschaftler am Fraunhofer Institute Intelligent Analysis and Information Systems (IAIS) hat auch Google Insights für seine Untersuchung „Where the pirates are“ (Paper, PDF) genutzt: Wie oft wurde in welchen Ländern nach den zehn erfolgreichsten Filmen 2010 gesucht? Und das mit und ohne Kombination mit den Begriffen Download und Torrent, die klare Anzeichen sind, dass die Nutzer den Film illegal herunterladen wollen. Vorgestellt hatte er die Untersuchung bei der Web Science Konferenz WebSci11 in Koblenz.

Die reine Suche nach den Filmtiteln lieferte keinen Zusammenhang mit der Verbreitung von Botnet-Aktivitäten, also dem Vorkommen infizierter Rechner, die ferngesteuert auf Befehle von Cyberkriminellen reagieren und etwa Spam versenden oder andere Computer infizieren. Doch Länder, in denen relativ gesehen oft auch nach den Filmdateien zum Runterladen gesucht wurde, waren Treffer – besonders, wenn in diesen Ländern intensiver nach dem Herunterladen als nach dem Filmtitel gesucht wurde. Beispiel Brasilien: Das tauchte auf der Liste der Länder nicht auf, in denen häufig nach Alice in Wonderland gesucht wurde. Nur in vier Ländern wurde aber häufiger nach dem Filmtitel und „Download“ gesucht. Und Brasilien liegt in einer von der OECD erstellten und Bauckhage vorliegenden Botnet-Rangliste für das Jahr 2010 auf Platz 2 – nur in Indien gibt es gemessen an den Internetanschlüssen einen höheren Anteil fremdgesteuerter Rechner. Bauckhage: „Verknappt kann man sagen: Lautere Suchanfragen nach Filmen kommen aus Ländern ohne BotNet Befall, unlautere Suchanfragen kommen aus Ländern mit BotNet-Befall.“

Eine These, die der Gesellschaft für Urheberrechtsverletzungen GVU gefallen dürfte, die in Deutschland Jagd auf die Filmpiraten macht. Dort sieht man auch in dem Ergebnis eine Bestätigung: „Illegale Quellen sind besonders verseucht, das belegt diese Untersuchung. Man kann sich alles mögliche einfangen“, sagt Sprecherin Christine Ehlers.

Bestätigung dafür kommt von botfrei.de, Anti-Botnet-Beratungszentrum des Verbands der deutschen Internetwirtschaft e.V.: „Solche Download-Angebote sind meist bereits mit bösartiger Schadsoftware, so genannten Trojanern, infiziert und gelangen unbemerkt auf den Rechner", erläutert für botfrei der bei 1&1 für Spamvermeidung zuständige Anti-Abuse-Experte Thorsten Kraft vom 1&1. Und wer aus dem Netz Filme sauge, zahle in der Regel auch nicht für ein Office-Paket, Windows-Versionen oder Viren-Scanner-Lizenzen.

Das Risiko ist auch vielen deutschen Nutzern so nicht bewusst, meint Lars Sobiraj, Chefredakteur des Portals Gulli.com, das er selbst mal „in Deutschland so ziemlich die böseste Raubkopiererhöhle“ genannt hat. Der Grund: „Früher wurden nur ausführbare Dateien verseucht, das ist inzwischen bekannt. Heutzutage werden aber gerne auch MP3s und .avi's verseucht.“ Bei diesen Musik- und Filmdateien sei vielen das Risiko nicht klar. Die Folgen können weitreichend sein. Botnet-Experte Kraft: „Diese jungen Leute surfen oft mit dem gleichen Rechner oder nutzen dieselbe DSL-Leitung, auf der die Eltern ihr Online-Banking abwickeln. Die jetzt älteren Generationen ahnen oft ebenfalls nichts von diesen Gefahren.“

Und die Gefahr kann auch in runtergeladenen Computerspielen stecken. Und Spiele sind inzwischen ein größerer Markt als Kinofilme. Ein Feld auch für den Forscher Bauckhage: „Wir überprüfen nun, ob sich auch dort bei den Top-Sellern die gleichen Effekte zeigen wie bei den Filmen.“

Lars Wienand