„Tatort“ blickt hinter den Eisernen Vorhang
Redakteur Marcelo Peerenboom hat sich den neuen „Tatort“ angesehen. Sein Urteil: Ohne „Bibi“ wäre diese Folge nicht so unterhaltsam.
Besonders leicht ist es nicht, in die Geschichte zu finden. Daher ist es sinnvoll, in dieser Besprechung zu verraten, dass gleich zu Beginn des Films eine Rückblende ins Jahr 1968 zu sehen ist. Leider hat Regisseur Rupert Henning bei seinem „Tatort“-Debüt keine filmischen Mittel eingesetzt, um dem Zuschauer dieses erzählerische Stilmittel klar zu vermitteln. Insofern lässt er den Krimifreund eine Zeit lang im Dunkeln darüber, was es mit der Szene im Wald und am Fluss auf sich hat.
Von dieser kleinen Schwäche abgesehen, hat Rupert Henning, der kürzlich mit seinem Kinoerfolg „Nordwand“ Aufsehen erregte, einen soliden „Tatort“ abgeliefert, der einen Einblick in den „Grenzfall“ der Ost-West-Beziehungen liefert – diesmal anhand der Grenze zwischen Österreich und der damaligen Tschechoslowakei. Ausgangspunkt ist das Verschwinden eines jungen Mannes im Jahr 1968, der vom Fischen am Grenzfluss Thaya, in dessen Mitte die Staatsgrenze verläuft, nicht mehr zurückkehrt.
Jahrzehnte später rollt dessen Sohn Max (Harald Windisch) die Geschichte wieder auf. Als Journalist erschließt er sich Quellen, die anderen verschlossen bleiben. Zur selben Zeit wird die Leiche eines Tschechen namens Radok just aus diesem Fluss gefischt. Ist das ein Zufall?
Das herauszufinden, ist Aufgabe von Moritz Eisner und Bibi Fellner, die im Lauf ihrer Ermittlungen immer tiefer in die Machenschaften des tschechoslowakischen Geheimdienstes eintauchen und beginnen, die Mosaikteile wie ein Puzzle zusammenzusetzen. Zu neuer Höchstform läuft dabei Adele Neuhauser als Bibi Fellner auf, die ein unfreiwilliges Bad in der Thaya nimmt, dann frierend Unterschlupf bei Reporter Max findet und sich sogar ein bisschen in ihn verliebt. Sie stiehlt in dieser „Tatort“-Folge Harald Krassnitzer eindeutig die Show. Die Botschaft des Films lässt der Regisseur am Ende einblenden: „Zur Erinnerung an die Opfer auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs.“